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Veranstaltungsberichte

Wandel der Arbeitswelt in der großen Stadt

von Dr. Angela Borgwardt
Bericht über die achte Veranstaltung aus der Reihe „Metropolen-Mittag: Gespräche über die Zukunft der Großen Städte“ zum Thema „Wandel der Arbeitswelt in der großen Stadt“ am 9. Januar 2006 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin

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Moderation:

 

Dr. Volker Hassemer

 

 

 

Podium:

 

 

 

 

  • Gustav Greve, Unternehmensberater – Gustav Greve Consulting Berlin/Basel
  • Reiner Nagel, Leiter Abt. I, Stadt- und Freiraumplanung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin
  • Katharina Heuer, Leiterin Personal- und Bildungsstrategie, Führungskräftekademie der Deutschen Bahn AG
Zu Beginn stellte Gustav Greve fest, dass Innovation und Globalisierung nicht automatisch zu (mehr) Beschäftigung führen würden. Ein wichtiger Zukunftsbereich wirtschaftlichen Wachstums seien unternehmensnahe Dienstleitungen. Metropolen wie Berlin könnten Netzwerkknoten herausbilden, die für Dienstleister attraktiv sind, um sich nachhaltig unternehmerisch zu betätigen. Diese Netzwerkknoten könnten wirtschaftsgeographischer Art (z. B. Moskau-Berlin-Paris-London) oder technologischer Art (z. B. Medizintechnologie) sein. Grundsätzlich würden die Bedingungen in einer Metropole gute Voraussetzungen für wirtschaftliche Dynamik und mehr Arbeit bieten. Notwendig seien jedoch rechtliche Vereinfachungen (z. B. in Bezug auf Steuern) und mehr Freiheit (von staatlichen Regelungen).

 

Reiner Nagel betonte den Zusammenhang von Arbeitsplätzen und der Identität bzw. dem klaren Profil einer Stadt. Berlin habe große Potenziale zur städtischen Profilbildung (z. B. Neue Medien, Biotechnologie- und -medizin, Verkehr, Information und Kommunikation, Gesundheit). In den großen Städten gingen industrielle Arbeitsplätze zunehmend verloren, doch auch die Dienstleistungsgesellschaft brauche weiterhin große Städte wie Berlin (Logistik-Standorte). Nagel zitierte den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Richard Florida, der drei Faktoren für wirtschaftlich erfolgreiche Städte benannte: technology, talents, tolerance. Berlin erfülle grundsätzlich diese Voraussetzungen, insbesondere sei das Kreativkräfte-Angebot hier sehr hoch.

 

Katharina Heuer stellte das Ergebnis einer Umfrage des ManagerMagazins voran: Bei der Kategorie ‚beste Städte für die Karriere’ liege Berlin demnach nur auf dem 12. Platz. Auch in Bezug auf wirtschaftliche Dynamik bilde die Hauptstadt das abolute Schlusslicht. Allerdings gäbe es auch große Potenziale in Berlin, zum Beispiel beim Arbeitskräfteangebot und in Wissenschaft und Forschung (Hochschulen). Ein großes Problem sei jedoch, dass viele gut Ausgebildete bzw. Hochqualifizierte die Stadt verlassen, um in anderen Städten zu arbeiten, da Berlin nicht genug Beschäftigungsmöglichkeiten biete. Eine zentrale Frage sei, wie die vorhandenen Potenziale Berlins besser genutzt werden können. Wichtig wäre z. B. eine bessere Bildungspolitik, die mit der Stadtentwicklung verknüpft werden sollte.

 

In Berlin seien also große Potenziale vorhanden, so Volker Hassemer: Doch wie können diese Potenziale gebündelt werden? Ein wichtige Frage sei doch, wie eine bessere Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure und Initiativen in Berlin erreicht werden könne. Eine Zusammenarbeit wäre dann auch mit einer gemeinsamen Aufstellung von Regeln und Zielen verbunden.

Nach Gustav Greves Erfahrungen beruht eine erfolgreiche Zusammenarbeit darauf, dass alle Beteiligten den gemeinsamen Willen haben, gemeinsam etwas zu erreichen. In Berlin sei es leider an der Tagesordnung, dass gegeneinander statt miteinander gearbeitet werde.

 

Ein Teilnehmer aus dem Publikum wies darauf hin, dass Berlin kreative Menschen aus der ganzen Welt anziehe und international als sehr interessante Stadt wahrgenommen werde. Was könnte Berlin dafür tun, damit diese Außensicht auch zur Innensicht wird? Und wie könnte sich Berlin als Wirtschaftsstandort aufstellen? Was könnte die Politik hier tun?

 

Nach Volker Hassemer ist diese Aufgabe nicht vorrangig von der Politik zu lösen; gefragt sei vielmehr die Stadtgesellschaft, die strategische Kooperationen eingehen müsse. Bisher konzentriere sich die Diskussion noch zu sehr auf das Feststellen von Defiziten und ihre Ursachen. Für die Zukunft der Stadt sei jedoch entscheidend, welche Möglichkeiten eine positive Entwicklung der Stadt unterstützen könnten.

Für Katharina Heuer ist es unverzichtbar, dass die Hochschulen in Zukunft enger mit Unternehmen zusammenarbeiten und der Transfer von Wissen in Wirtschaft und Politik verbessert werde. Ein richtiger Ansatz sei in Berlin die Initiative „An morgen denken“, in der große Unternehmen und die Hochschulen der Stadt gemeinsam versuchen, die Stadt voranzubringen. Allerdings seien bisher noch keine starken Synergieeffekte feststellbar. Momentan sei das Außenbild Berlins geprägt von „Tourismus und Event“. Diese Profilbildung Berlins sei zwar erfolgreich, sei aber nicht ausreichend für eine so vielfältige und reichhaltige Stadt wie Berlin.

 

Auch Volker Hassemer sieht in der Initiative „An morgen denken“ einen wichtigen Schritt; allerdings seien hier nur die Spitzen der Wissenschaftsinstitutionen (Universitätspräsidenten), nicht jedoch der Wirtschaft und der Politik vertreten (weder die Unternehmenschefs noch der Regierende Bürgermeister). Gegenwärtig stelle sich die Frage, welches Profil die Stadt mit welchen Schwerpunkten ausbilden solle. Wäre es zum Beispiel sinnvoll, sich auf zwei oder drei Schwerpunkt zu beschränken?

 

Nach Auffassung von Katharina Heuer wären folgende Schritte sinnvoll: Unter Moderation der Politik sollten mögliche Schwerpunkte für eine Profilbildung Berlins diskutiert werden. Dabei sollte der Fokus auch darauf gerichtet werden, wie die Energien in den einzelnen Bereichen gebündelt werden könnten. Als Metropole könne Berlin aber durchaus sieben Schwerpunkte haben, die jedoch präzise herausgearbeitet werden müssten. Auch Reiner Nagel war der Ansicht, dass Berlin als Metropole sieben Schwerpunkte haben könne. Bei wirtschaftlichen Großprojekten seien zwei Punkte besonders wichtig: Es müsse klar sein, wer das Projekt steuert und die Entscheidungen trifft und welche Ansprechpartner in Politik und Verwaltung zuständig seien.

 

Gustav Greve erinnerte daran, dass Berlin im öffentlichen Diskurs sehr häufig als „Stadt im Wandel“ und „Stadt im Werden“ bezeichnet werde. Vielleicht sei es deshalb sinnvoll, diese Vorstellung bei der Gestaltung des städtischen Profils aufzunehmen. Berlin habe tatsächlich erhebliche Potenziale, zum Beispiel in den Bereichen Kultur und Kreativität. Damit sich die Stadtgesellschaft entfalten könne, wäre jedoch viel mehr Freiheit und Vitalität erforderlich. Die Stadtgesellschaft müsse sich selbst gestalten können – die Politik dürfe diesen Prozess der Stadtentwicklung nur begleiten, nicht reglementieren.

 

In seinem abschließenden Worten betonte Volker Hassemer, dass die vorhandenen Energien in der Stadt dringend organisiert werden müssten. Zwar gäbe es schon Teilerfolge, doch insgesamt sei noch zu wenig erreicht. Der Bürger müsse sich als Mitträger städtischer Verantwortung ebenso engagieren wie die Spitzen aus Wirtschaft und Politik.

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