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KAS Bonn

Veranstaltungsberichte

Europa stärken, transatlantisch bleiben

von Agnieszka Pawlowska

Deutschlands sicherheitspolitische Rolle in einer neuen Weltordnung

Auf großen Zuspruch stieß die erste gemeinsame Veranstaltung des Büros Bundesstadt Bonn der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Deutschen Atlantischen Gesellschaft in Bonn. Im Kunstmuseum erhielten weit über 200 Zuhörer einen militärisch-sachlichen, aber auch politisch-diskursiven Einblick in die sicherheitspolitische Lage Deutschlands. Sicherheit ist – neben Innovation und Partizipation – eines der drei Kernthemen der KAS für 2020, wie Ulrike Hospes, Leiterin des Büros Bundesstadt Bonn, in ihrer Begrüßung erklärte.

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Unter dem Titel „Europäisch oder transatlantisch? “ sprach Generalleutnant Martin Schelleis, seit 2015 Inspekteur der Streitkräftebasis, über die künftige Ausrichtung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr verantwortend, zeigte er deren Aufgabenbreite und Profilveränderungen auf. Vertieft wurde sein Impulsvortrag durch ein anschließendes Gespräch mit General a.D. Egon Ramms, bis 2010 Oberbefehlshaber des Allied Joint Force Command und somit einer der ranghöchsten deutschen Soldaten in der NATO. Er trug mit vielen Beispielen aus seiner aktiven Zeit dazu bei, dass am Ende der Diskussion ein differenziertes Bild deutscher Verteidigungs- und Sicherheitspolitik entstand.

Auf die Bundeswehr bezogen betonte Schelleis den Wandel von der Landes- und Bündnisverteidigung (bis 1990) über die Auslandseinsätze zur Stabilisierung bei asymmetrischer Kriegsführung nun wiederum zu einer Einsatztruppe, die in Doppelfunktion beide Kernbereiche wahrnimmt. Zwölf Auslandseinsätze und sechs anerkannte Missionen führten noch einmal die Truppenleistung vor Augen. Gefährdungen und Risiken aus dem Süden/Südosten (z.B. Flüchtlingsströme, Afghanistan, Iran) wurden ebenso aufgezeigt wie die hybriden Gefährdungen für Deutschland (Infrastruktur, Wirtschaft, Cybersicherheit) und das aggressivere Auftreten Russlands seit der Annexion der Krim im März 2014 (Abschuss MH 17, CyberAttacke auf den Deutschen Bundestag, die Fälle Lisa und Skripal, die Stationierung von Iskander). Besonders tiefe Einblicke gab Schelleis in die Mobilität und Truppenbewegung innerhalb Deutschlands auch in Hinblick auf Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), in der Deutschland dieses Jahr die Verantwortung trägt.


In der anschließenden Fragerunde wurde insbesondere das Verhältnis zu Russland, die Gefährdungslage der baltischen Staaten, das nukleare Ungleichgewicht in Europa diskutiert, aber auch die Beschaffungsproblematik in der Bundeswehr sowie die Rekrutierung neuer Fachkräfte. Auch die Bundeswehr kämpfe wie jeder Arbeitgeber um gutes Personal, sei aber an dritter Stelle der beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland. Dieser Erfolg ist den verstärkten Rekrutierungsmaßnahmen unter anderem auch in den sozialen Medien zu verdanken.


Außenpolitisch sahen sowohl Ramms als auch Schelleis in der Besetzung der Krim durch Russland einen Wendepunkt in der globalen Sicherheitsarchitektur. Im Zuge dessen sei die Notwendigkeit stärker geworden, einerseits verstärkt eine gemeinsame einheitliche europäische Verteidigung zu entwickeln und andererseits das transnationale Bündnis zu bewahren und zu erneuern. Schelleis berichtete von seiner Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den amerikanischen Streitkräften. Entgegen medienwirksamen Äußerungen des US-Präsidenten sei die Zusammenarbeit auf kollegialer Ebene sehr gut. Aber er spüre auch eine eine anwachsende Skepsis über den Anteil der Europäer bei der Verteidigung.


Die Bundeswehr müsse, um auf Augenhöhe bündnisfähig zu bleiben, in neue militärische Fähigkeiten wie Weltraum und Cybersicherheit investieren. Hier wäre der politische Wille zur Umsetzung gefragt. Deutlich hob Schelleis den Charakter der Parlamentsarmee hervor; nicht die Bundeswehr entscheide, wo sie aktiv sein wolle, sondern die Politik müsse wissen „was sie mit ihrer Bundeswehr will“. In seinem Schlusswort nach einer lebhaften Diskussion spitzte Ramms in seinem Fazit diesen Gedanken zu: „Man kann nicht immer nur abtauchen und anderen die Verantwortung überlassen. Dann wird man nur noch als Trittbrettfahrer gesehen und nicht mehr ernst genommen.“
 

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Kontakt

Dr. Ulrike Hospes

Dr. Ulrike Hospes

Landesbeauftragte und Leiterin des Politischen Bildungsforums NRW /
Leiterin Büro Bundesstadt Bonn

ulrike.hospes@kas.de +49 (0) 2241 246 4257 +49 (0) 2241 246 5 4257

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