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Veranstaltungsberichte

Was sind die Auswirkungen der Angriffe auf die saudischen Ölanlagen?

von Alina Moser
Veranstaltungsbericht über die von der SAISA und dem NMML in Kooperation mit der KAS Indien organisierten Diskussionsrunde

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Hintergrund der Veranstaltung
Die South Asian Inter-Scholastic Association und das Nehru Memorial Museum in Neu-Delhi veranstalteten in Kooperation mit dem Auslandsbüro Indien der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Diskussionsrunde über die Auswirkungen der Drohnenangriffe auf saudische Ölanlagen vom 14. September. Zahlreiche hochrangige Sprecher und Gäste nahmen an der Veranstaltung teil. Der Fokus der Diskussion lag auf der Erörterung der Konsequenzen, die die Angriffe sowohl für Indien und Asien als auch für die ganze Welt bedeuten. Im Rahmen der Attacken wurden zwei saudische Einrichtungen erheblich von Drohnen und Marschflugkörpern getroffen. Hierbei handelte es sich um die Ölverarbeitungsanlage Abqaiq sowie das Ölfeld Khurais, die für die Herstellung und Verarbeitung von ungefähr 60% des saudischen Öls verantwortlich sind. Obwohl sich die jemenitischen Huthi-Rebellen zur Durchführung der Attacken bekannt haben, ist anzuzweifeln, dass diese dazu in der Lage gewesen wären. Ein weiterer Verdächtiger ist der Iran. Das Land wird sowohl von den USA als auch von Saudi-Arabien beschuldigt, hinter den Angriffen zu stecken, was vom Iran selbst jedoch vehement abgestritten wird. Im Verlauf der Diskussion wurde erörtert und wiederholt hervorgehoben, dass die Drohnenangriffe ohne umfangreiches Geheimdienstwissen nicht umsetzbar gewesen wären. Beide Einrichtungen wurden von einem Luftabwehrsystem geschützt, das von den Saudis in Zusammenarbeit mit den USA eingerichtet wurde. Dieses Abwehrsystem war so umfangreich, dass die Einrichtungen zu den am besten geschützten auf der Welt zählten. Somit wäre es ohne Expertenwissen und -planung nicht möglich gewesen, die Angriffe durchzuführen.

Wie konnten die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden?
Eine der am meist gestellten Fragen im Verlauf der Diskussion beschäftigte sich damit, wie solch ein Vorfall vor dem Hintergrund der massiven Schutzvorrichtungen überhaupt durchgeführt werden konnte. Auch wenn die Angriffe vom 14. September die ersten dieses Ausmaßes waren, muss sich vor Augen geführt werden, dass Saudi-Arabien regelmäßig Opfer von Drohnen- und Raketenangriffen ist. Obwohl die Abqaiq Ölverarbeitungsanlage und das Ölfeld Khurais umfangreich geschützt waren, hätte Saudi-Arabien eine solche Attacke kommen sehen müssen, insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen Angriffe, die das Land allein im Jahr 2019 getroffen haben. Hervorzuheben ist außerdem, dass kein Radar- und Abwehrsystem fehlerlos ist. Zudem sind Drohnen dazu in der Lage, tief genug zu fliegen, um der Reichweite von Radarsystemen zu entgehen. Laut einiger Redner seien Expertenwissen und Geheimdienstinformationen dennoch unabdingbar gewesen, um solch umfangreich geschützte Einrichtungen anzugreifen und insbesondere um zu analysieren, wo die Raketen einschlagen müssen, um den größten Schaden zu verursachen. Dieses Wissen hätten sich die Huthi-Rebellen ohne Unterstützung eines anderen Staates oder eines nicht-staatlichen Akteurs nicht aneignen können, so das erstmals formulierte Fazit.

Wer ist für die Angriffe verantwortlich?
Obwohl bisher unklar ist, wer für die Angriffe auf Saudi-Arabien verantwortlich ist, wurden im Rahmen der Diskussion mehrere Akteure genannt, die ein Interesse an der Zerstörung der Einrichtungen gehabt haben könnten. Es steht außer Frage, dass die Attacken und ihre Nachwirkungen eine Herausforderung für die Stabilität im Mittleren Osten darstellen. Irans Beteiligung konnte bisher noch nicht bewiesen werden, auch wenn die USA das Land als Drahtzieher hinter den Drohnenangriffen vermuten. Und selbst wenn der Iran als Schuldiger identifiziert werden sollte, ist es einigen Panelisten zu Folge unwahrscheinlich, dass es zu einem Krieg kommen wird, denn die Attacken hätten lediglich dazu gedient, die Zerstörungskraft des Verantwortlichen zu beweisen. Die Folgen eines Krieges mit dem Iran wurden als zu verheerend eingestuft und ein militärischer Konflikt sei daher in jedem Fall zu vermeiden.

Die Konsequenzen für den Ölmarkt bleiben bisher hinter den Erwartungen zurück
Die Auswirkungen des Drohnenangriffs auf dem Ölmarkt sowie auf die Weltwirtschaft sind bisher noch nicht vollständig abzusehen. Auch wenn der Ölpreis kurz nach den Attacken angestiegen ist, argumentierten einige Redner, dass die Konsequenzen nicht so schwerwiegend sein würden wie zunächst vermutet. Darauf würde insbesondere auch das nachgelassene Interesse der Medien schon einige Tage nach dem Vorfall hinweisen. Dennoch werden noch einige Wochen vergehen, bis das vollständige Ausmaß und die Implikationen der Angriffe sichtbar sein werden.

Welche Auswirkungen haben die Angriffe für Indien?
Abschließend stellte sich die Frage, was die Angriffe auf Saudi-Arabien für Indien bedeuten. Indien verfügt selbst nicht über ausreichende Erdölvorkommen, weshalb das Land auf Importe angewiesen ist. Da die Konsequenzen für den Ölmarkt noch nicht endgültig abzusehen sind, können auch die Auswirkungen für Indien noch nicht abschließend formuliert werden. Der Vorfall könnte sich jedoch nicht nur negativ auf Indiens Ressourcenimporte und Wirtschaft auswirken sondern auch auf die Sicherheit des Landes. Nun da nachgewiesen ist, dass solch ein Drohnenangriff durchführbar ist, ohne dass Drohnen von umfangreichen Abwehrsystemen aufgespürt werden, fürchtet Indien einen Angriff Pakistans im indischen Bundestaat Punjab. Somit werden zukünftig weitere Sicherheitsmaßnahmen an Indiens Grenzen getroffen werden müssen, z.B. in Form von spezifischen Drohnenüberwachungssystemen. Hierfür ist weitere Forschung unabdingbar. Die Diskussion endete mit dem Fazit, dass weder Indien noch Europa von einer weiteren Fragmentierung im Mittleren Osten profitieren würden. Es ist deshalb für die zukünftige Kooperation unabdinglich, die Europäische Union als starken und unabhängigen Akteur zu verstehen, der im Mittleren Osten die gleichen Interessen vertritt wie Indien.
 

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Peter Rimmele

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