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Die Spitze des Eisbergs

Am 2. Juni 1967 erschoss der Polizist Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg. Wer ist dieser Karl-Heinz Kurras und welche Rolle spielte er im Bezug auf den Einfluss der Staatssicherheit auf die politische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland? Um dies von Journalist und Autor Sven Felix Kellerhoff zu erfahren, fanden sich zahlreiche Zuhörer in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung ein.

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Zu Beginn stellte Dr. Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Kellerhoffs neues Buch „Die Stasi und der Westen. Der Kurras-Komplex“ vor. Das Buch sei im Gegensatz zu vielen zeithistorischen Berichten, die häufig langweilig geschrieben seien, spannend zu lesen, so Knabe. Der Leser profitiere von Kellerhoffs ausführlicher Recherche und präziser Rekonstruktion der Ereignisse sowie seinem großen Erzähltalent.

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Sven Felix Kellerhoff

Der erste von insgesamt drei Teilen des Buches handelt vom 2. Juni 1967, einen Tag, den Kellerhoff als Schlüsselpunkt der „68er-Bewegung“ betrachtet. Im zweiten Teil wird dem Leser die Person Kurras vorgestellt und seine Motivation, mit der Stasi zusammenzuarbeiten, näher gebracht. „Ein Mensch mit einer doppelten Moral“, so Dr. Knabe, „der skrupellos in höchstsensiblen Bereichen der Westberliner Polizei Verrat am Fließband betreibt“. Der dritte sehr politische Teil des Buches zeigt, dass Kurras kein Einzelfall war - das Ausmaß des Einflusses der Stasi auf die bundesdeutsche Gesellschaft in seiner Komplexität ist noch nicht hinreichend erkannt und erforscht.

In der Folge fesselte Kellerhoff die Zuhörer mit Auszügen aus seinem Buch, die sich zum Teil wie Passagen aus einem fiktiven Agenten-Thriller lesen. Sie machten deutlich, welchen Einfluss die Staatssicherheit und die SED auf Politik und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland hatten.

Im Gespräch sind sich Hubertus Knabe und Sven Felix Kellerhoff einig, dass die Birthler-Behörde die Westarbeit der Staatsicherheit nicht ausreichend untersuche oder deren Untersuchung sogar blockiere. Daher sprachen sich beide für eine Überführung der Akten aus der Birthler-Behörde ins Bundesarchiv aus. Kellerhoff und Knabe plädierten für eine systematische Aufarbeitung der Westarbeit der Staatssicherheit und machten deutlich, dass die Erforschung dieses spannenden, zeitgeschichtlichen Themas noch in den Kinderschuhen stecke.

Der Autor gewinnt einmal mehr das Interesse des Zuhörers, wenn er am Ende verspricht, an dem Thema dran zu bleiben. Er jedenfalls glaube an gar nichts mehr und schließt somit die interessante und lebhafte Diskussion zweier Menschen, die die Aufklärung dieses Themas für unabdingbar halten. Nachdenklich, aber auch neugierig verlassen die Zuhörer an diesem Abend den Saal; auch ihnen ist klar, der Fall Kurras ist nur die Spitze des Eisberges.

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