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Elmar Brok am 8. April 2013 bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Elmar Brok am 8. April 2013 bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. © KAS/ Marie-Lisa Noltenius

Elmar Brok

Journalist, Mitglied des Europäischen Parlaments 14. Mai 1946 Verl
von Kordula Kühlem
„Geboren, verheiratet, Europäisches Parlament“, so soll Helmut Kohl den Lebenslauf Elmar Broks zusammengefasst haben. Tatsächlich war der so Beschriebene stets nicht nur dem Legislativorgan der EU verpflichtet, sondern auch der europäischen Politik – ohne dabei die Verbundenheit mit seiner Heimat Deutschland und Westfalen zu vernachlässigen.

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Auf dem Weg nach Europa

Elmar Brok wurde am 14. Mai 1946 in Verl in Ostwestfalen geboren. Nach seinem Abitur am Gymnasium Theodorianum im nur 30 Kilometer entfernten Paderborn zog es ihn in die Ferne. Einen Teil seines Studiums der Rechtswissenschaften und der Politischen Wissenschaften verbrachte er am „Centre of European Governmental Studies“ der Universität Edinburgh.

Auch sein politischer Weg sollte ihn bald in internationale Gefilde bringen. Nachdem er schon 1964 in die Junge Union (JU) und schließlich 1966 in die CDU eingetreten war, wurde er 1973 stellvertretender Bundesvorsitzenden der JU. In dieser Funktion engagierte er sich in der Democratic Youth Community of Europe (DEMYC), die ihn 1977 zum Zweiten und 1979 zum Ersten Vorsitzenden wählte. Als Gründungsvorsitzender leitete er außerdem 1981 die International Young Democrat Union (IYDU).

In seinen verschiedenen Funktionen war Brok viel unterwegs: im Februar 1978 auf dem Jahreskongress der britischen Jungkonservativen, im Februar 1979 bei der Jugendorganisation der irischen Fine Gael-Partei und nur einen Monat später auf der Jahresversammlung der dänischen Jungkonservativen. Im Herbst 1975 berichtete er im Rheinischen Merkur über eine Reise nach Spanien, im Dezember 1977 über einen Kongress der JU mit der Jungen ÖVP in Vorarlberg. Im Deutschland-Union-Dienst (DUD) und in einem Interview informierte er die Leserinnen und Leser im Januar 1978 über seine Teilnahme an der 1. Europäischen Jugend- und Studentenkonferenz für Abrüstung in Budapest.

Dass sich Brok häufig in Artikeln und Interviews zu Wort meldete, war dabei kein Zufall, denn neben seiner politischen Laufbahn arbeitete er als (Rundfunk-)Journalist. 2004 wurde er schließlich auch zum Senior Vice-President Media-Development der Bertelsmann AG berufen: Ein Amt, das er bis zum 31. Mai 2011 innehatte und das er immer gegen den Vorwurf des Interessenkonflikts verteidigte. Die Bedeutung der Medien wustte Brok auf jeden Fall stets zu schätzen. Bereits im Oktober 1978 forderte er im DUD im Hinblick auf die erste Direktwahl des Europäischen Parlaments im Juni des darauffolgenden Jahres eine umfangreichere Berichterstattung darüber im Fernsehen.

Bei dieser ersten Direktwahl 1979 bewarb Elmar Brok sich um ein Mandat für das Abgeordnetenhaus Europas. Die Mitgliedschaft erwarb er ein Jahr später, am 17. Juni 1980, als er für den verstorbenen Albert Pürsten nachrückte. Von da an arbeitete Brok vor allem in Straßburg und Brüssel, auch wenn sein Zuhause mit seiner Frau und den drei Kindern in Bielefeld verblieb.

 

Politik in und für Deutschland

Der Politik in Deutschland blieb Brok weiterhin verbunden. Im Vorstand der Bielefelder CDU war er jahrzehntelang aktiv, von 1996 bis 2012 amtierte er als Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe, seit 1994 ist er Mitglied im Landesvorstand der CDU Nordrhein-Westfalen und von 2004 bis 2021 auch im Bundesvorstand der CDU.

Eine enge Verbindung und Zusammenarbeit verband ihn stets mit der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), besonders als er 1984–1987 Vorsitzender des sozialpolitischen Arbeitskreises und 1987–1994 Sozialpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion war. Seit 1993 ist er Vize-, bzw. seit 2002 Präsident der Europäischen Union Christlich-Demokratischer Arbeitnehmer (EUCDA).

Bereits als Vertreter und Vorsitzender der Außenpolitischen Kommission der JU knüpfte Brok Kontakte zum Bundesfachausschuss Außenpolitik der CDU. Bald wurde er dessen Mitglied, übernahm1987 die stellvertretende Leitung, 1989 dann die Leitung des Ausschusses. Dieser war manchen Veränderungen unterworfen. Mal war ihm auch die Deutschland- mal die Sicherheitspolitik, dann wieder die Europapolitik zugeteilt. Als Letztere immer größeres Gewicht für die Bundesrepublik gewann, wurde ein eigener Bundesfachausschuss Europapolitik der CDU geschaffen. 1999 wechselte Brok als Vorsitzender in diesen Ausschuss.

Kurz vor dem Deutschlandtag der JU im November 1975 brachte Brok als stellvertretender Vorsitzender in einem Interview mit dem Rheinischen Merkur seine deutschlandpolitische Haltung auf einen klaren Nenner: „Ein politisch geeintes Westeuropa als Modell demokratischer, sozialer und freier Ordnung ist das einzige Mittel, … das gleichzeitig für die Menschen in Osteuropa ein attraktives Angebot darstellen würde. In einem solchen Angebot liegt langfristig auch die vielleicht einzige Chance zur Lösung der Deutschen Frage.“ Dieser Zusammenhang zwischen europäischer und deutscher Einheit blieb für ihn unauflöslich. In einer Stellungnahme für Europa im Blickfeld erklärt er am 31. März 1989: „Europäische und deutsche Einheit sind demnach kein Gegensatz, sie bedingen einander.“

Gut sieben Monate später rückte die deutsche Einheit durch den Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 in greifbare Nähe. Im Vorfeld der ersten freien Wahlen in der DDR übernahm Brok im Auftrag von CDU-Generalsekretär Volker Rühe die politische Wahlkampfberatung des Wahlbündnisses "Allianz für Deutschland" in der Mark Brandenburg. In einem Beitrag für den Rheinischen Merkur äußerte er sich abschließend, zwei Tage vor der Volkskammerwahl am 18. März 1990, sehr zufrieden über seine Mitwirkung an diesem „Kampf um die Zukunft“ in den „vier anstrengendsten, aber auch schönsten Wochen meines politischen Lebens“.

Kurz darauf wurde Brok Mitglied und Obmann der EVP/CD-Fraktion im Sonderausschuss „Deutsche Einigung“ des Europäischen Parlaments. Dieses Gremium sprach sich bereits in seiner ersten Entschließung im April 1990 positiv zur möglichen deutschen Wiedervereinigung aus. Nach einem Treffen des Ausschusses in Bonn, an der auch Bundeskanzler Helmut Kohl teilnahm, erklärte er Anfang Juni 1990: „Es ist erfreulich, dass die große Mehrheit des Europäischen Parlaments die deutsche Einheit unterstützt und sie als Katalysator für weitere Fortschritte bei der europäischen Integration betrachtet.“

 

Europäische Politik

Schon früh hatte Brok sehr klare Vorstellungen über die Ausgestaltung Europas. Im März 1974 äußerte er sich nach einer Teilnahme am Treffen des Rats der Europäischen Union junger christlicher Demokraten, der Jugendorganisation der Europäischen Union Christlicher Demokraten (EUCD). Er forderte die Wiedererweckung der europäischen Aufbruchsstimmung der 1950er Jahre, die Direktwahl des Europäischen Parlaments und eine einheitliche Partei der europäischen christdemokratischen und konservativen Parteien. Sechs Jahre später saß er als Abgeordneter der 1976 gegründeten Europäischen Volkspartei in dem ersten direkt gewählten europäischen Abgeordnetenhaus.

Sein Engagement in den nächsten Jahrzehnten war vielfältig. Einen Schwerpunkt nahm er dabei aus seinen frühen Jahren mit: die internationale Politik, nunmehr der EG bzw. EU. Er wirkte im Auswärtigen Ausschuss des EP mit, dessen Vorsitz er 1999 übernahm. Zwar musste er diesen aufgrund von Proporzfragen innerhalb der EVP 2007 vorübergehend wieder niederlegen, 2012 konnte er ihn aber erneut übernehmen. Er behielt den Vorsitz bis 2017.

Wichtig war Brok besonders auch Bild und Wirken der Europäischen Gemeinschaft. Bei der sich abzeichnenden Regierungsübernahme der Union in Bonn im Herbst 1982 ergriff er die Gelegenheit, europapolitische Themen einzubringen. An Helmut Kohl schickte er am 28. September 1982, also drei Tage vor dessen Wahl zum Bundeskanzler, einen „Entwurf für eine Europaerklärung“, die diesem vielleicht „bei der Erstellung der Regierungserklärung von Nutzen sein“ könnte Auch wenn nicht nachvollziehbar ist, inwieweit sich Kohl in den auf Europa bezogenen Teilen seiner ersten Regierungserklärung vom 13. Oktober 1982 beeinflussen ließ, so gab es doch eine klare inhaltliche Übereinstimmung der Positionen von Kohl und Brok.

In der Öffentlichkeit warb Brok für die Vorteile der Politik der Europäischen Integration. So wandte er sich beispielsweise in den 1980er Jahren gegen das weit verbreitete Bild Deutschlands als „Zahlmeister Europas“. „Wie eine tibetanische Gebetsmühle“, so Broks eigener Kommentar im BAG-Handelsmagazin im März 1997. In vorderster Linie war er auch 1992 an der CDU-Aktion „Wir machen uns stark für Europa“ beteiligt. In der Auftakt-Pressekonferenz am 4. Mai 1992 warb er zusammen mit CDU-Generalsekretär Peter Hintze und der stellvertretenden Parteivorsitzenden Angela Merkel um die „Zustimmung“ und die „Unterstützung“ der Deutschen für die durch den Vertrag von Maastricht wenige Monate vorher beschlossene Weiterführung der europäischen Integration.

Brok war jederzeit fest von dem Erfolg Europas überzeugt. In einem Ausblick auf das Jahr 2020 stellte er 2007 fest, dass leider die Leistung, dem Kontinent Frieden und Wohlstand zu bringen, mittlerweile als zu selbstverständlich angesehen wurde: „Es klingt paradox, ist darum aber nicht weniger wahr: Der Erfolg der Europäischen Union ist mittlerweile so beachtlich, dass er nicht mehr mit der Europäischen Union selbst in Zusammenhang gebracht wird.“

Die Vielfalt von Broks Engagement ist beeindruckend: Berichterstatter bzw. Repräsentant bei den Verhandlungen über Fiskalvertrag und Europäischen Stabilitätsmechanismus (2011/12), Hauptberichterstatter für die EU-Erweiterung (1999–2007), Vorsitzender der EVP-Gruppe im Konvent für die Verfassung der Europäischen Union (2001/2002), um nur einige zu nennen. Im Auftrag des Europäischen Parlaments war er dabei auf der ganzen Welt unterwegs. Nicht umsonst notierte die FAZ zu seinem 60. Geburtstag, Brok würde den Titel „Arbeitstier“ durchaus als Lob auffassen (13.05.2006).

Broks internationale Medienpräsenz war und ist beachtlich. Durch diese Präsenz machte er nicht zur sein Gesicht zu einem der in Deutschland bekanntesten der Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Er gab dem Parlament auch ein Gesicht, das in der Zeit, in der  Brok dort Abgeordneter war, immer bekannter wurde.

Nachdem der  CDU-Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen Elmar Brok für die Wahl des Europäischen Parlaments 2019 nicht wieder aufstellte, gab er selbst im Januar 2019 bekannt, er werde sich bei der kommenden Landesvertreterversammlung der nordrhein-westfälischen CDU nicht wieder zur Wahl stellen. Hierfür habe er sich aus privaten Gründen entschieden, denn er wolle „wieder mehr Zeit für die Familie haben“.

Doch auch nach seinem Abschied vom Europäischen Parlament blieb das Thema „Europa“ für Brok ein Herzensprojekt. Im Interview mit dem Spiegel forderte er deshalb im am 20. Mai 2020, dass Europa auch in der Corona-Krise zusammenhält. Ein klares Signal hierfür sei ein gemeinsamer Wiederaufbaufond: „In Deutschland glauben viele, dass wir einen rein deutschen Ausstieg aus dieser Krise hinbekommen. Das ist Unsinn: Ein Aufschwung Deutschlands geht nur im EU-Binnenmarkt.“

Lebenslauf

  • 14. Mai 1946 geboren in Verl
  • 1964 Eintritt in die Junge Union
  • 1966 Eintritt in die CDU
  • 1966 Abitur am Gymnasium Theodorianum in Paderborn
  • Studium der Rechtswissenschaften und der politischen Wissenschaften, u.a. am „Centre of European Governmental Studies“ der Universität Edinburgh
  • Journalistische Arbeit für Rundfunk und Zeitungen
  • 1973–1981 stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union
  • 1977–1981 Stellvertretender Vorsitzender und seit 1979 Vorsitzender der Democratic Youth Community of Europe (DEMYC)
  • 1980-2019 Mitglied des Europäischen Parlaments
  • 1981 Gründungsvorsitzender der International Young Democrat Union (IYDU)
  • 1984–1987 Vorsitzender des sozialpolitischen Arbeitskreises der EVP-Fraktion
  • 1987–1994 Sozialpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion
  • 1987–1999 stellvertretender und seit 1989 Vorsitzender des Bundesfachausschuss Außenpolitik der CDU
  • 1990 Obmann der EVP-Fraktion im Sonderausschuss „Deutsche Einigung“ des Europäischen Parlaments
  • 1991–2003 stellvertretender Vorsitzender der International Democrat Union (IDU)
  • seit 1993 Vizepräsident und seit 2002 Präsident der Europäischen Union Christlich-Demokratischer Arbeitnehmer (EUCDA)
  • seit 1994 Mitglied des Landesvorstand der CDU in Nordrhein-Westfalen
  • 1994–1999 stellvertretender Vorsitzender und Vorsitzender des außenpolitischen Arbeitskreises der EVP-Fraktion
  • 1996–2012 Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe
  • 1999-2019 Vorsitzender des Bundesfachausschuss Europapolitik, bzw. Europa der CDU
  • 1999–2006 Präsident der Europa-Union Deutschland, seitdem Ehrenpräsident
  • 1999–2007 und seit 2012-2019 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments (AFET)
  • 1999–2007 Hauptberichterstatter für die Erweiterung der Europäischen Union
  • 2001–2002 Vorsitzender der EVP-Gruppe im Konvent für die Verfassung der Europäischen Union
  • 2004–2011 Senior Vice-President Media-Development der Bertelsmann AG
  • 2004–2021 Mitglied im CDU-Bundesvorstand
  • 2011–2012 Berichterstatter bzw. Repräsentant bei den Verhandlungen über Fiskalvertrag und Europäischen Stabilitätsmechanismus
  • 2013–2018 Präsident der Union der Europäischen Föderalisten (UEF)

Veröffentlichungen

  • Die Rolle des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments bei der Lösung von Konflikten, in: Heimat Vaterland Europa, Festschrift zum 70. Geburtstag von Hans-Gert Pöttering, hg. von Bernhard Vogel. Köln/Weimar/Wien 2015, S. 259–266.
  • Die europäische Krise meistern, in: Die Politische Meinung 506/507 (2012), S. 19–25.
  • Das Lissabon-Urteil und die europäische Integration. Ein Kommentar, in: Ralf Thomas Baus/Michael Borchard/Günter Krings (Hg.): Europäische Integration und deutsche Verfassungsidentität. St. Augustin 2010, S. 129–136.
  • Im Interesse der Bürger. Über die wachsende Bedeutung des Europäischen Parlaments, in: Die Politische Meinung 474 (2009), S. 15–18.
  • In welchem Europa leben wir 2020?, in: Heinz Fennekold/Sascha Mader (Hg.): Anders leben 2020. Was sich ändern wird – hier und in der Welt. Oberhausen 2007, S. 27–30.
  • Die Bedeutung des Verfassungsvertrages für die europäische Außenpolitik, in: Armin Laschet/Friedbert Pflüger (Hg.): Europa und seine Außenpolitik. Monschau 2007, S. 55–62.
  • Die Europäische Union und Lateinamerika: Kooperationsansätze und -hindernisse, in: Europa und Lateinamerika. Auf dem Weg zu strategischer Partnerschaft? Bad Homburg v. d. Höhe 2005, S. 33–37.
  • Der europäische Verfassungsentwurf, in: Bernhard Vogel (Hg.): Europa – Vereint oder entzweit? Die Rolle der Katholischen Kirche im Prozess der europäischen Integration. St. Augustin 2004, S. 43–52.
  • Unionsbürgerschaft und kommunales Wahlrecht der EU-Mitbürger, in: Europa für Kommunalpolitiker. Bonn 1994, S. 83–87.
  • Der Zahlmeister ist tot – es lebe der Nutznießer, in: Jochen Borchert/Elmar Brok/Melanie Piepenschneider: Europäische Integration als deutsches Interesse, hg. von der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. St. Augustin 1994, S. 15–29.
  • Die junge Generation und die Christliche Demokratie, in: Europäische Hefte 44 (1981), S. 49–57.

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26. Februar 2021
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