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Langsamer Fortschritt im Land der „Lady“

Über den Friedensprozess und die aktuelle Lage in Myanmar sprach Dr. Norbert Eschborn im Außenpolitischen Gesprächskreis

China und Indien führten seit 1945 drei Kriege miteinander – und Myanmar liegt mittendrin: „Geostrategisch komplizierter geht es kaum“, befand Dr. Norbert Eschborn im Außenpolitischen Gesprächskreis in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dort berichtete der Auslandsmitarbeiter in Yangon (Rangun) von den drängendsten Problemen in dem südostasiatischen Land.

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Höchste Priorität hat spätestens seit dem Amtsantritt von Aung San Suu Kyi im April dieses Jahres der Friedensprozess. Die „Lady“, wie sie genannt wird, ist Außenministerin, Ministerin im Präsidialbüro und Staatsberaterin. De facto fungiert sie wie eine Premierministerin. Schon seit 2010 habe es multilaterale Verhandlungen gegeben, so Eschborn, doch erst 2015 erfolgte ein landesweites Waffenstillstandsabkommen – auch wenn nicht alle der bewaffneten ethnischen Gruppen einbezogen sind. In Anlehnung an eine Friedenskonferenz ihres Vaters, General Aung San, von 1947, war Aung San Suu Kyi Ende August Initiatorin der Konferenz Panglong II – ein erster Schritt auf dem langen Weg zum Frieden.

Ethnisch-religiöse Konflikte und Armutsmigration

Denn die ethnisch-religiösen Konflikte prägen das Land seit Jahrzehnten. Betroffen seien vor allem Christen, Muslime (Rohingya) und Chinesen, so Eschborn. Die Isolation und der Drang nach Selbstbestimmung führten immer wieder zu sozialen Spannungen. Das läge auch an den rechtlichen Grundlagen: Birmanischer Staatsbürger werde nur, wer angeben kann, dass er seit mehreren Generationen von Vorfahren in Myanmar abstammt. Für viele Grenzgänger zwischen Bangladesch und Myanmar beispielsweise sei das ein großes Problem: Aus Mangel an Erwerbsmöglichkeiten gehen die Menschen in die Länder, in denen sie gerade Arbeit finden. Das Potenzial für die Armutsmigration ist hoch: 37,5 Prozent der Menschen gelten als arm.

„Gewalttätiger Buddhismus“

Gerade die Minderheiten leiden unter einem nicht ganz so friedlichen Auswuchs des Buddhismus. So habe die Mönchsorganisation Ma Ba Tha immer wieder gewalttätige Ausschreitungen gegen Muslime vollzogen und betreibe einen religiös-nationalistischen Populismus. Und das, obwohl Religion in Myanmar vom Durchschnittsbürger eher als Privatangelegenheit betrachtet werde.

Rasant wachsende Wirtschaft, aber unzureichende Infrastruktur

Nicht nur gesellschaftlich ist einiges im Argen, auch wirtschaftlich: „Ein riesiges Problem ist die Infrastruktur, “ befand Eschborn: Schlechte Straßen, ein marodes Gesundheitssystem, unzureichende Wasserversorgung, kein funktionierendes Steuersystem, strukturell verbreitete Korruption in Bildung, Verwaltung und Gesundheitssystem. Die Elektrifizierungsrate betrage lediglich 30 Prozent, immer wieder legten Stromausfälle die Städte lahm. Das führe vor allem zu Problemen bei der trotz allem rasant wachsenden Wirtschaft. Hinzu kämen die fallenden Rohstoffpreise, das erhöhe die Gefahr einer Stagnation. Was weiterhin gleichmäßig wächst, ist jedoch der Drogenhandel: Myanmar ist nach Afghanistan zweitgrößter Opiumproduzent.

Verhaltener Ausblick

Das Land habe jedoch ein ordentliches Potenzial, vor allem im Bereich Tourismus. Zudem wurden die US-Sanktionen gegen die Banken und Logistikunternehmen Myanmars bereits gelockert. Die Bevölkerung habe große Erwartungen an die neue Regierung. Die Menschen sehnen sich nach mehr Lebensqualität. Es besteht aber die Besorgnis, dass die neuen politischen Hoffnungsträger überfordert sein könnten und bestehende Sympathien durch Fehlverhalten verspielen, analysiert Eschborn. Die Probleme des Landes könnten jedenfalls nicht in kurzer Zeit gelöst werden.

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Christian Schleicher

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Stellvertretender Leiter Politische Bildungsforen und Leiter Politische Bildungsforen Süd

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