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Kardinal Josef Frings, 1944. Foto von Hugo Erfurth. Kardinal Josef Frings, 1944. Foto von Hugo Erfurth. © https://auktion.catawiki.de/kavels/20291137-hugo-erfurth-1874-1948-kardinal-josef-frings

Josef Kardinal Frings

Erzbischof von Köln, Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz Dr. theol., Dr. h.c. 6. Februar 1887 Neuss 17. Dezember 1978 Köln
von Wolfgang Tischner

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Josef Richard Frings wurde 1887 als zweites Kind eines Textilfabrikanten in Neuss geboren. Frings studierte katholische Theologie in München, Innsbruck, Freiburg/Br. und Bonn. 1916 promovierte er mit einer Arbeit über die Einheit der Messiasidee in den Evangelien. Es folgten Stationen als Leiter eines Waisenhauses in Neuss und Gemeindepfarrer in Köln. Von 1937 bis 1942 war Frings Regens des Kölner Priesterseminars in Bensberg. Im Mai 1942 trat er überraschend die Nachfolge des Kölner Kardinals Schulte an.

 

Die Bischofsweihe im Kölner Dom geriet zu einer von der Gestapo streng überwachten Demonstration der Kölner Katholiken, über die die Presse nicht berichten durfte. Frings widmete seine Hauptsorge in den letzten Kriegsjahren den von Bombenkrieg und Endkampf am Rhein in starke Mitleidenschaft gezogenen Diözesanen, kritisierte aber auch öffentlich die Judenverfolgung.

 

Nach Kriegsende übernahm Frings in Nachfolge des verstorbenen Breslauer Kardinals Bertram den Vorsitz der Fuldaer Bischofskonferenz.

 

Weihnachten 1945 wurde bekannt gegeben, dass der Kölner Erzbischof zusammen mit Clemens August von Galen, „dem Löwen von Münster“, und dem Berliner Bischof Konrad von Preysing von Papst Pius XII. im Frühjahr 1946 ins Kardinalskollegium berufen werden würde. Pius XII., der wegen seiner Sympathien für Deutschland auch „il papa tedesco“ genannt wurde, setzte damit ein vielbeachtetes Zeichen gegen eine allgemeine Ächtung der Deutschen. In allen drei Fällen dürfte die dezidierte Oppositionshaltung gegen den Nationalsozialismus den Ausschlag für die Verleihung der Kardinalswürde gegeben haben: Frings hatte in Köln dem Regime seit seinem Amtsantritt die kalte Schulter gezeigt, Preysing war dem deutschen Widerstand, insbesondere dem „Kreisauer Kreis“ eng verbunden und hatte die Vernichtung der Juden öffentlich kritisiert und Galen hatte sichin seinen Predigten gegen die Euthanasie das Regime gestellt.

 

Im Falle von Frings trug die Rangerhöhung dazu bei, seine Position gegenüber den alliierten Besatzungsmächten deutlich zu stärken. In den ersten Nachkriegsjahren wuchs der Kölner Kardinal zeitweilig in die Rolle eines inoffiziellen Sprechers der Besiegten gegenüber den Westalliierten hinein, u.a. wenn er die Demontagen oder die unzureichende Lebensmittelversorgung kritisierte. Seine Rechtfertigung des Diebstahls aus existentieller Not in der Silvesterpredigt 1946 ging als „fringsen“ sogar in die Umgangssprache ein.

 

Als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz war Frings der wohl einflussreichste Entscheidungsträger im deutschen Katholizismus. Traditionell hatten sich die deutschen Katholiken seit dem Kulturkampf der 1870er Jahre ganz überwiegend in der Zentrumspartei organisiert. Nachdem es schon im späten Kaiserreich und in der Weimarer Republik Diskussionen um eine interkonfessionelle christliche Partei gegeben hatte, brachte die Erfahrung der gemeinsamen Frontstellung beider großer Kirchen gegenüber dem Nationalsozialismus den Durchbruch. 1945 kam es deshalb, ausgehend von verschiedenen „Gründungskernen“ (Hans-Otto Kleinmann), zur Gründung interkonfessioneller christlicher Parteien, für die in Berlin der Name „Union“ gefunden wurde. Da aber gleichzeitig das Zentrum neubegründet wurde, stellte sich für die deutschen Katholiken die Frage, wie sich der Episkopat zu beiden konkurrierenden Parteien stellen würde. Während ein Großteil der Bischöfe, u.a. der Berliner Kardinal Preysing, deutlich die CDU bevorzugten, scheuten sie davor zurück, das Zentrum, das sich dezidiert kirchennah gab, etwa durch einen Hirtenbrief öffentlich zu brüskieren. In dieser Situation entschied sich Frings, Konrad Adenauer, dem er als Kölner Oberbürgermeister eher reserviert gegenübergestanden hatte, brieflich am 2. Dezember 1948 mitzuteilen, dass er, Frings, sich als Mitglied der CDU betrachte. Dadurch wurde der Öffentlichkeit das Signal gegeben, das der deutsche Episkopat die CDU als die Sachwalterin katholischer Interessen ansah.

 

Für die Union war diese Nachricht ein wesentlicher Schritt bei der Verdrängung des Zentrums, das in den ersten Nachkriegsjahren vor allem in den rheinisch-westfälischen Gebieten ein ernstzunehmender Konkurrent war. Staatskirchenrechtlich war die Mitgliedschaft von Frings in der CDU außerordentlich problematisch, da das Reichskonkordat in Artikel 32 die politische Abstinenz katholischer Geistlicher vorschrieb. FDP und SPD schlachteten dies in den Diskussionen des Parlamentarischen Rates aus, sorgten damit freilich auch erst recht dafür, die Parteinahme ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Da seitens des Vatikans in den ersten Nachkriegsjahren großes Interesse daran bestand, die Fortgeltung der Konkordate in Deutschland sicherzustellen – Pius XII. hatte in seiner Zeit als Nuntius in Deutschland hierfür über die Grundlagen verhandelt – ließ Frings nach einem entsprechenden vatikanischen „Rüffel“ (Frings) Ende Mai 1949, nach der Verkündung des Grundgesetzes, der Öffentlichkeit seinen Austritt aus der CDU mitteilen.

 

In den Folgejahren kam es zu deutlich weniger direkten Interventionen von Frings bei Adenauer, als die damalige Öffentlichkeit und auch die Forschung vermuten. Die gemeinsame christliche Weltanschauung stellte sicher, dass etwa die katholischen Abgeordneten bei der Ausarbeitung der Länderverfassungen ebenso wie im Parlamentarischen Rat für kirchliche Interessen kämpften. Details dessen, welcher Kompromiss in Schulfragen o.ä. kirchlicherseits noch als tragfähig erachtet wurde, überließ Frings meistens Prälat Wilhelm Böhler, der die Kontakte zu den westdeutschen Parlamentariern hielt. Frings begleitete die CDU Zeit seines Lebens mit kritischer Sympathie, auch wenn er sich etwa in Fragen des Familienrechts oder der Bekenntnisschule häufig einen noch kirchennäheren Kurs gewünscht hätte.

 

Innerkirchlich entfaltete Frings große Bedeutung dadurch, dass er die weltkirchliche Orientierung der deutschen Katholiken maßgeblich beförderte. Er regte die Gründung der Hilfswerke Misereor (1958) und Adveniat (1961) an und initiierte die Bistumspatenschaft der Erzdiözese Köln mit Tokio (1954). Theologisch redete er einer Erneuerung des Katholizismus das Wort, so dass er zu den profiliertesten Teilnehmern des Zweiten Vatikanischen Konzils gehörte. Sein wichtigster theologischer Mitarbeiter war dabei Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.

 

Zu den letzten wichtigen Amtshandlungen des Kölner Kardinals gehörte 1967 das Requiem für den verstorbenen Altbundeskanzler Konrad Adenauer im Kölner Dom. Zwei Jahre später genehmigte der Papst seinen Rücktritt. 1978 verstarb der mittlerweile erblindete Frings in Köln.

 

 

Bestand: Historisches Archiv des Erzbistums Köln.

 

Lebenslauf

  • ab 1905 Studium der Katholischen Theologie in München, Innsbruck, Freiburg/Br. und Bonn
  • 1910 Priesterweihe
  • 1910–1913 Kaplan in Köln-Zollstock
  • 1913–1915 Studienaufenthalt in Rom und Freiburg/Br.
  • 1916 Promotion in Freiburg/Br.
  • 1915-1922 Pfarrer der Katholischen Pfarrgemeinde St. Marien in Köln-Fühlingen
  • 1922–1924 Leiter eines Waisenhauses in Neuss
  • 1924–1937 Gemeindepfarrer an St. Joseph in Köln-Braunsfeld
  • 1937–1942 Regens des erzbischöflichen Priesterseminars in Bensberg
  • 1942–1969 Erzbischof von Köln
  • 1945–1965 Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz
  • 1946 Aufnahme in das Kardinalskollegium
  • 1952 Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
  • 1958 Initiator und Mitbegründer des Hilfswerks Misereor
  • 1962–1965 Mitglied des Präsidiums des Zweiten Vatikanischen Konzils
  • 1967 Ernennung zum Ehrenbürger von Köln, Neuss und Bad Honnef

 

Veröffentlichungen

  • Josef Kardinal Frings: Für die Menschen bestellt. Erinnerungen des Alterzbischofs von Köln. Köln 1973.

 

Literatur

  • Rudolf Morsey: Adenauer und Kardinal Frings 1945-1949. In: Dieter Albrecht u.a. (Hg.): Konfession und Politik, Festschrift für Konrad Repgen zum 60. Geburtstag. Berlin 1983, S. 483-501.
  • Norbert Trippen: Josef Kardinal Frings und Konrad Adenauer (2002).
  • Norbert Trippen: Josef Kardinal Frings. Band 1: Sein Wirken für das Erzbistum Köln und für die Kirche in Deutschland. Paderborn u.a. 2003. (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen Bd. 94) Band 2: Sein Wirken für die Weltkirche und seine letzten Bischofsjahre. Paderborn u.a. 2005. (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Bd. 104)

 

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