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Berlin hat gewählt – was nun?

von Sophie Meiser

Im Stadtteilgespräch zieht der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Oskar Niedermayer Bilanz nach der Berlinwahl.

Am 12. Oktober fand ein weiteres Berliner Stadtteilgespräch der Konrad-Adenauer-Stiftung statt. Dieses Mal diskutierten Bürger in Reinickendorf mit Prof. Dr. Oskar Niedermayer und mit dem Berliner CDU-Abgeordneten, Burkard Degger, über den Ausgang der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses.

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Wie ist das Wahlergebnis einzuordnen? Wie hat sich die Berliner Parteienlandschaft verändert? Und welchen Herausforderungen müssen sich die etablierten Parteien wie CDU oder SPD stellen, um dem steigenden Zuspruch der AfD Stand zu halten? Auf all diese Fragen gab der Politikwissenschaftler der Freien Universität zu Berlin detaillierte Antworten.

Die SPD - der Sieger der Wahl?

„Wir sind die Sieger“, resümierte der regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, am Wahlabend. Das sei nur die halbe Wahrheit, entgegnete Niedermayer, Professor an der Freien Universität zu Berlin: Das Ergebnis habe die Parteienlandschaft in Berlin gehörig durcheinandergewirbelt. Es sei zwar die SPD gewesen, die mit 21,6 Prozent - gefolgt von der CDU mit 17,6 Prozent – die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte. Jedoch zeichne sich gleichzeitig ein extremer Stimmenverlust ab, mit dem SPD und CDU, aber auch die Grünen, zu kämpfen hätten. So habe beispielsweise die SPD im Ostteil und die CDU im Westteil der Stadt – der klassischen Parteihochburg – deutlich Stimmen einbüßen müssen. Warum ist das so? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, definierte der Wissenschaftler sechs Faktoren, die für ein Wahlergebnis entscheidend sind. Darunter fasste er unter anderem: Nichtwählermobilisierung, Haltung zum Spitzenpersonal der Partei, Problemlösungskompetenz und Bundestrend. Darauf bezugnehmend analysierte er, dass es vor allen der CDU nicht gelungen sei, ihren Spitzenkandidaten Frank Henkel einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Dieser Umstand, so der Wissenschaftler weiter, wirke sich auch auf die Bewertung des Selbigen aus. Auch Michael Müller, der Kandidat der SPD, konnte in keiner Weise an die große Bekanntheit seiner Vorgänger, wie Willy Brandt, anknüpfen. Darüber hinaus stellte er fest, dass die Flüchtlingskrise den Bundestrend verändert habe. Dieser Umstand habe sich auch auf den Berliner Wahlausgang ausgewirkt – insbesondere für die CDU. Im Zuge der Flüchtlingskrise seien ein Fünftel der Wählerstimmen für die Union weggefallen. Einzig die AfD, so fügte der Politologe hinzu, habe von der Krise profitiert und Wählerstimmen hinzu gewinnen können.

„Der wirkliche Verlierer der Wahl ist aber schlussendlich die Piratenpartei“, konstatierte Niedermayer. Die Partei konnte nur 1,7 Prozent der Stimmen erreichen und stehe daher kurz vor dem Ende ihrer Existenz. Dies sei wohl insbesondere darin begründet, dass die Themen der Piratenpartei, wie die „digitale Revolution“ hin zur Informationsgesellschaft, momentan keinen Widerhall in der Gesellschaft fänden.

AfD - der Überraschungssieger dieser Wahl

Die anderen Parteien schwächeln, aber die AfD? Die AfD schaffte es innerhalb kürzester Zeit, in der Berliner Parteienlandschaft Fuß zu fassen, so der Wissenschaftler. Bei der diesjährigen Wahl konnte die vergleichsweise junge Partei 14,6 Prozent der Berliner von sich überzeugen. Was sind die Gründe für diesen rasanten Erfolg? Ein Teil der Begründung sei sicherlich die Fähigkeit der AfD, Nichtwähler zu mobileren. Dies sei keiner Partei so gut gelungen wie der AfD, sagte Niedermayer: Sie konnte so viele Nichtwähler motivieren, wie alle anderen Parteien zusammen. Zudem, so fuhr der Professor fort, würden potentielle AfD-Wähler der Partei zutrauen, Lösungen zu Migrations- und Gerechtigkeitsfragen zu formulieren. Die Flüchtlings- und Migrationspolitik sei, gefolgt von Fragen zur Bildung und zum Verkehr, das Top Thema im Berliner Wahlkampf gewesen.

Die Lehren aus dem Wahlergebnis

Niedermayers Analyse gibt ein simples Resümee vor: Die etablierten Parteien müssten die Bürger bei den drängenden Themen der heutigen Zeit, wie Migration und soziale Gerechtigkeit, abholen und beweisen, dass sie die Lösungskompetenz haben, damit die AfD eben keine „Alternative“ sein könne.

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