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Länderporträt Jordanien

Vom Exporteur zur Zielscheibe islamistischer Kämpfer?

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von Annette Ranko, Imke Haase und Mona Deeb

Seit den 1970er Jahren, spätestens aber seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der UdSSR, spielt in der Region des Nahen und Mittleren Osten vornehmlich islamistisch geprägter Extremismus eine politische Rolle, während linke, pan-arabisch orientierte Gruppierungen ihre Anziehungskraft verloren haben. So auch in Jordanien. Das Königreich war in der Vergangenheit zwar selbst kein primäres Anschlagsziel islamistischen Terrors, doch einschlägige jihadistische Kämpfer und Denker kommen aus Jordanien, so beispielsweise der 2006 durch einen amerikanischen Luftangriff im Irak getötete Abu Musab al-Zarqawi, der ehemalige Führer von al-Qaeda im Irak (einem Vorläufer des sogenannten Islamischen Staates) oder der palästinensisch-jordanische Abu Muhammad al-Maqdisi, der als einer der einflussreichsten jihadistischen Ideologen weltweit gilt.

Während andere arabische Länder von Terrorwellen erschüttert wurden, wie beispielsweise Ägypten oder Algerien in den 1990er Jahren, wurde Jordanien selbst zunächst nicht vom Terror erfasst. Einen Wendepunkt erlebte das Land allerdings im Jahr 2005, als sich gleichzeitig drei Selbstmordattentäter in Luxushotels in der Hauptstadt Amman unter die Gäste, unter anderem unter eine Hochzeitsgesellschaft, mischten und in die Luft sprengten und dabei 60 Menschen umbrachten. Der Anschlag wurde von al-Qaeda im Irak ausgeführt, unter Anleitung des jordanischen Führers der Gruppe, Abu Musab al-Zarqawi. Die Attentäter waren über den Irak nach Jordanien gekommen. Obwohl das Land nach diesem Schock zunächst keinen weiteren Anschlag erlitt, so wuchs doch die Angst davor, insbesondere seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Muhammad Mursi in Ägypten 2013 und dem Aufstieg des Islamischen Staates (IS) im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs seit 2014.

Der Sturz Muhammad Mursis durch das ägyptische Militär radikalisierte zahlreiche junge Islamisten und führte zu einem Aufflammen islamistischer Gewalt insbesondere in Ägypten. Aber auch über Ägyptens Landesgrenzen hinaus wurde Mursis Sturz von Islamisten unterschiedlicher Couleur in der gesamten Region wahrgenommen, diente ihnen zu Aufrufen zu Gewalt und führte zu einem Zuwachs an Anhängern bei gewaltbereiten Gruppen, vornehmlich dem IS. Jordaniens unmittelbare Nachbarschaft zu den Konflikten in Syrien und dem Irak und die Tatsache, dass sich in den letzten sechs Jahren geschätzte 3000 Jordanier den großen jihadistischen Gruppen dort, insbesondere IS und al-Nusra Front, anschlossen, befeuerte die Sorge, dass auch Jordanien selbst in naher Zukunft mehr islamistisch-motivierten Terror erleben könnte – entweder durch Terroristen, die über die Landesgrenzen kommen könnten wie einst 2005, durch Schläferzellen im Land oder schließlich durch jordanische IS-Rückkehrer aus syrischen und irakischen Gebieten.

Und in der Tat ereignete sich 2015 und 2016 eine Reihe von Anschlägen, bei denen nicht nur Sicherheitskräfte, sondern auch ein Intellektueller zur Zielscheibe des islamistischen Terrors wurden. Grund genug, um ein Augenmerk auf Jordanien zu legen: welche Anschläge ereigneten sich in dem Land, wie ist das islamistische Spektrum im haschemitischen Königreich Jordanien zusammengesetzt, welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass das Land lange nicht im Fadenkreuz von Jihadisten stand und welche Faktoren lassen jedoch gegenwärtig die Gefahr von islamistischer Radikalisierung und Attentaten steigen?

Anschlagsserie im Jahr 2015 und 2016

Eine bisher ungekannte Serie an Anschlägen erschütterte Jordanien im Jahr 2015 und 2016. Beginn dieser Kette von Angriffen war der 9. November 2015 – auf den Tag genau zehn Jahre nach den Hotelanschlägen Zarqawis – als der 28-jährige jordanische Polizist Anwar Abu Zeid zwei amerikanische und einen südafrikanischen Trainer sowie zwei Jordanier auf dem Gelände des King Abdallah International Police Training Center in der Nähe Ammans tötete und weitere Menschen verwundete. Die jordanische Regierung dementiert zwar, dass Abu Zeid radikalisiert war und vertritt stattdessen die These, dass er psychisch krank gewesen sei. Allerdings soll er während der Tat „Allahu Akbar“ gerufen haben und er wurde zudem sowohl von seiner Familie als auch in dem Online-Magazin des IS (Dez. Ausgabe 2015) als Märtyrer gepriesen.

Weiterer Wendepunkt in Jordaniens jüngerer Geschichte war die Aushebung einer IS-Zelle bestehend aus 21 Mitgliedern (alle Jordanier) in Irbid, einer Stadt im Norden des Landes. Am 1. März 2016 kam es hierbei zu einer 17-Stunden Schießerei. Der Vorfall konstatierte erstmals, dass der IS auch in Jordanien selbst Fuß gefasst hatte. Die Zelle hatte Anschläge auf eine Universität, ein Krankenhaus und auf Militärziele geplant. Besorgnis erregend war, dass die Gruppe sich trotz der hohen Sicherheitskontrolle etablieren konnte und nur durch Zufall entdeckt worden war, da sich ein Mitglied auffällig oft zwischen verschiedenen Wohnungen in Irbid bewegt hatte.

Weitere Anschläge folgten: Am 6. Juni 2016 wurden fünf jordanische Geheimdienstmitarbeiter in der Nähe des al-Baqaa Flüchtlingscamps erschossen. Eine Woche später wurden sechs jordanische Soldaten im syrisch-jordanischen Grenzgebiet in Ruqban getötet, der Anschlag wurde von IS deklariert. Am 26. September 2016 wurde erstmals auch ein Intellektueller und kein Mitglied des Sicherheitsapparats Opfer des Terrors: Nahed Hattar wurde durch einen mehrfachen Kopfschuss vor einem Gericht von einem jordanischen Ingenieur, der als Islamist galt, getötet. Hattar war vor Gericht angeklagt, da er auf sozialen Medien eine Karikatur über den IS geteilt hatte, die als Islam-feindlich empfunden wurde. Er hatte deshalb bereits im Vorfeld Morddrohungen erhalten.

International erzielten jedoch die Vorkommnisse des 18. Dezember 2016 die meiste Aufmerksamkeit, als mehrere Personen eine Polizeipatroullie in al-Qatranah angriffen, einem Dorf in der Nähe Karaks. Bei ihrer Flucht nahmen die Angreifer Touristen in der Burg von Karak als Geiseln, zehn Menschen starben, darunter eine kanadische Touristin, und 34 Personen wurden verletzt. Der IS behauptete, dafür verantwortlich zu sein. Skandalös war dieser Vorfall für die Sicherheitskräfte, vor allem weil sie nur mit Unterstützung der Bevölkerung die Islamisten besiegen konnten. Als Reaktion darauf wurden personelle Veränderungen hochrangiger Verantwortlicher in den Sicherheitsdiensten vorgenommen. Zumindest im Jahr 2017 kam es zu keinen weiteren Anschlägen mehr.

Islamistische Akteure in Jordanien

Das islamistische Spektrum in Jordanien ist jedoch breit und umfasst neben Jihadisten auch andere, gewaltlose Strömungen. Das Spektrum lässt sich grob in vier Lager aufteilen.

Traditionell stärkster Akteur ist die Muslimbruderschaft und ihre politische Partei Islamic Action Front (IAF). Die Gruppe wurde 1946 gegründet und war über Jahrzehnte, bis in die Mitte der 1990er Jahre hinein, eine vom König favorisierte gesellschaftliche und politische Kraft mit großem Einfluss im Bildungs- und Kulturbereich und mit einem großen Netz an sozialen Wohlfahrteinrichtungen. Die Muslimbruderschaft und ihre Partei streben traditionell einen graduellen sozialen und politischen Wandel Jordaniens an und lehnen hierbei den Einsatz von gewaltsamen Mitteln ab. Sie verurteilen den Staat und die Regierung Jordaniens nicht als „ungläubig“ und bekämpfen beide daher nicht mit Gewalt. Neben den Wohlfahrtsdienstleistungen, die der Gruppe eine relativ breite Unterstützung im Volk bescherte, ist die politische Partei der Gruppe, die IAF, traditionell die stärkste politische Oppositionspartei und gilt vor allem den Jordaniern palästinensischen Ursprungs als ihr politischer Repräsentant. Bei den bisher freisten Wahlen im Jahr 1989 konnte die Gruppe 27,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Heute schätzen Experten die Popularität der Muslimbrüder jedoch etwas niedriger ein, da viele von der schlechten Performanz der ägyptischen Muslimbrüder, die nach dem Arabischen Frühling im Nachbarland Ägypten an die Macht kamen, tief enttäuscht waren. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Parlamentswahlen von 2016 und den Kommunalwahlen von 2017 wider.

Weiterer großer, aber unpolitischer Teil des islamistischen Spektrums sind die quietistischen Salafisten, die ebenfalls Gewalt ablehnen. Durch saudische Petrodollar gefördert, wuchs diese Strömung seit den 1980er Jahren in Jordanien an. Weiter gestärkt wurde sie durch zahlreiche jordanische Gastarbeiter, die in Saudi-Arabien mit salafistischer Lebensweise und Ideen in engen Kontakt kamen und diese, zurück in ihrem Heimatland, weiter verfolgten. Quietistische Salafisten streben eine Rückkehr zum vermeintlich ursprünglichen Islam an, wie er zu Zeiten Muhammads praktiziert wurde. Sie lehnen eine Beteiligung an politischen Prozessen ab und sind ausschließlich auf die Erziehung der Gesellschaft zu mehr Frömmigkeit fokussiert.

Dabei sind sie der Meinung, dass es lediglich eine einzig wahre Form des Islam gibt, die sich aus einem strikt wörtlichen Verständnisses der religiösen Quellen, Koran und Sunna, ergibt. Darüber hinaus sind sie der Überzeugung, dass der „rechte“ Glaube stets mit dem „rechten“ Handeln verbunden sein muss, ja der Glaube sich sogar erst im alltäglichen „rechten“ Handeln konstatiert. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich von den Muslimbrüdern, die das alltägliche Handeln eines Individuums nicht als direkten Beleg für Glauben oder Unglauben eines Individuums sehen und die auf keiner wortgetreuen Auslegung der religiösen Quellen bestehen, sondern menschliche Interpretation dabei zulassen und somit auch anderen islamischen Strömungen oder Konfessionen gegenüber toleranter eingestellt sind. Eine Gemeinsamkeit von quietistischen Salafisten und Muslimbrüdern ist jedoch, dass auch erstere Staat und Herrscher nicht als „ungläubig“ bewerten und daher nicht zu deren Bekämpfung aufrufen.

Anders verhält sich dies im dritten und vierten islamistischen Lager innerhalb des islamistischen Spektrums in Jordanien: beide sind jihadistisch-salafistisch. Sie glauben ebenso wie die quietistischen Salafisten, dass es lediglich eine einzige korrekte Form gibt, den Islam zu leben und zu verstehen. Auch sie legen Koran und Sunna wörtlich aus und berufen sich dabei meist auf identische rechtliche und theologische Konzepte und Instrumente wie die quietistischen Salafisten. Allerdings kommen die Jihadisten zu dem Schluss, dass die heutigen Staaten und Herrscher der arabischen Welt „ungläubig“ seien und mit unrechtmäßigen Besatzern muslimischer Territorien, v.a. den USA und Israel, kollaborierten und daher mit Waffengewalt zu bekämpfen seien. Die Jihadisten – oder die mit Jihadisten sympathisierenden Jordanier – spalten sich grob gesagt in zwei Lager: einem al-Qaeda nahen und einen IS-nahen. Deutlichster Unterschied zwischen beiden ist, dass das IS nahe Lager Abu Bakr Al-Baghdadi als Kalifen anerkennt, während dies das al-Qaeda Lager nicht tut. Darüber hinaus ist letzteres Lager durch strikteres juristisches Vorgehen bei der Auslegung der religiösen Quellen und bei der Begründung für Gewalttaten geprägt, als es das IS- nahe Lager ist. Daher werden die Gewalttaten des IS oft auch von al-Qaeda Anhängern aus religiöser, salafistischer Sicht als illegitim angesehen.

Jordanien – Bis 2015 kaum im Fadenkreuz islamistischer Terroristen

Trotz dieses recht lebhaften islamistischen Spektrums kam es in Jordanien lange nicht zu islamistisch motivierten Anschlägen. Drei Faktoren, die das Land kennzeichnen, und die alle eng ineinander greifen, haben dazu beigetragen: (i) die Regierungsweise im haschemitischen Königreich; (ii) der Umgang des Regimes mit dem gewalt-ablehnenden Teil des islamistischen Spektrums im Land; und (iii) eine Strategie des „teile und herrsche“, mit der das Regime die unterschiedlichen Gruppierungen des breiten islamistischen Spektrums gegeneinander auszuspielen versucht. Zwar scheint diese Strategie zumindest bis 2015 Erfolg gezeigt zu haben, sie wird jedoch von vielen Experten als „Spiel mit dem Feuer“ bezeichnet, dessen Konsequenzen für die Zukunft durchaus ambivalent sein können.

Staatsgründung und Regierungsführung: Ausgleich und Konsens

Jordanien gilt als nicht-demokratischer Staat, mit einem im exekutiven und legislativen Bereich stark auf den König zugeschnittenen politischen System. Tragende Elemente dieses Systems sind jedoch Kooptation, Konsens und Kooperation zwischen den Eliten. Repression ist ein weniger zentrales Element als in anderen arabischen Staaten, insbesondere den Republiken. Grund hierfür liegt auch in der Entstehungsphase des heutigen jordanischen Staates, die von einer gewissen Fragilität der Legitimität der Königsfamilie sowie Fragilität des Nationalgefühls geprägt war. Dies erforderte, dass König und Regierung mit Vorsicht zu agieren hatten und einen auf Ausgleich und Elitenkonsens ausgerichteten Regierungsstil entwickelten, der bis heute beibehalten wird. Dieser Regierungsstil trug lange dazu, dass sich Islamisten nicht explizit gegen den jordanischen Staat stellten und zu dessen Bekämpfung aufriefen.

Anders als die arabischen Republiken erlangten die arabischen Monarchien und mit ihnen Jordanien, ihre Unabhängigkeit von den Kolonialmächten nicht durch vom Volk getragene Unabhängigkeitskriege, Unabhängigkeitsbewegungen oder Putsche, die ihnen bis heute ein gewisses Maß an Legitimität beim Volk sichern. In den Monarchien wurde die Unabhängigkeit meist durch Verhandlungen der jeweiligen Könige mit den Kolonialmächten erreicht, in Jordanien im Jahr 1946. Die Verbindung der Haschemiten mit den Briten war insbesondere daher ausgesprochen eng, da es die Briten waren, die einen Haschemiten nach der Vertreibung der Osmanen im Jahr 1921 als König (bzw. damals Emir) in Jordanien (damals Transjordanien) einsetzten. Zu betonen ist dabei, dass die Haschemiten nicht aus dem Staatgebiet Jordaniens, sondern aus dem Hijaz im heutigen Saudi-Arabien stammen und somit über „fremdes“ Territorium zu regieren hatten – mit der Ausnahme der Küstenregion Aqabas und der Provinz Ma’an, die dem ursprünglichen Herrschaftsgebiet der Haschemiten, dem Hijaz, angehört hatten.

Darüber hinaus ist Jordanien selbst ein Staatsgebilde, das künstlich von den Kolonialmächten geschaffen wurde. Die Grenzen im Nordosten wurden derart gestaltet, dass eine Pipeline den Ölfluss vom britisch verwalteten Irak über das britisch verwaltete Jordanien bis ins britische Mandatsgebiet Palästina gewährleisten konnte. Die Grenzziehung im Süden sollte dem Land einen strategischen Zugang zum Roten Meer gewähren. Das neu geschaffene Staatsgebiet Jordaniens umfasste vor allem nomadisch lebende Stämme, die oft über Landesgrenzen hinweg vertreten waren. Ein natürliches Nationalgefühl gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Aus diesem losen Konglomerat musste erst eine Nation gebildet werden, und dies von einer Herrscherfamili e, die selbst von jenseits der Landesgrenzen stammte. Dazu kam, dass die Bevölkerung des Landes nach 1948, dem ersten israelisch-arabischen Krieg, immer heterogener wurde, da immer wieder Wellen palästinensischer Flüchtlinge ins Land kamen. Heute stellen sie ca. 60% der Bevölkerung dar.

In dieser Konstellation musste der König des Landes vorsichtig und mit Augenmaß agieren, um das Volk an sich zu binden und ein gewisses Maß an Legitimität für sich zu schaffen. Als Strategie werden hierzu bis heute führende Vertreter einflussreicher Stämme und Großfamilien in das politische System eingebunden und durch die Erteilung von Privilegien an den Staat gebunden. Vor allem im Militär, den Sicherheitskräften und im Parlament sind sie vertreten. Der Umgang mit diesen Eliten ist konsensorientiert. Ihre Aufgabe wiederum ist es, Güter und Dienstleistungen auf die lokale Ebene, an ihre Klientel weiter zu verteilen, um dessen grundlegende Loyalität für die bestehende politische und soziale Ordnung zu sichern. Darüber hinaus werden nicht nur bedeutende Vertreter einflussreicher Stämme in das politische System eingebunden, sondern auch Teile der Intelligentsia. Ihre Vertreter werden unter anderem als hochrangige politische Berater oder auch als Minister in das System zweitweise integriert. Die hohe Schlagzahl an Wechseln bei diesen Posten stellt sicher, dass eine relative große Zahl an Individuen am System beteiligt werden kann. Auch palästinensisch-stämmige Jordanier, die nicht in Stämmen sozial organisiert und selten in staatlichen Strukturen eingebunden sind, haben prinzipiell die Chance auf sozialen Aufstieg. Der privatwirtschaftliche Sektor ist von palästinensisch-stämmigen Geschäftsleuten geprägt, die es mitunter zu Reichtum und Ruhm gebracht haben. Zu betonen ist jedoch, dass ein System von Kooptation und Einbindung ausgewählter Individuen grundsätzlich auf dem Ausschluss anderer Individuen basiert und somit auch das Potenzial für massive Unzufriedenheit der „exkludierten“ Individuen birgt.

Im Vergleich zu anderen autoritären arabischen Staaten – insbesondere den Republiken wie bspw. Ägypten oder Syrien unter al-Assad – ist Repression in Jordanien, das stattdessen vermehrt auf Konsens und Kooptation setzt, weniger stark ausgeprägt. Polizeiwillkür und Folter werden vor allem von Oppositionellen aus Ländern wie Ägypten, Syrien, Libyen und dem Jemen als einer der Gründe für den Ausbruch der Massenproteste des Arabischen Frühlings von 2011 aufgeführt. Jordanische Experten und Oppositionelle beschreiben beide jedoch als weniger stark ausgeprägt in Jordanien. Damit wird zumindest in dieser Hinsicht der Nährboden für islamistische Radikalisierung nicht weiter aufgebläht. In anderen arabischen Ländern hingegen hat ausufernde Repression seitens des Staates immer wieder zur Radikalisierung von Teilen der Bevölkerung geführt, zuletzt bspw. in Ägypten seit 2013.

Muslimbrüder in Jordanien: Eine besondere Beziehung zum Staat

Der Umgang des Staates mit den jordanischen Muslimbrüdern spielt auch eine entscheidende Rolle, dabei weshalb es – zumindest bis 2015 – wenig islamistisch motivierte Attentate im Land gab. Traditionell genossen die Muslimbrüder seit den 1950ern Jahren eine privilegierte Partnerschaft mit dem Königshaus, da sie ihm als Bollwerk gegen die Linken und panarabischen Kräfte dienen sollten. Insbesondere Bildungs- und Kulturministerium wurden Muslimbrüdern übertragen. So konnten diese über Jahrzehnte hinweg konservativ islamische Werte und ihr Gedankengut tief in der jordanischen Gesellschaft verankern. Während in den Republiken, insbesondere in Ägypten, die Muslimbrüder vor allem in den 1950er und 1960er Jahren inhaftiert und unterdrückt wurden und dort als Resultat der gewaltbereite Islamismus geboren wurde – in Form von Sayyid Qutbs Werk „Wegmarken“, das die ägyptische Regierung als Ungläubige und damit als vogelfrei erklärte – konnten die Muslimbrüder zur selben Zeit in Jordanien frei agieren und wendeten sich daher nicht gegen den jordanischen Staat.

Die Partnerschaft zwischen jordanischen Muslimbrüdern und Königshaus brach jedoch 40 Jahre später, seit den 1990ern Jahren, sukzessive auf : (i) durch die Unterzeichnung des jordanisch-israelischen Friedensvertrags 1994, den die Gruppierung ablehnte; (ii) durch die Inthronisierung eines neuen Königs 1999, der den Muslimbrüdern anders als sein Vater abgeneigt zu sein scheint; (iii) durch den Arabischen Frühling seit 2011. Auch die Muslimbrüder Jordaniens hofften 2011 darauf, dass Massenproteste freie Wahlen erzwingen könnten, aus denen dann die Muslimbrüder selbst, ebenso wie in Tunesien und Ägypten, als stärkste Kraft hervorgehen und eine Regierung stellen könnten. In diesem Glauben lehnten die Muslimbrüder Gesprächsangebote der jordanischen Regierung ab, in denen sie über eine begrenzte Einbindung in die Regierung – nach den Vorgaben der Regierung und des Königshauses – hätten verhandeln können. Im Gegenzug ging das Regime ungewohnt harsch gegen die Gruppe vor: es nahm die Schließung der Zentrale der Muslimbruderschaft vor, verbot die Organisation der Muslimbruderschaft, so dass nur noch die politische Partei der Gruppe, die Islamic Action Front (IAF) bestehen blieb. Aber dennoch: zum radikalen Bruch in Form einer großen Inhaftierungswelle und Anwendung von Gewalt gegenüber der Gruppierung kam es nicht. Zudem stellt sich die Frage, ob mit den jüngsten Wahlen von 2016 und 2017 bereits eine leichte Abkehr dieser „Politik der Entfremdung“ zu erkennen ist. 2016 wurde die IAF bei Parlamentswahlen stärkste Partei im Parlament, wenn auch mit insgesamt wenig Sitzen (10 Sitze).

Bei den Kommunalwahlen 2017 gewann neben Sitzen in verschiedenen Regionalräten ein prominenter Muslimbruder, Ali Abu al-Sukkar, das Bürgermeisteramt in Zarqa, der drittgrößten Stadt des Landes. (Zu den Kommunalwahlen von 2017 siehe A. Ranko et al., „Decentralization Efforts in Jordan: The Municipal and Governorate Council Elections of August 2017“, Country Report, Konrad-Adenauer-Stiftung Jordanien, Oktober 2017.) Das Regime hat den Muslimbrüdern somit wieder einen gewissen Raum im politischen System gewährt.

Viele Experten schätzen es so ein, dass solange die Regierung keinen offenen Bruch mit den Muslimbrüdern eingeht und keine stark repressive Strategie ihnen gegenüber einnimmt, die Radikalisierung eines Großteils des islamistischen Spektrums vorgebeugt werden kann. Andere Experten sehen jedoch eine Gefahr in der jordanischen Muslimbruderschaft selbst und in ihrem traditionell starken sozialen Einfluss. Zwar hat die Gruppe seit ihrer Gründung keine Beteiligung an Gewalt vorzuweisen, jedoch werten sie manche Experten als Transmissionsriemen, ähnlich einer Art „Einstiegsdroge“ für extremere Formen des Islamismus, namentlich den salafistischen Gruppierungen.

Klar ist jedoch, darüber sind sich Experten einig, dass das jordanische Königshaus wohl so bald keine radikal ablehnende Haltung gegenüber den Muslimbrüdern entwickeln wird. Die Haschemiten selbst berufen sich auf eine religiöse Legitimität als direkte Abkommen des Propheten Muhammads. Deshalb fällt es, laut Experten, nicht nur dem Königshaus schwer mit gewalt-ablehnenden Islamisten radikal zu brechen, sondern auch den Muslimbrüdern würde es schwer fallen, sich radikal gegen das Königshaus als direkte Abkommen des Propheten zu wenden. Aus derselben Logik heraus verfolgt das jordanische Regime auch eine besondere Strategie im Umgang mit dem breiteren islamistischen Spektrum.

Das Regime und das islamistische Spektrum: „teile und herrsche“

Eher als den Spielraum der islamistischen Kräfte insgesamt zu minimieren, verfolgt Jordaniens Regime die Strategie, den Islamisten einen gewissen Raum zu gewähren, dabei aber die einzelnen Gruppierungen in sich zu spalten sowie die einzelnen Lager des Spektrums gegeneinander auszuspielen oder als Bollwerk gegeneinander einzusetzen.

Um die Muslimbruderschaft während des Arabischen Frühlings zu schwächen, zu diesem Zeitpunkt galt diese Gruppierung als die größte politische Gefahr für das Regime, wurden beispielsweise Abspaltungstendenzen innerhalb der Gruppe gefördert, so entstanden die Zamzam-Initiative und die Muslim Brotherhood Society mit Wohlwollen und quasi unter Schirmherrschaft des Staates. Beiden gelang es mittelfristig aber nicht, zu einem tatsächlichen Konkurrenten der Muslimbruderschaft zu avancieren.

Während des Arabischen Frühlings, ab 2011, wurden außerdem die Salafisten als Gegengewicht zu den Muslimbrüdern gefördert. Dies betraf nicht nur quietistische Salafisten, sondern letztendlich auch den jihadistischen Teil der Bewegung, gegen den die Sicherheitsdienste seit den Anschlägen von 2005 eigentlich strikt vorgegangen waren. Nun jedoch wurde ihnen wieder mehr Handlungsfreiraum gewährt. In diesem Kontext wurden auch zwei der prominentesten jihadistischen Vordenker aus der Haft entlassen: Abu Qatada und al-Maqdisi.

Diese beiden, al-Qaeda nahen Denker wurden kurz darauf ebenfalls vom Regime dazu eingesetzt, um als Gegengewicht zu einem weiteren islamistischen Akteur zu fungieren: dem IS und seinen Sympathisanten in Jordanien. Denn beide Ideologen verurteilen sowohl die Ideologie als auch die Vorgehensweise des IS als nicht konform mit der korrekten, salafistischen Auslegung von Koran und Sunna. Diese Strategie des Regimes zeigte zumindest in Syrien einen Effekt: dort weitete sich die Spaltung zwischen dem IS und dem al-Qaeda Ableger vor Ort.

Ein Richtungswechsel in der jordanischen Politik gegenüber dem gesamten jihadistischen Lager im Land ist jedoch seit den Anschlägen 2016 zu konstatieren. Die Sicherheitsdienste, die zu den professionellsten in der gesamten Region gezählt werden, gehen nun erneut mit harter Hand gegen Jihadisten jeglicher Couleur und deren Sympathisanten vor.

Einige Experten bewerten jedoch die Strategie des Regimes, islamistischen Kräften insgesamt einen nicht unerheblichen Spielraum zu gewähren sowie in wechselnden Konstellationen einzelne Strömungen gegenüber anderen zu stärken nicht als ein Erfolgsrezept sondern als ein „Spiel mit dem Feuer“, dessen Konsequenzen sich in den nächsten Jahren in Form vermehrter islamistischer Anschläge zeigen könnten. Denn in der Tat kommen in Jordanien momentan einige Faktoren aufeinander, die eine zunehmende Radikalisierung im Land befürchten lassen.

Faktoren für Radikalisierung

Es ist vor allem Jordaniens unmittelbare Nähe zu zentralen Konflikten in der Region – in Ländern zu denen viele Jordanier verwandtschaftliche Beziehungen haben – sowie die angespannte wirtschaftliche Situation Jordaniens, die sich seit dem Ausbruch der regionalen Krisen weiter zugespitzt hat, die die Sorge vor einer zunehmenden Radikalisierung in der Bevölkerung nähren.

Die Nähe zu regionalen Konflikten

Ein bedeutender Grund dafür, dass aus Jordanien bereits in der Vergangenheit eine nicht unerhebliche Anzahl an jihadistischen Führern, Ideologen und Kämpfern kamen, die dann aber meist im Ausland aktiv wurden, ist unter anderem die Nähe des Landes zum israelisch-palästinensischen Konflikt und die Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung palästinensisch-stämmig ist. Nach der arabischen Niederlage gegenüber Israel im Krieg von 1967 schlossen sich tausende junge Menschen in Jordanien dem Kampf der palästinensischen Nationalbewegung gegen Israel an. Insbesondere die Flüchtlingslager in den Städten wurden zu Hochburgen des Kampfs der palästinensischen Milizen. Diese Erfahrung etablierte den bewaffneten Kampfs als legitimes Mittel für Widerstand bei Teilen der Bevölkerung. Spätestens seit den 1990er Jahren und der Entstehung al-Qaedas waren es dann jedoch zunehmend die Islamisten – und nicht mehr die palästinensische Nationalbewegung – die sich den bewaffneten Kampf und den militärischen Sieg über Israel auf die Flaggen schrieben und dementsprechend Zulauf in Jordanien erhielten. In den letzten 10 bis 15 Jahren waren es dann die bewaffneten Konflikte in den unmittelbaren Nachbarstaaten des Landes, in Irak und Syrien, die das jihadistische Spektrum in Jordanien mobilisiert und vergrößert haben: Viele Jordanier, die mitunter auch durch familiäre Strukturen an die beiden Nachbarstaaten gebunden sind, schlossen sich den Kämpfen gegen die Invasion der USA im Irak 2003 oder gegen das autoritäre System Assads seit 2011 an. Offizielle Zahlen gibt es hierzu nicht. Schätzungsweise handelt es sich laut einigen Experten um eine Größenordnung von bis zu 3000 Personen.

Akut besteht die Gefahr, dass diese Kämpfer nach den jüngsten Gebietsverlusten der Jihadisten in Syrien und Irak im Jahr 2017 nach Jordanien zurückkehren und sich nun explizit gegen das jordanische Regime wenden könnten. Immerhin befinden sich in Jordanien nicht nur die Stützpunkte, von denen aus die USA, Frankreich und die Niederlande Luftschläge gegen den IS in Syrien und Irak ausführen bzw. ausführten und Deutschland Aufklärungsflüge fliegt, sondern Jordanien hat sich auch selbst am Kampf gegen den IS beteiligt. Anders als bei Kooperationen im Sicherheitsbereich in der Vergangenheit, hat das jordanische Regime seine eigene militärische Beteiligung am Kampf gegen den IS in den lokalen Medien öffentlich gemacht. Aufgrund dieser Beteiligung hat der IS bereits mehrfach gedroht, in Jordanien im Gegenzug vermehrte islamistische Anschläge zu verüben.

Soziale Ungleichheit und schleppende Reformen

Darüber hinaus hat sich insbesondere die wirtschaftliche Lage Jordaniens in den letzten Jahren weiter verschlechtert, so dass der Pool an frustrierten, arbeitslosen Jugendlichen, die die größte Risikogruppe in Bezug auf Radikalisierung darstellen, derzeit entsprechend hoch ist. Nicht unerheblich für die wirtschaftlichen Probleme des Landes waren der Wegfall zentraler Handelspartner Jordaniens, Irak und Syrien, im Zuge der Konflikte in den letzten Jahren. Mit der Schließung der Grenzen zu beiden Ländern gingen auch elementare Transitrouten für den Handel mit Drittstaaten verloren. Bis heute hat Jordanien es nicht geschafft, im ausreichenden Maß alternative Exportmärkte für sich zu erschließen. Darüber hinaus kam es seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs nach 2011 und insbesondere nach der brutalen Ermordung Moaz al-Kasasbehs, eines jordanischen Kampfpiloten, durch den IS im Jahr 2015 (allerdings auf syrischem, nicht jordanischem Territorium), die auch im Westen hohe mediale Aufmerksamkeit erlangte, zu einem massiven Einbruch der Einnahmen durch den Tourismus.

In der derzeitigen desolaten wirtschaftlichen Lage liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei ca. 36%. Verschärft wird die damit verbundene Frustration der Jugend durch ein Gefühl der Ungerechtigkeit, welches insbesondere mit wahrgenommener Vetternwirtschaft im Land zusammenhängt: Familien- und Stammeszugehörigkeiten sind zentral bei der Jobvergabe sowie beim Zugang zu Informationen und Ressourcen. Zu wirtschaftlichen Möglichkeiten haben damit nur bestimmten Stämme und Familien einen privilegierten Zugang. Dementsprechend ist die soziale Ungleichheit stark ausgeprägt. Die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen wird von vielen als zusätzliche Belastung wahrgenommen, die den Konflikt um begrenzte wirtschaftliche aber auch natürliche Ressourcen weiter verschärft und die soziale Kohäsion im Land potenziell gefährdet. Die Ausrufung eines Kalifats, gepaart mit dem Narrativ über die Errichtung eines vermeintlich idealen islamischen Staates, in dem alle Muslime unabhängig von Ethnien, Familien- oder Stammeszugehörigkeit gleichberechtigt unter den vermeintlichen Gesetzen Gottes leben, hat daher eine gewisse Strahlkraft auf die wirtschaftlich und dadurch oft auch sozial „abgehängte“ Jugend.

Auch politisch sieht sich die Jugend oft marginalisiert. Seit dem Scheitern des Arabischen Frühlings in der Region (mit Ausnahme Tunesiens) ist die Frustration über zu wenig politische Teilhabe gestiegen. Die jordanische Jugend ist im politischen System kaum repräsentiert und die politische Elite wird von einigen als nicht an effektiven demokratischen Reformen interessiert wahrgenommen. Die nach 2011 durchgeführten Reformen werden von einigen als nicht weitgehend genug empfunden. In seiner Propaganda zielte der IS in der Vergangenheit auch ganz explizit auf den gescheiterten Arabischen Frühling ab. Er stellte die damaligen Kräfte des Arabischen Frühlings als zu schwach und als Versager dar und sich selbst als die leuchtende, potente Alternative, der es gelungen war in kürzester Zeit nicht nur das Assad-Regime sondern auch den Westen in Bedrängnis zu bringen. So versuchen der IS und andere Jihadisten die Frustration der Jugend seit dem Arabischen Frühling für sich nutzbar zu machen.

Maßnahmen der Regierung und Zukunftsperspektiven

Das jordanische Regime versucht der Gefährdung einer zunehmenden Radikalisierung in der Bevölkerung zu begegnen, doch wie erfolgreich wird es hierbei sein? Jordaniens Geheimdienst gilt als einer der professionellsten in der Region und bietet hier – wie auch bisher – gute Voraussetzungen. Spätestens seit 2016 hat das jordanische Regime jedoch auch erkannt, dass es sich bei islamistischer Radikalisierung nicht nur um ein klassisches Sicherheitsproblem, sondern auch um ein Problem handelt, dem auf kulturell-gesellschaftlicher Ebene begegnet werden muss. So wurde 2016 das Portfolio der De-Radikalisierung an das Kulturministerium übertragen. Damit nimmt das jordanische Regime eine Vorreiterstellung in der Region ein und hebt sich deutlich vom, beispielsweise in Ägypten oder im Golf, zunehmenden verbreiteten Ansatz ab, Radikalisierung vorrangig bis ausschließlich aus der Sicherheitsperspektive zu betrachten. Innerhalb jordanischer Kreise ist jedoch die Kritik verbreitet, dass das Kulturministerium chronisch unterfinanziert und damit der wichtigen Aufgabe nicht gewachsen sei. Dazu kommt, dass sowohl der breite Mitarbeiterstab im Kultur- als auch im Bildungsministerium sowie im Bildungssystem selbst traditionell Muslimbruder nahe ist. Versuchte Schulbuchreformen der letzten Jahre, die eine Zurückdrängung des entsprechenden Gedankenguts zum Ziel hatten, haben hohes Konfliktpotenzial und Widerstand in der Gesellschaft gezeigt. Darüber hinaus scheint auch die regionalpolitische Großwetterlage weiterhin eine Radikalisierung zu begünstigen. Die Anerkennung des amerikanischen Präsidenten Donald Trumps von Jerusalem als Hauptstadt Israels Ende 2017 und seine Ankündigung entsprechend die US Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen wird radikalen Islamisten weiter in die Hände spielen. Für das jordanische Königshaus beginnt nun ein äußerst diffiziler Drahtseil-Akt. Als Schutzmacht der muslimischen und christlichen Stätten Jerusalems – und in gewisser Weise auch als Schutzmacht der Palästinenser – ist der jordanische König dazu gezwungen sich dafür einzusetzen, dass Jerusalem die Hauptstadt beider, Israelis und Palästinenser ist und dass die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung durch Trumps Entscheidung nicht weiter erodiert wird. Gleichzeitig jedoch ist Jordanien in hohem Maße abhängig von ausländischen Hilfen. Die USA ist hierbei, zusammen mit Saudi Arabien, der größte Geber. Fundamental wird sich Jordanien in seiner Außenpolitik somit nicht den US Interessen entgegen stellen können. Dabei kann Jordaniens Regime jedoch selbst leicht ins Fadenkreuz der Jihadisten geraten. Jordaniens aktive Teilnahme an der militärischen Koalition gegen den IS und deren Öffentlichmachung durch das jordanische Regime in den lokalen Medien sowie die Bereitstellung von Militärbasen für Amerikaner, Franzosen, Holländer und Deutsche in diesem Kampf hat das Land bereits auf den Radar des IS gebracht. In der heiklen Frage um den Status Jerusalems – das auch für Muslime und auch für die Jihadisten, eine zentrale religiöse Bedeutung hat – ist somit große Vorsicht für das jordanische Königshaus geboten, nicht erneut als aktiver „Kollaborateur“ der USA, und diesmal auch Israels, zu erscheinen.

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