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Veranstaltungsberichte

KMUs im Zeitalter von Web 2.0

Unternehmerworkshop am Chinesisch-Deutschen Managementzentrum (CDMI) Xi‘an

Seit über 20 Jahren unterstützt die Konrad-Adenauer-Stiftung das Chinesisch-Deutsche Managementzentrum (CDMI) an der Nord-West-Universität Xi’an. Das CDMI hat sich seither zu einem führenden Zentrum für die Weiterbildung von Klein- und Mittelunternehmen in Xi’an und der umgebenden Shaanxi-Provinz entwickelt.

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Die Volksrepublik China ist mittlerweile der größte Online-Markt der Welt – zumindest nach der Zahl der Nutzer. Immer mehr Kunden steigen auf mobiles Internet um. Was bedeutet diese „Kommunikationsrevolution“ für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in China? Worauf gilt es beim Marketing, bei der Finanzierung und beim Management zu achten? Welche Erfahrungen gibt es hierzu in anderen Märkten, etwa in Deutschland?

Professor BAI Yongxiu, ehemaliger Dekan des Fakultät für Wirtschaft und Management an der Nordwest-Universität Xi‘an, betonte in seinem Einführungsvortrag zum „Unternehmertum in der Epoche von Web 2.0“, dass China vor einem neuem „Wachstumsmodell“ stehe. Ob dies Erfolg haben werde, hänge von der Leidenschaft, der Willensstärke und einer neuen Unternehmenskultur ab.

Der Shanghaier Finanzexperte, Professor XU Mingqi (Shanghai Academy of Social Sciences), analysierte die Herausforderungen, denen sich das traditionelle Bankenwesen beim mobilen e-commerce gegenübersehe. Noch wickeln diese den überwiegenden Teil der online-Geschäfte ab. Doch der Zahlungsverkehr über Drittanbieter, z.B. alipay, nimmt jährlich um rund 40 Prozent zu. XU betonte, dass zukünftige Standortentscheidungen für Unternehmen von einem innovativen Umfeld sowie flexiblen sowie fairen politisch-administrativen Rahmenbedingungen abhängen. Dann hätten auch Standorte außerhalb der Metropolen Peking und Shanghai gute Chancen, von der neuen Internet-Ökonomie zu profitieren. Ein bekanntes Beispiel sei heute schon Hangzhou, wo der größte chinesische Internetanbieter ALIBABA seinen Hauptsitz habe.

Volker ENGLERT, Experte bei der deutschen Beratungsfirma KLAKO, verglich die Herausforderungen für e-commerce in Deutschland und China. Er betonte dabei die hohe regionale Vielfalt des chinesischen Marktes und den unterschiedlichen Verbrauchergewohnheiten. Diese stellten, trotz extremer Wachstumsraten, insbesondere bei B2C, große Herausforderungen an die Unternehmen. Einen großen Vorteil Chinas sieht er in seiner vergleichsweise weitentwickelten Logistik. Zu verbessern bleiben die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere für ausländische Unternehmen, die den Markteintritt in China suchen.

Professor Dr. GU Ying, Leiter des CDMI und KAS-Altstipendiat, untersuchte in seinem Beitrag Herausforderungen und Lösungsansätze, die sich für die traditionellen Geschäftsmodelle bei der Transformation hin zu einer internet-basierten Wirtschaft ergeben. Dabei spielt seiner Meinung nach die Kreativität der Mitarbeiter eine Schlüsselrolle, insbesondere die Fähigkeit, das spezifisch Neuartige der Internetökonomie zu erfassen. Für KMU sei die zentrale Herausforderung, eigene und potentielle Kunden über geeignete Kundenplattformen zu finden und an sich zu binden.

Dr. DONG Chi, Stellv. Leiter des CDMI, referierte über neue Geschäftsmodelle im Internetzeitalter. Aufbauend auf Thesen der amerikanischen Management-Gurus Thomas Friedman und Joseph Pine ging er der Frage nach, was neue Finanzierungmodelle (crowd sourcing) und eine individualisierte Produktion (tribe customization) für den Produktions- und Distributionsstandort China bedeuten werden.

Der Shanghaier Experte für Urheberrecht, Professor LIU Xiaohai von der Tongji-Universität Shanghai, verwies auf die steigende Bedeutung von Markenrechten und Warenzeichen für chinesische SMEs. Noch zu wenige KM-Unternehmen würden hier sorgfältig und strategisch vorgehen.

Für den Nachmittag hatten die Veranstalter zu einem „Unternehmer-Salon“ eingeladen. Rund 120 Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen aus Xi’an und der Shaanxi-Provinz nahmen an diesem Erfahrungsaustausch teil. Dabei wurden die Herausforderungen für die Agrarindustrie, die Verarbeitende Industrie und den Service-Sektor getrennt erörtert.

Großes Potential für e-commerce, aber auch erhebliche Anlaufschwierigkeiten, gibt es im Bereich der Nahrungsmittelerzeugung. Schlüssel für den Erfolg ist, das in den letzten Jahren durch Lebensmittelskandale schwer beeinträchtigte Vertrauen der Verbraucher wieder herzustellen. Das Beispiel der Firma „potato sister“ zeigte jedoch, wie rasch sich auch ein landesweiter Vermarktungserfolg einstellen kann, wenn die Verbraucher von der Qualität des Produktes überzeugt werden können. Wichtig ist ferner der Kooperation mit erfahrenen Geschäftspartnern, etwa aus führenden Lebensmittel-Nationen USA und Deutschland.

Für die traditionelle verarbeitende Industrie werden gravierende Umbrüche zu erwarten sein. Viele Unternehmen müssen sich auf neue Management-Formen, hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit von Ressourcen (real time) und eine neue „Mischwirtschaft“ mit dem Dienstleistungssektor einstellen.

Die neue Internet-Ökonomie bietet, so das Fazit der Diskussion, gerade für Städte zweiter und dritter Ordnung wie Xi’an, aber auch ländliche Gegenden, hervorragende Möglichkeiten, den bevorstehenden Wandel der chinesischen Wirtschaftsstruktur aktiv zu begleiten und davon zu profitieren. Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter, aber auch eine innovationbereite Politik und Verwaltungen sind die wichtigsten „Zutaten“ dieser neuen „Mischwirtschaft“ (mixed economy).

Bei der Veranstaltung anwesend waren eine Reihe lokaler Journalisten von Zeitungen und Hörfunk. Über die Kommunikationsplattform WeChat wurden Ergebnisse und Kommentare online und in Echtzeit einem interessierten Teilnehmerkreis außerhalb der Tagung zur Verfügung gestellt.

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Tim Wenniges

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