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Vortrag

Stärkung der Zivilgesellschaft

Rahmenbedingungen für Akteure zwischen Staat und Autonomie

In der VR China bieten sich heute zunehmend Möglichkeiten für die Herausbildung zivilgesellschaftlicher Strukturen.

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Zivilgesellschaft – ein Begriff, dessen Ursprung im absolutistischen Europa zu suchen ist und der über Jahrhunderte hinweg eine grundlegende Wandlung erfahren hat. Wir verstehen heute unter ‚Zivilgesellschaft’ (allgemein und vereinfacht) eine Säule, die den Staat mit trägt und doch unabhängig von Staat, Wirtschaft oder Familie heranwächst: Sie bildet das dritte Standbein westlicher Staaten und legt – nach Prof. Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister a.D, – den „Grundstein für Harmonie“.

In der Volksrepublik China bieten sich heute zunehmend Möglichkeiten für die Herausbildung zivilgesellschaftlicher Strukturen. Von einer (politischen) Partizipation einer chinesischen Zivilgesellschaft kann zwar noch nicht gesprochen werden, doch die Entfaltung bürgerschaftlichen Engagements ist deutlich erkennbar.

Im Hinblick auf diese Entwicklungen organisierte das Auslandsbüro Peking der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Vortragsveranstaltung mit Prof. Dr. Christian Schwarz-Schilling, der sich seit Jahrzehnten mit zivilgesellschaftlichen „Pressure Points“ auseinandersetzt (so u.a. als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina). Der ausgewiesene China-Kenner schlug den Bogen von der Zivilgesellschaft und ihrer Bedeutung in Deutschland hin zum Heranwachsen zivilgesellschaftlicher Elemente in der Volksrepublik. Sein Vortrag zeigte die Chancen auf, die eine Zivilgesellschaft für China bieten könnte – wie die Entlastung des Staates und die größere Zufriedenheit der Bevölkerung durch die Steigerung der Lebensqualität mithilfe zivilgesellschaftlichen Engagements –, doch ließ er auch kritische Töne anklingen, sollte die Entfaltung einer Zivilgesellschaft vom Staat blockiert werden – beispielsweise durch die Zensur und die Einschränkung bei der Nutzung moderner Kommunikationstechnologien.

DieGoldene Mittezwischen Autonomie und Abhängigkeit, Konfrontation und Kooperation

Der ehemalige Bundesminister führte das Publikum (Politik- und Gesellschaftsberater, KAS-Altstipendiaten, Wissenschaftler und Studenten) in seinem Vortrag auf dem Weg der „Goldenen Mitte“ zwischen den verschiedenen Zivilgesellschaftsmodellen. So war die Rede von dem einen Pol, der die völlige Autonomie zivilgesellschaftlicher Akteure vom Staat als zwingend notwendig erachtet und sie als Opposition der staatlichen Macht versteht, und von dem anderen Pol, in der die Zivilgesellschaft in ergänzender Funktion zum Staat besteht und sogar von staatlicher Seite ‘verordnet’ werden kann, sodass die Gefahr der Instrumentalisierung und Manipulation der Zivilgesellschaft durch den Staat besteht. Während das erste Extrem unter den gegebenen Umständen im heutigen China als nicht realistisch einzustufen ist, birgt der zweite Pol – die Zivilgesellschaft alsHelferdes Staates – enorme Möglichkeiten für China, solange die Zivilgesellschaft nicht zum „Lückenbüßer degradiert“ wird. Die Schaffung einer Basis für zivilgesellschaftliche Entfaltung erfolgte mit der Wiedereinführung von Privateigentum und Privatwirtschaft unter Deng Xiaoping (1904-1997), und auch das Wahlrecht auf Dorfebene zeugt von einer Stärkung der Rechte der Bürger und letztlich der zivilgesellschaftlichen Kräfte. Zwar können diese Akteure nicht völlig autonom agieren, doch sind sie gleichzeitig nicht vollkommen vom Staat kontrolliert.

In Europa ist zivilgesellschaftliches Handeln in vielen verschiedenen Bereichen vorhanden – sei es politisches Engagement wie z.B. in Verbindung mit der Gründung von Parteien oder soziales Engagement, beispielsweise im Bereich der Altenpflege oder der freiwilligen Feuerwehr. Entscheidendes Element der Zivilgesellschaft ist die ‚Freiheit’ der Menschen, sich an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten zu beteiligen oder nicht – die ‚Freiwilligkeit’ ist das Fundament einer Zivilgesellschaft.

Mit einem Blick auf China hob Prof. Schwarz-Schilling das bereits bestehende, eigenständige zivilgesellschaftliche Schaffen hervor – so z.B. die Aidsinitiativen oder Erdbebenhilfe. Das Internet definierte er in diesem Zusammenhang als entscheidendes Vehikel in der Vernetzung der Bürger (lokal und global) und als „Bedingung für eine starke Zivilgesellschaft“. Auch in China sei der Fortschritt in der Kommunikationstechnologie unaufhaltsam: Das Internet werde eine entscheidende Rolle in der Entfaltung der Zivilgesellschaft in der Volksrepublik spielen.

Nur wenn zivilgesellschaftlichen Akteuren der zur Entfaltung und eigenen Gestaltung notwendige Freiraum gewährt wird, könne eine „selbstbewusste und innerhalb des Staatssystems zunehmend unabhängig agierende Zivilgesellschaft ein wichtiges Mosaikstück im Bilde des inneren Friedens“ darstellen, so Prof. Schwarz-Schilling.

Die an den Vortrag anschließenden Diskussionsbeiträge zeichneten ein hoffnungsvolles Bild der Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Entfaltung in China: In der Entstehung von Zivilgesellschaft liegt die Quelle für Stabilität und die – von der chinesischen Regierung angestrebte – ‚Harmonieder Gesellschaft. Prof. Schwarz-Schillings kritischer Vortrag regte zu einer abschließenden Frage an, die provozierend auf den Kern der Thematik hinwies: Kooperation oder Kampf der Zivilisationen – welche Strategie sei nun zu verfolgen, um Frieden in der Welt zu erreichen? Mit einer klaren Antwort schloss Prof. Schwarz-Schilling seine Überlegungen: Kooperation sei der einzige Weg zu Frieden. Nur Dialog, Gleichberechtigung, das Wissen über einander und das Lernen voneinander garantieren die wichtigste Voraussetzung für ein friedliches Miteinander – gegenseitiges Verständnis.

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Veranstaltungsort

Peking

Referenten

  • Prof. Dr. Christian Schwarz-Schilling
    • Bundesminister a. D.
      • Hoher Repräsentant und EU Sonderbeauftragter a. D.
        Kontakt

        Thomas Awe

        Stärkung der Zivilgesellschaft April 2011 Peking - Bild 1 KAS/Peking
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