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Wie tickt Putin? Politisches Frühstücksgespräch mit Boris Reitschuster

von Geraldine Bilstein
Beim Frühstücksgespräch in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung beleuchtete Boris Reitschuster, langjähriger Büroleiter des Focus-Magazins in Moskau, die Vergangenheit Wladimir Putins und versuchte dessen Handlungsweise und Strategie zu ergründen.

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Stalins Koch

Der Journalist schilderte, dass Putin wohl schon durch seinen Großvater, der Stalins Koch war, Sympathien für Stalin und eine gewisse Vorsicht gegenüber dem Westen entwickelte. Putin, der aus ärmlichen Verhältnissen stamme, erfuhr nach Aussage Reitschusters bereits in jungen Jahren Erniedrigung und Leid und zog daraus den Schluss, dass der Schwache geschlagen der Starke aber geachtet würde.

Wo ist das gesunde Misstrauen der Menschen hin?

„Zu Zeiten der Sowjetunion gab es das gesunde Misstrauen der Menschen, gegenüber Putin scheint dieses verschwunden zu sein, so der Experte. Er schaffe mit Hilfe der Medien eine virtuelle Realität, die die Menschen verunsichere. Ebenso nutze er die Angst der russischen Bevölkerung um die Zukunft und den Bestand des Vaterlandes. Er will seinem Volk mit seinem entschlossenen Auftreten beweisen, dass er der Einzige ist, der das Land richtig regieren und schützen könne. Um dies zu unterstreichen berufe er sich häufig auf Stalin und verweise auf dessen Errungenschaften. Hilfreich sei hierbei der Hurra-Patriotismus der durch die Medien getragen werde.

Machtinstrument: Angst

Ein Ziel Putins sei es, dass die russische Bevölkerung Angst habe und daher beschwöre immer wieder die Gefahr, die vom Westen ausgehe. In vergangener Zeit teilte die russische Oberschicht Putins Ansichten. Dementsprechend unterstützten sie seinen Führungsstil. Heute finde er dort immer weniger Befürworter seiner Außenpolitik. Allerdings richte sich laut Reitschuster niemand gegen den Russland Präsidenten – aus Angst. Nach dem Tod Nemzows würden sie sich vor der Aussprache von Kritik fürchten.

So spielt der Westen mit uns!

Die Frage ob Sanktionen gegenüber Russland Putin in die Karten spielen würden, verneinte Reitschuster: „Vielmehr muss man klarstellen, dass es Sanktionen gegen Putin sind, nicht aber gegen Russland oder seine Bevölkerung.“

Man müsse kommunizieren, dass Sanktionen die durch den Westen verhängt werden an die russische Elite, Banken und das Öl adressiert sind. Putins Gegensanktionen seien die, die das russische Volk treffen, indem sich zum Beispiel die Lebensmittelpreise stark erhöhen. Doch auch hier würde Putin seine Macht in den Medien nutzen und den Westen als den Verantwortlichen für diese Missstände darstellen.

Nach Reitschusters Ansicht solle die Differenzierung zwischen Putin und seinem Volk deutlicher zu sehen sein. „Eine wirksame Sanktion kann die europäische Visafreiheit für die Unter- und Mittelschicht Russlands sein.“ Wobei der Elite und den Putin-Sympathisanten die Einreise in das europäische Ausland verweigert werden solle.

Nächster Stopp Baltikum

„Laut Umfragen seien rund 80 % der ukrainischen Bevölkerung für Putin.“ Selbst wenn einige der Befragten sich aus Angst als Putin-Befürworter ausgegeben hätten, sei es immer noch eine absolute Mehrheit für Putin, referierte Reitschuster. „Die Euphorie wird jedoch nachlassen und der Druck auf Putin und dessen Handlungsbedarf werden sich erhöhen.“

Ein nächster logischer Schritt aus Reitschusters Sicht könne sein, dass angeblich unterdrückte Russen in den baltischen Staaten aufständig würden, „man muss hier extrem wachsam sein

.“

Das Große Ganze

Nach Reitschuster Ansicht ist Putin nicht gegen Demokratie und Menschenrechte, er glaube nur einfach nicht daran. Für Putin sei dieses Konstrukt eine große Lüge, die durch Amerika verbreitet würde. Daher wolle er sowohl die EU schwächen als auch den amerikanischen Einfluss verringern, um so seine Einflussmöglichkeiten steigern zu können.

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Christian Schleicher

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Stellvertretender Leiter Politische Bildungsforen und Leiter Politische Bildungsforen Süd

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