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Veranstaltungsberichte

Saubere Stadt = Schöne Stadt?

von Constanze Brinckmann

Gemeinsames Diskussionsforum von KAS und wirBERLIN e.V. zum Thema „Strategien für eine schöne Stadt"

Derzeit zählt Berlin dank der Vielzahl kultureller Angeboten, den vergleichsweise günstigen Wohnungspreisen und einer lebendigen Startup-Kultur zu den lebenswertesten Städten der Welt. Doch wie können wir den urbanen Raum – also Straßen, öffentliche Plätze und Parks – für die knapp 3,5 Millionen Einwohner noch schöner und lebenswerter machen? Die Städte Wien und Bilbao haben auf diese Frage eine Antwort gefunden und konnten ihre Konzepte in den letzten Jahren bereits erfolgreich umsetzen. Was können Politik und Verwaltung bei uns tun, um die Lebensqualität im öffentlichen Raum zu erhöhen?

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Knapp 200 interessiert Gäste folgten am 2. März der Einladung von Konrad-Adenauer-Stiftung und wirBERLIN e.V. zum Diskussionsforum „Wien-Bilbao-Berlin im Gespräch“. Andreas Kleine-Kraneburg, Leiter der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, betonte in seiner Begrüßung, wie wichtig das Thema Stadtentwicklung für die Konrad-Adenauer-Stiftung sei. Mit der gemeinsamen Veranstaltung mit wirBERLIN e.V. biete sich die Möglichkeit, „über den Tellerrand Berlins hinauszuschauen“. Für Beate Ernst, Vorsitzende von wirBERLIN , ist es ein besonderes Anliegen, dass die Städte ihren Bürgern gehöre und Lösungen auch von den Bürgern erarbeitet werden müssen. Daher lag ein Augenmerk der Veranstaltung auf der Frage, inwieweit bürgerliches Engagement z.B. in Form von Anwohnerinitiativen dazu beitragen kann, den öffentlichen Raum für die Einwohner einer Stadt wie Berlin schöner und attraktiver zu machen.

Waste Watcher kontrollieren Wiens Hundehalter

Unser Bild von Wien umfasst in der Regel das Schloss Schönbrunn, die eleganten Kaffeehäuser oder den berühmten Opernball. Dass die österreichische Hauptstadt noch vor zehn Jahren mit durch Hundekot verschmutzen Straßen und Plätzen zu kämpfen hatte, ist nur wenigen bekannt. Bei Umfragen unter den 1,8 Millionen Einwohnern Wiens wurde die Verschmutzung der Straßen durch Hundekot regelmäßig zum drängendsten Problem der Stadt erklärt. Dr. Martina Ableidinger, Leiterin der Wiener Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark, hat gemeinsam mit ihren Mitarbeitern einen dreistufigen Plan ausgearbeitet, um das Problem in den Griff zu kriegen. Zunächst wurde der Service der Straßenreinigungsbetriebe verbessert, z.B. durch das Aufstellen zusätzlicher Papierkörbe und sogenannter „Hundesackerlspender“. Zweite Säule des Maßnahmenpakets war die Stärkung der Eigenverantwortung der Wiener Bevölkerung. Schließlich wurden mit dem Wiener Reinhaltegesetz rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um bei Verstößen Sanktionen wie z.B. Bußgelder zu verhängen. Heute patrouillieren 50 sogenannte „Waste Watcher“ in den Straßen Wiens und verhängen, wenn es sein muss, Bußgelder. „Nur mit gutem Willen geht es leider nicht“, so Martina Ableidinger. Auch von deutschen Städten hat sich Wien einiges abgeschaut. Statt Papierkörbe möglichst unauffällig im Straßenbild zu verstecken, sind die Papierkörbe in Wien heute ähnlich wie bei uns oftmals bunt oder mit witzigen Sprüchen versehen. „Wenn die Menschen die Papierkörbe nicht sehen, werden sie sie auch nicht benutzen“, ist sich Martina Ableidinger sicher. Durch diese drei Maßnahmen ist Wien in den letzten Jahren deutlich sauberer und für die Bewohner lebenswerter geworden. Für die Zukunft wünscht sich Martina Ableidinger noch mehr Zivilcourage und mutige Menschen, die ihre Mitbürger ansprechen, wenn sie sich falsch verhalten.

Mit gutem Beispiel vorangehen

Auch in Bilbao, der zehntgrößten Stadt Spaniens, ist in den letzten Jahren viel passiert, um die Lebensqualität der Einwohner zu verbessern. Für mehr als 800 Millionen Euro wurde in den letzten Jahren die Mündung des stark verschmutzten Flusses Nervión gereinigt und der Hafen mit all seinen Industrieanlagen aus dem Stadtzentrum heraus und hin zur Flussmündung verlegt. Somit sind entlang des Flusses für die Bevölkerung attraktive Wohn- und Arbeitsumgebungen entstanden. Marta Barco Mondragon, Leiterin der Abteilung für Dienstleistungen und Lebensqualität der Stadt Bilbao, ist stolz darauf, wie nachhaltig die Stadt mittlerweile ist. Es wird streng darauf geachtet, keine Lebensmittel zu verschwenden. Übrig gebliebene Lebensmittel landen daher nicht in der Mülltonne, sondern werden den Tafeln der Stadt zur Verfügung gestellt. Durch Bücherspenden bekommen die Einwohner der Stadt kostenlos Zugang zu Literatur und gleichzeitig entsteht weniger Müll. Alte Möbel oder Elektrogeräte stehen seit einigen Jahren nicht mehr einfach auf der Straße, sondern werden kostenlos abgeholt. Marta Barco Mondragon ist sich sicher, dass man mit gutem Beispiel vorangehen muss, um auch Touristen dazu zu animieren, keinen Müll auf die Straße zu werfen: „Eine saubere Stadt ruft die Menschen ihrerseits zu einem besseren Verhalten auf.“ Das Thema Nachhaltigkeit bezieht sich in Bilbao auch auf die Gestaltung öffentlicher Plätze. Für Marta Marta Barco Mondragon macht es keinen Sinn „neue Plätze zu gestalten, wenn wir sie nicht auch für die Zukunft erhalten können“.

Bewahren statt Erneuern

Das Thema Erhaltung stand auch in der anschließenden Diskussionsrunde auf der Agenda. Christian Gräff, Bezirksstadtradt für Wirtschaft und Stadtentwicklung in Marzahn-Hellersdorf, beklagt, dass es in Berlin keine Lobby für die Erhaltung von Straßen und öffentlichen Plätzen gäbe. Auch Birgit Nimke-Sliwinski, Marketingleiterin der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), stellt fest: „Die Pflege und Unterhaltung öffentlicher Anlagen sind ein schwieriger Bereich.“ Andreas Behrens, Geschäftsführer der Reederei Stern und Kreis, berichtet von unzähligen Zwischenfällen, bei denen Fahrgastschiffe durch in die Spree oder in den Landwehrkanal geworfenen Sperrmüll schwer beschädigt wurden. Er wünscht sich mehr Kontrollen in Berlin, auch für Hundebesitzer, die den Dreck ihrer Vierbeiner liegen lassen.

„Wut in Aktivität umgewandelt“

Mit Elke Lübbeke und Carsten Meyer kamen bei der Diskussionsveranstaltung schließlich zwei Menschen zu Wort, die sich durch eigene Anwohnerinitiativen (in Steglitz und Pankow) für die Erhaltung öffentlicher Plätze einsetzen. Mit viel Engagement und Herzblut konnten sie zwei öffentliche Plätze in Berlin, für deren zur Erhaltung kein Geld von der Stadt zur Verfügung stand und die ohne ihren Einsatz verwahrlost wären, wieder zum Leben erwecken. Die positiven Auswirkungen ihrer Arbeit sprechen für sich: Die Nachbarschaft wächst näher zusammen, Stadtkinder können Natur erleben und das Stadtviertel wird insgesamt lebenswerter.

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Andreas Kleine-Kraneburg

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