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von Gerhard Wahlers

Vor genau 40 Jahren begann die Reform- und Öffnungspolitik der Volksrepublik China. Sie bereitete nicht nur den Weg für die Befreiung hunderter Millionen Menschen aus der Armut, sondern leitete auch Chinas Entwicklung zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ein. Während Deng Xiaoping, der Urheber der Reformpolitik, jedoch noch Zurückhaltung in der Weltpolitik propagierte, präsentiert sich das heutige China unter der Führung von Staatspräsident Xi Jinping selbstbewusster denn je.

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Dies zeigt sich nicht zuletzt in globalen Initiativen wie der „Neuen Seidenstraße“, regionalen Foren wie der „Shanghai Cooperation Organisation“, dem „16+1-Gipfel“ oder Strategien wie „Made in China 2025“, sondern auch im militärischen Erstarken der Volksrepublik und der Erhebung von Gebietsansprüchen im Süd- und Ostchinesischen Meer.

Während diese Entwicklungen in Europa in der Vergangenheit als regionales Phänomen aus der Ferne betrachtet wurden, finden sich die EU-Staaten inzwischen mitten im Einflussgebiet chinesischer Initiativen und Investitionen wieder. Die globale Ausdehnung Chinas und die eigens gesetzte Zielmarke, bis 2049 – zum hundertjährigen Bestehen der Volkrepublik – zur führenden Industrienation der Welt aufzusteigen, sorgen vor allem im Westen für Unsicherheit und werfen die Frage auf: Beherrscht Peking bald die Welt?

Chinas regionaler Führungsanspruch stellt hierbei besonders die Nachbarstaaten vor sicherheitspolitische Herausforderungen, die sich teilweise in Territorialstreitigkeiten zur See oder auf dem Lande widerspiegeln. Nicht zuletzt die massive militärische Aufrüstung lässt in der Region und darüber hinaus Zweifel an der Frieden und Stabilität betonenden chinesischen Rhetorik aufkommen.

Dementsprechend skeptisch betrachten westliche Beobachter auch Chinas Engagement in Afrika und anderen Teilen der Welt, das über Handel, Infrastrukturmaßnahmen und Investitionen weit hinausgeht. Obwohl die Aktivitäten Pekings auf dem afrikanischen Kontinent in Teilen der dortigen Bevölkerung durchaus positiv betrachtet werden, sehen Kritiker mögliche Schuldenfallen und sich hieraus ergebende Abhängigkeiten.

Ähnliche Bedenken werden in jüngster Zeit auch gegenüber Pekings Investitionspolitik in Europa immer lauter. Während in Deutschland die Sorge vor dem Ausverkauf von heimischen Schlüsseltechnologien wächst, reicht der Einfluss Chinas in anderen europäischen Staaten bereits weit genug, um die dortige Kritik am eigenen Land im Keim zu ersticken.

Längst geht es bei der Debatte um Chinas investitionspolitische Motive, strategische Interessen und Anstrengungen zur Ausweitung der eigenen soft power jedoch nicht mehr um Einzelfälle. Vielmehr rückt hierbei der sich zunehmend abzeichnende Wettbewerb zwischen autokratisch und demokratisch geführten Staaten in den Vordergrund.

Vor allem in westlichen Demokratien, die sich selbst dem Erstarken nationalistischer Parteien gegenüber sehen, verfolgt man zunehmend besorgt, welche Anziehungskraft das chinesische Entwicklungs- und Systemmodell auf autokratisch geführte Staaten in Asien, Afrika, Lateinamerika, aber inzwischen auch Europa ausübt und hier scheinbar eine Alternative zu Demokratie und Rechtsstaat anbietet.

Chinas eindrucksvoller Aufstieg über die letzten Jahrzehnte hat auch für den Rest der Welt tiefgehende Veränderungen mit sich gebracht. Während viele Länder - darunter auch Deutschland - vom wirtschaftlichen Aufschwung Chinas profitierten, hat sich das Land inzwischen zu mehr als nur einem Handelspartner entwickelt. Die größtenteils durch staatliche Unterstützung erwirkte Konkurrenzfähigkeit chinesischer Unternehmen und die Attraktivität des chinesischen Wachstumsmodells auf zahlreiche Länder stellen den Westen vor neue Herausforderungen.

Wie vielgestaltig diese Herausforderungen sind und welche Folgen der wachsende chinesische Einfluss für den Rest der Welt mit sich bringt, erörtern die Autorinnen und Autoren dieser in Kooperation mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entstandenen Sonderausgabe der Auslandsinformationen (Ai) in den nachfolgenden Beiträgen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Ihr

Dr. Gerhard Wahlers ist Herausgeber der Auslandsinformationen (Ai), stellvertretender Generalsekretär und Leiter der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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