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Annette Schavan, Portraitfoto 2013 Annette Schavan, Portraitfoto 2013 © Laurence Chaperon, CC BY-SA 3.0 de

Annette Schavan

Bundesministerin, Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl 10. Juni 1955 in Jüchen (Kreis Neuss)

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Kindheit und Ausbildung im Rheinland

Annette Schavan wurde am 10. Juni 1955 in Jüchen in einer katholischen Familie geboren. Ihr Vater war angestellter Kaufmann und ihre Mutter Hausfrau. Sie wuchs mit zwei jüngeren Brüdern im nahe gelegenen Neuss auf. Ihre Leidenschaft gehört dem Lesen und Sammeln von Büchern – ein Hobby, das sie bis heute pflegt. Das Abitur legte sie 1974 am Nelly-Sachs-Gymnasium in Neuss ab. Danach begann sie ihr Studium der Katholischen Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften, um – wie sie sagt - den „Dingen auf den Grund zu gehen“. Ihre Studienorte waren die Universitäten in Bonn und Düsseldorf.

 

Politisches Engagement

Schon während des Studiums trat Annette Schavan (1975) der CDU bei und begann ihre kommunalpolitische Laufbahn im Schul- und Umweltausschuss der Stadt Neuss. Danach saß sie von 1982 bis 1984 im Neusser Stadtrat. In der CDU engagierte sie sich für Frauenpolitik und wurde einige Zeit später Geschäftsführerin der Frauen-Union sowie Leiterin der Abteilung „Frauen- und Familienpolitik“ in der Bundesgeschäftsstelle der CDU. Vor der niedersächsischen Landtagswahl am 13. März 1994 gehörte sie als Kultus- und Frauenministerin zum Schattenkabinett des CDU-Spitzenkandidaten Christian Wulff, der sich aber nicht gegen den Amtsinhaber Gerhard Schröder (SPD) durchsetzen konnte. Ihr Aufstieg in den Parteivorstand der CDU erfolgte 1998, als sie auf dem CDU-Bundesparteitag in Bonn mit dem besten Ergebnis (89 % der Delegiertenstimmen) zu einer der vier Stellvertreterinnen und -vertreter des Parteivorsitzenden gewählt wurde. Von 1995 bis 2005 übernahm sie in Baden-Württemberg das Ministeramt für Kultus, Jugend und Sport und setzte die von ihrer Vorgängerin eingeleitete „innere Schulreform“ mit neuen fächerübergreifenden Lehrplänen fort. Ihr besonderes Augenmerk richtete sie auf die schulische Selbstständigkeit und die Modernisierung der gymnasialen Bildung. In ihre Amtszeit fiel im Jahr 2000 die Veröffentlichung einer von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) durchgeführten PISA-Studie („Programme for International Student Assessment“), die deutschen Schülern im Vergleich zu europäischen Altersgenossen ein sehr niedriges Bildungsniveau attestierte. Als Reaktion auf die alarmierenden Ergebnisse führte Annette Schavan in Baden-Württemberg den Fremdsprachenunterricht ab der ersten Grundschulklasse und das G8 (Gymnasialbesuch 8 Jahre) ein. Eine gründliche Reform der Bildungspläne für allgemein bildende Schulen war eine weitere Konsequenz.

Als enge Vertraute von Angela Merkel vergrößerte sich der Einfluss von Annette Schavan in der Bundes-CDU stetig. Sie bewarb sich nach dem vorzeitigen Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel im April 2005 um dessen Nachfolge. Nach einer gegen sie gerichteten Kampagne verlor sie jedoch bei einer Mitgliederbefragung mit nur 39,4 % der Stimmen deutlich, so dass am 21. April 2005 schließlich Günther Oettinger im Landtag zum neuen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt wurde. Im Herbst 2005 wechselte Annette Schavan in die Bundespolitik

Am 22. November 2005 wurde Annette Schavan zur Bundesministerin für Bildung und Forschung in die von Angela Merkel geführte Bundesregierung berufen. In ihrer Amtszeit wurden zahlreiche große Reformprojekte im deutschen Wissenschaftsbetrieb angestoßen und umgesetzt, z.B. die Exzellenzinitiative, der Hochschulpakt, der Pakt für Forschung und Innovation, der Qualitätspakt Lehre, die High-Tech-Initiative sowie der Ausbau der Forschungsförderung an den Fachhochschulen. Im Juli 2009 legte sie einen Zwischenbericht zur 2008 beschlossenen Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik vor und zog dabei eine positive Bilanz. Als wichtige Stichpunkte nannte sie dabei die von ihrem Ministerium finanzierten Alexander-von-Humboldt-Professuren, mit der herausragende internationale Forscher für Deutschland gewonnen werden sollten, den deutlichen Ausbau von Stipendien für Wissenschaftler sowie die gezielte Internationalisierung von Clustern und Netzwerken in der Forschung.

Die Aufwertung wissenschafts- und bildungspolitischer Themen in der Amtszeit Schavans an der Spitze des Bundesministeriums für Bildung und Forschung schlug sich auch im Beschluss des CDU-Deutschlands beim Bundesparteitag vom 13.–15. November 2011 in Leipzig zur „Bildungsrepublik Deutschland“ nieder.

Nachdem der Fakultätsrat der Universität Düsseldorf ihr am 5. Februar 2013 ihren Doktortitel entzogen hatte, trat sie mit Wirkung zum 14. Februar 2013 von ihrem Amt als Ministerin zurück.

 

Die Förderung junger Menschen

Ob im politischen oder religiösen Bereich - fast alle ihre Ämter spiegeln Schavans Engagement für junge, begabte Menschen wider. Als Leiterin des Cusanuswerkes, ein Begabtenförderungswerk für hervorragende katholische Studierende, unterstützte und förderte sie junge Talente, als Landesbildungsministerin stritt sie für verbesserte Bildungsbedingungen und in ihrer Funktion als Präsidentin der Kultusministerkonferenz kämpfte sie für eine Qualitätssicherung im deutschen Bildungswesen.

Die „Qualifizierung der jungen Generation“ versteht sie als „soziale Frage der Gegenwart“ und plädiert deshalb für einen Bewusstseinswandel innerhalb der Gesellschaft, um Bildung auch als zukunftsweisende Chance zu begreifen.

 

Der Glaube als Fundament allen Handelns

Für Annette Schavan gehört der Glaube zum Leben – egal, ob Zuhause, in der Gemeinde, im Beruf oder in der Politik. Nach ihrer Ansicht entsteht aus dem Glauben heraus „eine wichtige Einstellung zum Respekt gegenüber dem Menschen und der Würde seiner Freiheit“. Daher ist das Christentum für sie eine „wirksame Kraft gegen alles Totalitäre“ und ein wichtiger Kompass, der im täglichen Leben den Weg weist, indem er die Werte vorgibt, die das Handeln bestimmen. Aus diesem Grund nimmt für Annette Schavan die Rolle des Christentums in der Politik auch nicht ab. Für die praktizierende Katholikin ist das „C“ im Parteinamen der CDU nicht wegzudenken.

Auch die zahlreichen Stationen ihres beruflichen und akademischen Werdegangs verdeutlichen, wie eng Annette Schavan dem Katholizismus verbunden ist. So übernahm sie beispielsweise verschiedene Funktionen beim Cusanuswerk. Hervorzuheben ist auch ihre Position als Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (1994 – 2005) und als Honorarprofessorin für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin (2009-2014). Von Juli 2014 bis Juni 2018 war sie Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl. Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland engagiert sie sich in zahlreichen Ehrenämtern, so z.B. Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in Berlin, als Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Deutsche Demenzhilfe des DZNE in Bonn oder als Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Traumastiftung e.V. in Ulm.

Annette Schavan liebt die „leisen Töne“, wenn es darum geht, ihre Ziele zu erreichen, bleibt sie stets beharrlich.

 

Yvonne Blatt

Lebenslauf

  • 1974 Abitur in Neuss
  • 1974–1980 Studium der Erziehungswissenschaft, Philosophie und Katholischen Theologie in Bonn und Düsseldorf
  • 1975 Eintritt in die CDU
  • 1980 Promotion zum Dr. phil.
  • 1980–1984 Referentin bei der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk
  • 1975–1984 Kommunalpolitikerin in Neuss
  • 1982–1984 Stadträtin in Neuss
  • 1984–1987 Abteilungsleiterin im Generalvikariat in Aachen
  • 1987–1988 Bundesgeschäftsführerin der Frauen-Union
  • 1988–1991 Geschäftsführerin des Cusanuswerkes
  • 1991–1995 Leiterin des Cusanuswerkes
  • 1992–1994 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der CDU-Grundsatzkommission
  • 1994–2005 Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK)
  • 1995–2005 Ministerin für Kultur, Jugend und Sport in Baden-Württemberg
  • seit 1998 stellvertretende Vorsitzende der CDU Deutschlands
  • 2001 Präsidentin der Kultusministerkonferenz
  • 2001–2005 Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg
  • 2005–2014 Mitglied des Deutschen Bundestages
  • 2005–2013 Bundesministerin für Bildung und Forschung
  • 2009–2014 Honorarprofessorin für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin
  • 2014–2018 Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl.

 

Veröffentlichungen

(Auswahl)

  • „Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzung, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissenshilbdung“. Diss. Frankfurt a.M. 1980. (Aberkennung des Doktorgrades nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014).
  • Der Geist weht, wo er will. Christliches Zeugnis in Kirche und Welt. Schwabenverlag, Ostfildern 2002.
  • Hrsg.: Keine Wissenschaft für sich. Essays zur gesellschaftlichen Relevanz von Forschung. Hamburg 2008.
  • Gott ist größer, als wir glauben. Visionen für Kirche und Welt. Hrsg. Von Volker Resing. Leipzig 2010.
  • Politik ist Marathon mit viel Geduld. In: Beate Neuss/Hildigund Neubert (Hrsg.): Mut zur Verantwortung. Frauen gestalten die Politik der CDU. Köln 2013, S. 555-562.
  • Zus. Mit Hans Zollner SJ (Hrsg.): Aggiornamento - damals und heute : Perspektiven für die Zukunft. Freiburg i. Breisgau 2017.
  • Zus. mit Klaus Zierer: Pädagogisch denken - politisch handeln : Ein Gespräch über Bildungspolitik. Freiburg i. Breisgau 2018.
  • Gott, der erneuert : Erfahrungen von Hoffnung und Freiheit. Ostfildern 2018.
  • Hrsg.: Relevante Theologie : "veritatis gaudium" - die kulturelle Revolution von Papst Franziskus. Ostfildern 2019.

Literatur

  • Dreizehn Fragen – Annette Schavan, Focus Online, 16.04.2011.
  • Fragen an die Bundesbildungsministerin: Annette Schavan – „Es wird Zeit für eine größere Solidarität“. In: Forschung & Lehre 17 (2010) 10, S. 716–717.
  • Schavan und Rösler im Interview: „Der Glaube ist innerer Kompass“. RP Online 03.04.2010.
  • Portrait: Annette Schavan: Eine Frau, die sich ihre Zeit nimmt. Die Welt, 16.01.2002.

 

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