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Veranstaltungsberichte

Strategische Partnerschaft?

Die europäisch-chinesischen Beziehungen unter neuer Führung

Am 4. und 5. März 2013 organisierte die Graduate School of Global Politics der FU Berlin und die Renmin Universität mit Unterstützung der KAS/Peking einen Workshop über die Auswirkungen des Führungswechsels auf die sino-europäischen Beziehungen.

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Die strategische Partnerschaft zwischen der EU und China feierte unlängst ihr zehnjähriges Bestehen. Die anfängliche Freude darüber ist jedoch allmählich, parallel zum ununterbrochenen Aufstieg des ostasiatischen Landes, einer gewissen Ernüchterung gewichen. Die Partnerschaft ist über weite Strecken leblos und inhaltsschwach geblieben, viele Kooperationsprojekte verhedderten sich angesichts divergierender Interessen. Zuletzt wurde das noch junge Bündnis immer häufiger von Konflikten geprägt: WHO-Rechtsstreitigkeiten aufgrund der von der Volksrepublik verhängten Exportbegrenzungen von seltenen Erden oder EU-Proteste über unlautere Subventionen aus Peking für die grüne Industrie haben das bilaterale Verhältnis merkbar belastet. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Regierungswechsel sowohl im Reich der Mitte als auch in europäischen Staaten, unterstützte die Konrad-Adenauer-Stiftung Peking einen vom „UACES Collaborative Research Network on Eu-China Relations“ organisierten Workshop zum Thema „Strategic Partnership? EU-China Relations under a New Leadership“.

Ziel der Veranstaltung war es, den bilateralen Austausch und das gegenseitige Verständnis zu fördern; die Themenpalette war breit angelegt, um der Komplexität der chinesisch-europäischen Beziehungen Rechnung zu tragen: Es ging u. a. um die Rolle der neuen Regierungen bei der (Neu)Kalibrierung einer strategischen Partnerschaft, strategische Ressourcen, Handelsbeziehungen und Urbanisierung. Die Workshopreferenten (Dozenten, Professoren, Doktoranden, Forschungsbeauftragte, EU-Delegierte) stellten im Rahmen von Paneldiskussionen ihre Forschungspapiere zu den jeweiligen Themenpunkten vor.

Ein wichtiger Erkenntniszuwachs stellte den im Westen gerne übersehenen Umstand dar, dass im politischen System des asiatischen Partners das Hauptaugenmerk auf kontinuierlicher Entwicklung und nicht auf radikalen Kursänderungen liegt. Vor diesem Hintergrund sind die entscheidenden Einflussfaktoren des bilateralen Verhältnisses nicht die Regierungen selbst, sondern eher Randentwicklungen in den einzelnen Bereichen der Partnerschaft. So spielen das Verhalten ausländischer Unternehmen und Handelsstreitigkeiten eine größere, greifbarere Rolle. Das Panel, das sich mit Ressourcen und Handelsbeziehungen befasste, kam zu dem Ergebnis, dass sich mit Chinas Entwicklung und Europas Krise die Konfliktzonen vergrößert haben. Der Zwist um die Exportquoten bei seltenen Erden, Gerangel um die korrekte technische Standardisierung bei der gemeinschaftlich geförderten Elektromobilität, oder europäische Vorwürfe einer Wettbewerbungsverzerrung durch illegale Staatssubventionen des Solarsektors dokumentieren die derzeitige Abstimmungsproblematik. Während sich die EU und die Volksrepublik früher durch internationale Arbeitsteilung gut ergänzten, haben sich infolge zunehmender Sophistizierung der eignen Technologien schlicht mehr Reibungsflächen gebildet. Allerdings sind gleichzeitig auch neue Spielräume für Zusammenarbeit entstanden: So möchte die in rasendem Tempo verstädternde Nation von Europas Erfahrungen bei der Urbanisierung und der damit verbundenen Eingliederung von zugezogenen, meist armen Migranten profitieren. Auch in Sachen Abfallwirtschaft gibt es vielversprechende Kooperationsansätze. Beide Seiten könnten durch die Übernahme von in Europa bereits erprobten Ansätzen zur Effizienzsteigerung der Müllwirtschaft, wie zum Beispiel integrierte Wertstoffkreisläufe und Mülltrennung, profitieren. Auf dem Gebiet der „Diplomatie von unten“, also dem direkten Bürgeraustausch, zum Beispiel in Form von studentischen Austauschprogrammen, sollte, gemäß der Workshopteilnehmer, nicht nachgelassen werden, um mit Hilfe von gegenseitigem Kulturverständnis die europäisch-chinesischen Beziehungen auf ein solides Fundament zu stellen.

Der Gesamttenor der Veranstaltung fiel insgesamt sehr positiv aus. Die Organisationsleiterin Dr. des Frauke Austermann, Assistenzprofessorin der ESSCA School Management, Shanghai, bemerkte im Schlusswort, dass im Laufe der Zeit zwar viele latente und konkrete Konflikte ausgebrochen wären, welche aber am besten im Rahmen einer Partnerschaft gelöst werden könnten. Beiden Seiten sei zudem bewusst, dass man globalen und grenzüberschreitenden Problemen wie dem Klimawandel nur gemeinsam effektiv begegnen könne. Der Workshop trug aufgrund der reichhaltigen Vorträge und der mit großer Offenheit geführten Debatten zu einem vertieften gegenseitigen Verständnis der aktuellen Problemlagen und Positionen bei und dürfte in diesem Sinne zukünftige Abstimmungs- und Kommunikationsanstrengungen erleichtern. Als sehr erfreulich hervorzuheben ist zudem das Interesse chinesischer Moderatoren an europäischen Perspektiven, was durchaus als Beleg für die weiterhin vorhandene Offenheit von chinesischen Experten in Bezug auf Input von außen zu werten ist.

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