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Reportajes internacionales

Eduardo Frei offiziell als Präsidentschaftskandidat von den Parteien der Concertación in Chile nominiert

de Winfried Jung
Mit weniger Stimmen als ursprünglich erwartet, setzte sich der frühere Präsident Chiles, der Christdemokrat Eduardo Frei Ruiz-Tagle, Anfang April bei den internen Wahlen des Parteienzusammenschlusses der Concertación gegen seinen Herausforderer, José Antonio Gómez, durch. Das Endergebnis lautete schließlich 65 Prozent für Frei und 35 Prozent für Gómez. Frei ist damit der offizielle Kandidat des Mitte-Links-Bündnisses für die kommenden Präsidentschaftswahlen in Chile, die für Anfang Dezember dieses Jahres angesetzt sind.

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Mit viel Spannung war der Ausgang der internen Wahlen der Concertación por la Democracia Anfang April in zwei der 15 Regionen Chiles (Region O`Higgins und Region el Maule) des Landes erwartet worden. Als sich die Parteien dieser Viererkoalition, bestehend aus Partido Demócrata Cristiano PDC (Christdemokratische Partei), Partido Socialista PS (Sozialistische Partei), Partido por la Democracia PPD (Partei für die Demokratie) und Partido Radical Social Democrata PRSD (Radikal Sozialdemokratische Partei) auf Urwahlen zur Bestimmung ihres Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen im Dezember festlegten, waren sie noch von einem Wettbewerb zwischen drei prominenten Kandidaten, nämlich zwischen Eduardo Frei Ruiz-Tagle (Präsident Chiles von 1994 – 2000), Ricardo Lagos (Präsident Chiles von 2000 bis 2006) und José Miguel Insulza (Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)), ausgegangen. Nachdem Lagos und Insulza jedoch Anfang Januar signalisiert hatten, dass sie nicht mehr für eine Kandidatur zur Verfügung stehen würden und drei der vier Parteien der Koalition (PDC, PS und PPD) Eduardo Frei ihre Unterstützung zusagten, sah es zeitweise so aus, als ob überhaupt keine internen Wahlen mehr stattfinden würden. Um so größer war dann die Überraschung, als der Präsident der PRSD, Senator José Antonio Gómez, der kleinsten Partei in dieser Koalition, eine eigene Kandidatur ankündigte und im Folgenden trotz eines erheblichen Drucks der anderen Mitglieder des Parteienzusammenschlusses der Concertación auch daran festhielt.

Ende Januar einigte man sich dann nach zähen Verhandlungen auf einen Austragungsmodus, der insgesamt sechs Wahlgänge in verschiedenen Regionen des Landes vorsah: Am 5. April in den Regionen O`Higgins und el Maule, beide südlich von der Hauptstadt Santiago de Chile gelegen, am 19. April im Norden des Landes in Arica, Parinacota, Tarapacá, Antofagasta, Atacama und Coqimbo, am 26. April wiederum im Süden in La Araucania, Los Rios, Los Lagos, Aysén und Magallanes, am 3. Mai in Valparaiso, am 10 Mai in Concepción und schließlich am 17. Mai in Santiago. Angesichts des Kräfteverhältnisses innerhalb der Concertación (der Anteil von PDC, PS und PPD macht stimmenmäßig etwa 90 Prozent aus, der der PRSD etwa 10 Prozent), vor allem aber auch wegen der hohen Wahlkampfkosten (vereinbart wurde hier, dass jede Seite die Hälfte übernimmt) verständigte man sich darauf, dass Gómez seine Kandidatur zurückziehen würde, wenn Frei die erste Runde mit einem Vorsprung von mehr als 20 Prozent für sich entscheiden würde.

Was für den 68-jährigen Senator und vormaligen Präsidenten angesichts der Unterstützung durch gleich drei der vier Parteien der Concertación zunächst wie ein leicht zu meisterndes Pflichtprogramm aussah, entpuppte sich im weiteren Verlauf als eine ernstzunehmende Herausforderung. Gómez, zur Amtszeit von Frei Staatssekretär in seinem Kabinett, zeigte einmal mehr, dass er auch in fast aussichtsloser Position zu kämpfen versteht. So war er beispielsweise im Jahre 2005, als er sich um einen Platz im Senat bewarb, mit zunächst geringen Chancen in Arica gegen Carmen Frei, die Schwester von Eduardo Frei, angetreten. Obwohl diese in den Umfragen lange Zeit souverän geführt hatte, gelang es ihm, im Verlaufe des Wahlkampfes das Blatt noch zu wenden. Am Ende lag er mit 41 Prozent vorn. In ähnlicher Weise begann er auch dieses Mal früh mit dem Wahlkampf, und zwar Anfang Februar (in Chile traditionell Ferienmonat). Er suchte etliche Städte und Dörfer in beiden Regionen auf, ging dabei von Haus zu Haus und sprach auch die Leute auf der Straße an. Schnell erreichte er so in den Umfragen 30 Prozent, was einige Nervosität im Lager von Frei auslöste, der sich aufgrund einer längeren Auslandsreise erst wesentlich später in der Region zeigte. Eine Woche vor der Wahl verpasste Gómez dann allerdings bei einer Fernsehdebatte, die beide Kandidaten in der Universidad Católica del Maule in Talca bestritten, seine große Chance. Anstatt als Außenseiter Angriffe gegen den Kandidaten des Parteiestablishments der Concertación zu starten, gab er sich sehr zurückhaltend und vermied darüber hinaus jede direkte Konfrontation mit seinem Gegner. Nach Umfragen, die unmittelbar nach der Veranstaltung erhoben wurden, gewann Frei diese Debatte mit 49 Prozent (Gómez 24 Prozent, ohne Meinung 27 Prozent). Der Ex-Präsident konnte dabei vor allem bei den ökonomischen Themen punkten, während bei der Debatte über Werte und Prinzipien beide Kandidaten am Ende gleichauf lagen.

In den Tagen vor dem Wahlgang am 5. April gab es im Lager der Concertación zahlreiche Befürchtungen, nicht genügend Wähler für die „primary“ mobilisieren zu können (traditionell wird in der Concertación, wenn es um die Auswahl des Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen geht, die Basis befragt). Pessimistische Prognosen gingen dabei von einer Beteiligung von nur 30.000 Personen aus, optimistischere von 100.000. Dabei gilt es zu wissen, dass zur Wahl neben den Mitgliedern der vier Parteien der Concertación auch Unabhängige, jedoch keine Mitglieder aller übrigen Parteien zugelassen waren. Als Vergleich wurden immer wieder die Ergebnisse in beiden Regionen bei der internen Ausscheidung für die Präsidentschaftswahlen des Jahres 1999 herangezogen, bei der die damaligen Kandidaten der Concertación, Andrés Zaldívar sowie der spätere Präsident Ricardo Lagos, insgesamt 170.000 Wähler mobilisieren konnten. Mit ca. 60.000 Personen, die schließlich zur Wahl gingen, hielt sich das Interesse in Grenzen. Ursächlich dafür dürfte für viele das ungleiche Verhältnis - David gegen Goliath - gewesen sein, das etliche zu der Meinung veranlasst haben dürfte, dass das Rennen schon entschieden sei.

Nach Auszählung von 93 Prozent der Stimmen entfielen auf Frei 64,61 Prozent, auf Gómez 35,39. Er übertraf mit knapp 30 Prozent damit die zuvor festgelegte Differenz von 20 Prozent. Vergleicht man das Ergebnis in den beiden Regionen, so schnitt der Ex-Präsident in der VII. Region (Region el Maule) mit 66,11 Prozent besser ab als in der VI. Region (Region O`Higgins), wo er nur auf 62, 76 Prozent der Stimmen kam. Erste Analysen deuten darauf hin, dass Gómez in den großen Städten deutlich besser abgeschnitten hat als ursprünglich erwartet, während Frei die meisten Anhänger auf dem Land hatte. Für die Concertación wird es nun darauf ankommen, die Reihen so schnell wie möglich wieder zu schließen. Frei appellierte deshalb noch in der Wahlnacht an alle Mitglieder, den Blick umgehend nach vorne zu richten und sich auf die kommende Auseinandersetzung mit der Opposition zu konzentrieren. Diese wiederum nahm die geringe Wahlbeteiligung zum Anlass, um darauf hinzuweisen, dass die Concertacón sich nach 20 Regierungsjahren verschlissen habe.

Ohne Zweifel dürfte der Ausgang dieser internen Wahlen dem Gewinner nur begrenzt den notwendigen Schub verleihen, um zum Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Sebastián Piñera, aufzuschließen, zumal dieser von den Parteien des Mitte-Rechts-Bündnisses der Alianza por Chile, einem Zusammenschluss von Renovación Nacional RN (Nationale Erneuerung) und Unión Demócrata Independiente UDI (Unabhängige demokratische Union), einstimmig nominiert wurde und sich keinen Urwahlen stellen musste. In den Umfragen stagnierte Frei zuletzt. Nach einer jüngsten Umfrage von TNS-Time sind jedoch leichte Verbesserungen zu erkennen: Frei kommt danach bei den kommenden Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang auf 31 Prozent, verglichen mit 37 Prozent für Piñera, im zweiten Wahlgang sogar auf 39 Prozent bei 41 Prozent für Piñera. Unter Berücksichtigung einer Fehlerquote von 2 Prozent ergibt sich daraus technisch gesehen ein Patt.

In der Tat deutet vieles darauf hin, dass der Stimmenvorsprung von Piñera, der lange Zeit mehr als 10 Prozent gegenüber Frei betragen hatte, in den letzten Wochen deutlich geschmolzen ist. Die Gründe hierfür dürften im Wesentlich durch Piñera selbst verursacht worden sein. Sie sind in erster Linie auf seine nach wie vor ungeklärten Vermögensverhältnisse zurückzuführen, die dem politischen Gegner permanent Munition für den Wahlkampf liefern. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, bleibt er aufgefordert, sich so schnell wie möglich von seinem Vermögen, das in die Milliarden geht, zu trennen. Wie negativ sich dieses ungelöste Problem für ihn auswirken kann, zeigen jüngste Preisabsprachen bei Medikamenten, in die eine Apothekenkette verwickelt war, an der Piñera – wenn auch nur minimal - beteiligt ist. Der Vorgang löste in der Bevölkerung großen Unmut aus. Schließlich hat ihm auch noch die eine oder andere Kritik an der Regierung geschadet. Als diese z.B. in den vergangenen Wochen 15.000 Computer kostenlos an Grundschüler verteilte, griff er mit dem Vorwurf, die Regierung verteile Wahlgeschenke, massiv die Präsidentin Michelle Bachelet an. Deren Ansehen in der Bevölkerung ist jedoch weiterhin ungebrochen. Durch kluges Gegensteuern in der Finanz- und Wirtschaftskrise sind ihre Popularitätswerte zuletzt ständig gestiegen und haben inzwischen 61 Prozent erreicht. Davon hat auch ihre Regierung profitiert, deren Zustimmungswerte unterdessen ebenfalls bei beachtlichen 53 Prozent liegen. Sollte die Präsidentin in der Lage sein, diese Werte an den nun feststehenden Kandidaten der Concertación weiterzugeben, wäre das Rennen um die Präsidentschaft wieder offen und die Chancen auf eine fünfte Regierung dieses Parteienzusammenschlusses für die Jahre 2010 -2014 nicht mehr ganz unwahrscheinlich.

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Andreas Michael Klein

Andreas Michael Klein

Leiter des Regionalprogramms Politikdialog Asien

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