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25 Jahre friedliche Revolution in Deutschland: Lehren für Korea

VERANSTALTUNGSREIHE "25 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION IN DEUTSCHLAND" DER KAS KOREA

Am 25. September 2014 hatten das Auslandsbüro Korea der Konrad-Adenauer-Stiftung und die „Korean Society for Contemporary European Studies“ (KSCES) anlässlich des bevorstehenden Gedenktages zu 25 Jahren Mauerfall zu einer internationalen Konferenz zum Thema „25 Jahre friedliche Revolution in Deutschland: Lehren für Korea“ eingeladen. Der im Rahmen eines offiziellen Besuchs in der Republik Korea weilende Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Dr. Reiner Haseloff, hielt dabei eine Grundsatzrede.

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Prof. Dr. Werner Patzelt (TU Dresden) und Prof. Dr. Jong-Il Ra (Hanyang Universität Seoul) analysierten als Ko-Referenten den Wiedervereinigungsprozess in Deutschland und dessen Lehren für Korea.

Korea und Deutschland: Verbunden durch die Erfahrung der Teilung

Dr. Norbert Eschborn eröffnete die Konferenz mit einem kurzen Überblick zur Geschichte der Wiedervereinigungsarbeit in Deutschland und Süd-Korea. Korea habe ein großes Interesse an der deutschen Nachkriegsgeschichte und der Wiedervereinigungsarbeit. Kein anderes Volk habe sich so intensiv mit den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland und deren Folgen auseinander gesetzt, betonte Eschborn. Schon in den 1980er Jahren hätten sich Angehörige des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums und des westdeutschen Innerdeutschen Ministeriums in den jeweiligen Hauptstädten der Länder getroffen, um die Möglichkeiten einer Wiedervereinigung in beiden Ländern zu diskutieren. Damals sei der Konsens noch gewesen, dass eine koreanische Wiedervereinigung vor einer deutschen stattfinden würde und einfacher zu erreichen sein werde. Korea habe seitdem umfangreiche Forschungen zur Wiedervereinigung betrieben, aber immer wieder auftauchende Bedenken beträfen die voraussichtlich exorbitanten Vereinigungskosten, die auf ein wiedervereinigtes Korea zukommen würden. Wenn sich die Möglichkeit einer Wiedervereinigung ergäbe, dürfe Südkorea nicht vor den Kosten zurückschrecken, sondern müsse die Gelegenheit am Schopfe packen. Deutschland könne nur als Inspiration dienen, zu unterschiedlich seien die politischen, wirtschaftlichen und strategischen Rahmenbedingungen zwischen beiden Ländern. Die beste Lehre, die die Deutschen Korea auf den Weg geben könne, sei, dass man zur Wiedervereinigung „nicht im Hochgeschwindigkeitszug fahren könne sondern zu Fuß dort hin gehen“ müsse.

Der deutsche Botschafter Rolf Mafael schlug bezüglich der deutschen Wiedervereinigung einen Bogen zu Sachsen-Anhalt. In diesem Bundesland befänden sich eine Reihe besonders symbolischer Orte für die nationale Teilung Deutschlands. Er verwies dabei auf den Berg Brocken, welcher erst 2013 anlässlich des Deutsch-Koreanischen Forums von den Deutschen und Koreanischen Forumsdelegationen besucht worden sei. Wenn man dort oben auf dem Berg stehe und weit in den Osten sowie in den Westen schaue, bekäme man die besondere Bedeutung der Wiedervereinigung noch einmal vor Augen geführt. Aber auch geschichtlich habe der Brocken eine spezielle symbolische Bedeutung für die deutsche Wiedervereinigung. Anfänglich sei dieser von amerikanischen Truppen besetzt worden, wurde dann aber Teil der sowjetischen Besatzungszone, und seit dem Jahre 1961 habe der Brocken nicht mehr den Bürgern der DDR und nicht mehr den Westdeutschen gehört, sondern nur noch dem Militär. Wiedervereinigung sei, was den Brocken angehe, eine Wiedergewinnung für beide Seiten, für die Ostdeutschen und für die Westdeutschen. Im Hinblick auf Korea könne man nur hoffen, dass der Berg Kumgangsan, ebenso wie der Brocken, ein baldiges Symbol der Wiedervereinigung für die Koreaner werden würde.

Der Abgeordnete der Nationalversammlung Jae Young Lee (Saenuri-Partei) betonte, dass eine Wiedervereinigung in Korea unumgänglich sei und unbedingt durchgeführt werden müsse, trotz der großen wirtschaftlichen Belastung, die auf ein wiedervereinigtes Korea zukommen würde. In Korea diskutiere man allerdings bis jetzt immer noch, ob eine Wiedervereinigung wirklich von Vorteil sei oder ob man lieber darauf abzielen sollte, friedlich zu koexistieren. Laut einer von Lee angeführten neuen Studie seien insbesondere die jungen Leute für eine Wiedervereinigung zu begeistern, die ältere Generation dagegen würde der Problematik eher realistisch gegenüber stehen. Daher sähe er insbesondere in der jüngeren Generation Koreas die zukünftigen Mitstreiter für eine koreanische Wiedervereinigung. In Bezug zu Deutschland schloss sich Jae Young Lee der These an, dass Deutschland lediglich als Inspiration dienen könne, aber nicht die Lösung für Korea darstelle.

Haseloff: „Die Geschichte ist offen“

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff begann seine Grundsatzrede mit einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der DDR in den 1980er Jahren. Seinerzeit habe die DDR wirtschaftlich vor dem Staatsbankrott gestanden. Dessen sei sich die Staats- und Parteiführung bewusst gewesen und habe sich darüber auch keine Illusionen gemacht. Die DDR habe seit 1973 Jahr für Jahr über ihre Verhältnisse gelebt. Schulden seien mit Schulden bezahlt worden. Alleine das Stoppen der Verschuldung im Jahre 1990 hätte eine Senkung des Lebensstandards um 25 bis 30% erfordert und somit die DDR unregierbar gemacht. Die Lage sei dramatisch gewesen.

Im kollektiven Gedächtnis der Deutschen habe sich zwar der 9. November 1989, der Fall der Mauer, tief eingeprägt, aber es wäre nie dazu gekommen hätte es nicht die Montagsdemonstrationen in Plauen, Magdeburg, Dresden und vielen anderen Städten gegeben. Die Bürger der DDR hätten eine Diktatur gestürzt. Mit dem Fall der Mauer sei die Freiheit gekommen und 329 Tage später am 3. Oktober 1990 dann die Einheit.

Die Situation in Korea sei sehr unterschiedlich. In Deutschland habe man sich nie aus den Augen verloren. Es seien immer kulturelle Gemeinsamkeiten vorhanden gewesen, Verwandtschaftsbesuche seien aufrechterhalten worden: Die Menschen in der DDR hätten ein Bild davon gehabt wie eine Alternative aussähe. Nicht nur habe es in der DDR ein Austausch an Informationen gegeben, sondern auch gewisse Freiräume wie zum Beispiel die Kirche, in denen gesellschaftliche Diskussionen gefördert worden seien und unter anderem alternativen Bildungsmittel existiert hätten. Des Weiteren habe Deutschland das unglaubliche Glück gehabt, dass auch die internationale Gemeinschaft den Prozess der Wiedervereinigung unterstützt habe, ansonsten wären alle Bemühungen der Ostdeutschen umsonst gewesen. Alles sei ein Glücksfall ohne gleichen gewesen.

Abschließend unterstrich der Ministerpräsident, dass Geschichte immer offen sei. Daher könne Deutschland bestenfalls Anregungen für Korea geben. Schlussendlich müsse Korea aber eine souveräne Entscheidung treffen bezüglich eines Wiedervereinigungsprozesses auf der koreanischen Halbinsel.

Die deutsche Perspektive: Das Volk muss die Wiedervereinigung wollen

Prof. Dr. Werner Patzelt gab einen Vortrag über die Wiedervereinigung in Deutschland und über die möglichen Lehren für Korea. Warum solle man nur grade auf Deutschland schauen, um Anregungen zum Wiedervereinigungsprozess zu finden? Schließlich seien auch andere Länder wie Vietnam oder Jemen wiedervereinigt worden, gab er gleich am Anfang zu bedenken. Dass besondere an dem deutschen Fall sei, dass die Wiedervereinigung nach den Prinzipien der Demokratie und freien Marktwirtschaft durchgeführt worden sei. Daher sei es nicht überraschend, dass die Koreaner sich insbesondere am deutschen Model der Wiedervereinigung orientieren würden.

Eine der Hauptlehren, die Korea aus der deutschen Wiedervereinigungsgeschichte ziehen könne, sei die Aufrechterhaltung des Verlangens nach einer Wiedervereinigung innerhalb der Bevölkerung. Nur basierend auf dem Verlangen nach einer Wiedervereinigung könnte die Führungsspitze des Landes riskante Entscheidung treffen, falls sich die Gelegenheit einer Wiedervereinigung biete. Außerdem sei es grade dieses Sehnen nach einer Vereinigung, welches schlussendlich einem Volk helfen würde, die mit der Wiedervereinigung kommenden Probleme zu überwinden.

In Westdeutschland sei damals das Verlangen nach einer Wiedervereinigung am Abklingen gewesen, insbesondere die jüngere Generation habe angefangen die Tatsache eines geteilten Deutschland als einen „historischen Fakt“ hinzunehmen. Viele fanden eher Gefallen an der Vorstellung eines reformierten, aber unabhängigen Ostdeutschlands als an einem vollständig vereinten Deutschland. Hätte es nicht den Bundeskanzler Helmut Kohl gegeben, der sich aktiv für die Wiedervereinigung eingesetzt habe, hätte es keine Anstrengungen von Seiten Westdeutschlands für eine Wiedervereinigung gegeben. Ohne die Bürger, die noch ein vereintes Deutschland in Erinnerung gehabt hätten und die Ostdeutschen, die auf eine Wiedervereinigung gehofft hätten, wären alle Versuche umsonst gewesen.

Auch Korea müsse sich engagieren, um das Verlangen nach einer Wiedervereinigung an die nächsten Generationen zu übermitteln, und sobald sich ein „Gelegenheitsfenster“ zur Vereinigung öffne, müsse unverzüglich gehandelt werden. Außerdem müsse man den Nordkoreanern das Gefühl vermitteln, dass eine Wiedervereinigung mehr Vorteile als Nachteile bringen würde, ansonsten würde die Wiedervereinigung wie eine unwillkommene Last wirken.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei eine für die Wiedervereinigung günstige geopolitische Lage. Ost- als auch Westdeutschland seien damals fest in die bipolare Weltordnung integriert gewesen und nur durch solche Rahmenbedingungen - dem Ende des kalten Krieges sowie Bündnissen wie der EU und der NATO, welche einen neuen Ordnungsrahmen für ein verändertes Europa geliefert hätten, in dem auch ein wiedervereinigtes Deutschland seinen Platz hatte - sei eine Vereinigung in Deutschland möglich gewesen. Daher sollte auch Korea daran arbeiten, eine politische Struktur zu finden, in dem ein wiedervereinigtes Korea auch für China und Japan Vorteile bringe.

Des Weiteren müsse man darauf vorbereitet sein, die Kosten einer „inneren Einheit“ zu tragen. Nur wenn am Ende einer Wiedervereinigung beide Staaten sich als ein geschlossenes Volk fühlten, könnte es zu einem neuen stabilen System ohne Unterdrückungen kommen.

Deutschland habe Glück gehabt, dass die UDSSR friedlich gefallen sei, denn dadurch sei es den Deutschen möglich gewesen, einen Übergang ohne große Rachefeldzüge zu vollbringen. Dies liefe Hand in Hand mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, was schlussendlich dazu verholfen habe zu einer relativ schnellen Integration der Vertreter des alten Regimes ins neue Regime zu kommen.

Integration der Vertreter des alten Systems ist wichtig

Ein wichtiger Aspekt für die soziale Integration in Deutschland sei gewesen, dass die SED nicht im wiedervereinigten Deutschland verboten wurde, sondern auch wie alle anderen Parteien zur freien Wahl antreten durfte. Es habe sich gezeigt, dass sich dieses als sehr effektive Methode erwiesen habe, um ehemalige Kommunisten ins neue liberal-demokratische System zu integrieren. Dadurch wurde allerdings die Hauptschuld für die Unrechtstaten der DDR von der SED auf die Stasi geschoben. Einerseits hätten sich im Nachhinein viele ehemalige Stasi-Angehörige über diese „ungerechte“ Behandlung beschwert, jedoch sei dies eventuell der Preis gewesen, den Deutschland habe zahlen müssen, um eine innere deutsche Einheit erreichen zu können.

Die Wiedervereinigung mit Westdeutschland habe aber auch für viele Ostdeutsche eine große Umstellung bedeutet, insbesondere bezüglich der Arbeitswelt. Es habe viele gegebene, die von den neuen ökonomischen Gelegenheiten profitieren konnten, aber auch viele die durch den Wiedervereinigungsprozess arbeitslos geworden seien. Diese seien zwar durch das deutsche Sozialversicherungssystem aufgefangen worden, allerdings sei es für viele hart gewesen, nicht mehr ein „aktiver Teil“ der Gesellschaft zu sein, was dazu geführt habe, dass sich viele Ostdeutsche als nicht vollständig integriert gefühlt hätten. Außerdem hätten viele Westdeutsche nach der Wende neue Führungspositionen in Ostdeutschland übernommen. Auf der einen Seite sei dieser Schritt nötig gewesen, um Ostdeutschland neu aufzubauen; auf der anderen Seite hätten sich aber auch viele Ostdeutsche dadurch als Bürger zweiter Klasse herabgesetzt gefühlt. Der Prozess der Integration habe sich für den Osten und den Westen sehr unterschiedlich angefühlt: Während sich für die Ostdeutschen fast alles geändert hätte, hätten die Westdeutschen nur sehr wenig von den Umwälzungen des Wiedervereinigungsprozesses gespürt. In den Augen der Westdeutschen sei es ganz selbstverständlich gewesen, dass sich die Ostdeutschen hätten anpassen müssen und so sei es auch geschehen. Heute jedoch seien die meisten Unterschiede zwischen Ost und West „normale“ regionale Unterschiede, die schon immer existiert hätten.

Die wichtigste Lehre, die Korea aus dem Beispiel Deutschlands ziehen könne, sei, dass man den ehemaligen Befürwortern des kommunistischen Regimes die Chance geben müsse, sich als Bürger eines neuen demokratischen Staates zu integrieren. Zweitens sollte Siegerjustiz in allen Fällen vermieden werden. Außerdem sollte es zu keiner Schuldzuweisung kommen. Es sei ratsam, die ehemalige Führungspartei aufzulösen und ihren Besitz an den Staat zu übergeben, ansonsten könne es zu persönlichen Bereicherungen kommen wie im Falle Deutschlands. Allerdings sollte den ehemaligen Mitgliedern der Führungspartei die Möglichkeit offen stehen, eine neue Partei nach den grundlegenden Prinzipien des neuen demokratischen Staates zu gründen. Des Weiteren müsse das Sozialversicherungssystem sich bemühen, einen Prozess der Verarmung zu verhindern. Wenn der vermögendere Staat in dieser Hinsicht scheitere, könnte dies viele neue gesellschaftliche Probleme nach sich ziehen sowie die Legitimität des neuen politischen Systems untergraben. Es sollte außerdem sichergestellt werden, dass, wenn möglich, die besten Politiker, Beamten, Administratoren und Geschäftsleute in den schwächeren Teil des Landes gingen, um dort beim Neuaufbau zu helfen.

Eine koreanische Wiedervereinigung werde sich in jeder Hinsicht von einer deutschen unterscheiden. Allerdings gäbe es denn noch drei grundlegende Empfehlungen für Korea. Erstens müsse die Regierung bei einem Wiedervereinigungsprozess durch systematisches Ausprobieren versuchen, Ziele zu erreichen, die über den Status quo hinausgingen. Zweitens müsse man sich darauf einstellen, dass eine Wiedervereinigung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht sehr geordnet zugehen und man in diesem Falle die Unterstützung der anderen regionalen Mächte brauchen werde. Daher sollte man sich um gute Beziehungen mit den anderen regionalen Mächten bemühen. Zuletzt: ohne einen überzeugungsstarken Politiker an der Spitze des Landes, der willig sei, seine Karriere für die Wiedervereinigung zu riskieren, würden die anderen Bedingungen nicht erfüllt werden können. Die grundlegende Verantwortung für eine Wiedervereinigung läge in einer Demokratie, in der sich die Bürger entweder nach einer Wiedervereinigung sehnen würden und solche Politiker unterstützen würden - oder sich mit ihrer jetzigen Situation zufrieden geben würden.

Die koreanische Perspektive: „Phantomschmerz“ Wiedervereinigung?

Prof. Jong-Il Ra eröffnete seinen Vortrag mit der Feststellung, die Wiedervereinigung in Korea sei problematisch: Der Schmerz der Teilung sowie das Verlangen nach einer Wiedervereinigung seien mittlerweile in der koreanischen Gesellschaft schon fast zu einem Phantomglied, ja zu einer Krankheit der Gesellschaft geworden. Der Wunsch nach einer Wiedervereinigung sei tief in den Herzen des koreanischen Volkes verankert, doch konkrete Pläne, die auf eine Vereinigung der koreanischen Halbinsel hinausliefen, gäbe es nicht. Man könne fast von einem „Zwillings-Paradox“ sprechen: der Wunsch nach Einheit sei da, aber eine Ideologie sowie Ideale für eine Wiedervereinigung seien nicht vorhanden.

Der Koreakrieg, welcher als „internationaler Bürgerkrieg“ bezeichnet werden könne, sei ein großer Rückschritt im Wiedervereinigungsprozess Koreas gewesen. Die Regierungen auf beiden Seiten hätten seitdem keine Schritte mehr eingeleitet, um diesen Rückschritt wieder wettzumachen. Stattdessen würden sie einer Politik der „Nichtverantwortlichkeit“ folgen und bis heute der Bevölkerung die Trennung sowie die Rolle der Regierung bei dem gesamten Prozess schönreden. Der Führung fehle jegliche kritische Selbstreflektion hinsichtlich des Versuches einer gewaltsamen Wiedervereinigung Anfang der 1950er Jahre. Weder Kim Il-sung noch Rhee Syng-man hätten über ihre Fehlschläge hinreichend reflektiert geschwiege denn angemessen Verantwortung übernommen. Außer Treffen zwischen hochrangigen Regierungsabgeordneten werde jeglicher Austausch auf ziviler Ebene abgeblockt. Mittlerweile habe sich damit die Heterogenität Süd- und Nordkoreas tief festgesetzt. Beide Seiten hätten sich seit der Teilung in komplett andere Richtungen entwickelt. Nordkorea folge einer Erbdiktatur mit einem starken Führerkult sowie einer „Militär-Kultur“, in der die Streitkräfte an erster Stelle stünden. Durch den Wettbewerb mit Nordkorea seien in Südkorea die Demokratisierung sowie Industrialisierung angekurbelt worden, so dass der Süden heute ein hochindustrialisiertes Land mit einem stabilen demokratischen System sei.

Wenn man auf die Wiedervereinigungsarbeit in Korea zurückschaue, habe es eine Zeit der Kooperation und des Austausches zwischen Süd- und Nordkorea gegeben und zwar unter der sogenannten „Sonnenscheinpolitik“. Doch wenn man den Tatsachen ins Auge blicke, erkenne man schnell, dass auch die „Sonnenscheinpolitik“ lediglich eine Strategie war, um Süd-Koreas Interessen besser vertreten zu können, anstatt wirkliche Kooperation mit Nordkorea anzustreben.

Hinsichtlich der Zukunft der inter-koreanischen Beziehungen gäbe es drei mögliche Szenarien: die Wiedervereinigung aufgeben und in friedlicher Koexistenz leben; eine Wiedervereinigung durch langsame Annäherung oder eine einseitige Wiedervereinigung unter entweder süd- oder nordkoreanischer Führung. Bei einer einseitigen Wiedervereinigung gäbe es zwei denkbare Modelle: eines sei eine Intervention Nordkoreas bei einer Revolution in Südkorea, was zu einem vereinigten Korea unter nordkoreanischer Herrschaft führen würde. Das andere mögliche Modell sei der Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes und eine anschließende Absorbierung Nordkoreas durch den Süden.

Das nordkoreanische Regime werde durch die charismatische Führung sowie durch das effektive Abschotten seiner Bürger von der Außenwelt am Leben gehalten. Allerdings sei die Lebensqualität in Nordkorea extrem niedrig; zudem stehe das Land wirtschaftlich vor großen Schwierigkeiten: zu groß seien die Militärausgaben und durch die Aneignung von Massenvernichtungswaffen sei es fast unmöglich für Nordkorea, normale Handelsbeziehungen zu führen und somit seine Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Aber auch Südkorea habe extrem hohe Militärkosten, welche sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirkten. Eine Wiedervereinigung könne Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen. Vorteile wären eine Senkung der Militärkosten, Aufbau wirtschaftlicher Handelswege (Seidenstraße), Zugverbindungen mit China und Russland etc. Allerdings könne ein Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes auch weitreichende Probleme mit sich bringen und im Allgemeinen große Instabilität in Ostasien nach sich ziehen.

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Stefan Samse

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

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