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Geruch von Rettung

Lesung mit Thomas Glavinic

Thomas Glavinic präsentierte seinen wortgewaltigen und inhaltsreichen über 700 seitigen Roman „Der Jonas-Komplex“, der drei Protagonisten jeweils durch ein Jahr ihres Lebens begleitet, in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung. Auch wenn er jeweils nur ein Jahr behandelt, so ist der Stoff des Buches so gehaltvoll wie ein ganzes Leben.

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Der Roman trägt ganz bewusst den Titel „Der Jonas-Komplex“, eine Thematik, die den Autor schon seit zehn Jahren fasziniert. Insofern war für ihn klar, dass er darüber schreiben wolle. Bis zur Fertigstellung lebte er daher immer in der Angst, dass ihm ein anderer Autor den Titel wegschnappen könnte. Der Begriff stammt aus der Psychologie und beschreibt die Angst vor der eigenen Größe bzw. dem eigenen Erfolg. Diese Angst treibt alle drei Protagonisten des Buches um. Da ist zunächst ein Autor, der erfolglos versucht mit Drogen, Alkohol und Sex die Langeweile in seinem Leben zu überwinden. Eine weitere Figur ist Jonas, den man schon aus vorherigen Büchern Glavinics kennt. Er ist ein milliardenschwerer Abenteurer, der mit seiner großen Liebe Marie zum Südpol reisen will. Abgerundet wird das Personentableau mit einem 13jährigen Jungen, Einzelgänger und talentierter Schachspieler, der in desaströsen Verhältnissen lebt. Für Glavinic ist er das Herz des Romans. Diese drei Figuren, mit denen und deren Identität er spielt, lässt Glavinic am Ende des Abgrund tanzen. Es ist ein Buch der Gegensätze, ein Buch über Sinnsuche und Süchte, Grauen und Glück, Liebe und Last sowie Hass und Hoffnung.

Thomas Glavinic setzt sich in seinem Roman sehr stark mit der Frage der Identität auseinander, denn seine drei Protagonisten sind auf der Suche nach Identität und dem wahren Ich. Dabei begleiten sie die folgenden Fragen: Wer bin ich gewesen? Wer könnte ich sein? Wie werde ich mich wieder los?

Die Identitätsfrage wird zusätzlich verstärkt durch das zentrale Motiv des Romans, den Jonas-Komplex. Der Roman liefert ebendas: Ein Eintauchen in den Gefühlsstrom der Angst. Im Gespräch erläuterte der Autor, warum für ihn bereits im Alter von sieben Jahren festgestanden hat, dass er Schriftsteller werden wollte. „Ich verschlang Huckleberry Finn von Mark Twain an einem Weihnachtsabend. Das Buch entwickelte in mir einen Sog wie der Mississippi, der für mich die Freiheit symbolisierte. Überdies wohnte diesem Roman der Geruch von Rettung inne.“ Er legte Wert auf die Feststellung, dass er sich den Stoff der Bücher nicht ausdenke, sondern dass die Ideen unaufgefordert auf den unterschiedlichsten Wegen und oft auch drei bis vier auf einmal zu ihm kämen. Angst vor Schreibblockaden kennt der Autor, der sonst nicht angstfrei ist, nicht, da er, wenn ihm nichts einfällt, eben wie er sagt, einfach nichts schreibe.

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