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Veranstaltungsberichte

Regulatorische Rahmenbedingungen für erfolgreiche Klein –und Mittelunternehmen

Deutsches Modell und koreanische Perspektive

Im Rahmen seiner langjährigen Projektarbeit zur Förderung der Sozialen Marktwirtschaft fokussierte das Auslandsbüro Korea der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) im Rahmen einer großen internationalen Konferenz vor der Sommerpause erneut auf die Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen in Korea. Mitveranstalter waren die Koreanische Industrie- und Handelskammer (KCCI) sowie die Koreanisch-Deutsche Industrie- und Handelskammer (KGCCI).

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Der Mittelstand – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft

Hae-hyeong Cho, der Chairman der deutschen Auslandshandelskammer, erklärte in seiner Begrüßungsrede, dass die Politik Koreas in der Vergangenheit allein auf Großunternehmen ausgerichtet gewesen sei, seit dem Regierungswechsel 2013 aber mehr über eine Politik für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nachgedacht werden würde. Deutschland, dessen Wirtschaft während der Finanzkrise durch seine vielen „hidden champions“ stabil bleiben konnte, habe dementsprechend eine Vorbildfunktion für Korea.

Dr. Norbert Eschborn, der Leiter des Auslandsbüros Korea der KAS, erwähnte, dass in Deutschland der größte Teil der Förderung der KMU im Rahmen der Mittelstandspolitik stattfände. Diese werde als besondere Wirtschaftspolitik für den selbstständigen Mittelstand definiert. Der selbstständige Mittelstand stelle eine heterogene Gruppe dar, die sich aus dem Handwerk, Einzelhandel, freien Berufen, dem Dienstleistungsgewerbe, sowie den kleinen und mittleren Unternehmen der verarbeiteten Wirtschaft bis zu einer Betriebsgröße von ca. 500 Mitarbeitern zusammensetze. Nach Angaben des deutschen Wirtschaftsministeriums stellten mittelständische Unternehmen über 99% aller Unternehmen in Deutschland dar und erzielten rund 40% aller steuerpflichtigen Umsätze. Dazu stellten sie die Arbeitsplätze von 60% der sozialpflichtig Versicherten in Deutschland. Eschborn führte weiter aus, dass jede Marktwirtschaft umso stärker sei, je besser ihr Wettbewerb funktioniere. Politik werde aber weitgehend von öffentlichen Unternehmen oder großen Kapitalgesellschaften dominiert, was zur Folge habe, dass sich viele Gesetze mittelstandsfeindlich auswirkten.

Rolf Mafael, der deutsche Botschafter in Seoul, sprach den Deutschland-Besuch der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye im März 2014 an. Er erwähnte, dass sie in ihrer Delegation viele Unternehmer, darunter auch viele KMU-Vertreter, mitgenommen habe. In diesem Rahmen sei es, so der deutsche Botschafter, auch zu einer gemeinsamen Absichtserklärung zur Stärkung der Zusammenarbeit im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand gekommen, die die Motivation des deutschen Mittelstands zum Schritt auf den koreanischen Markt anregen solle.

Die KMU-Förderpolitik Südkoreas

In der Keynote-Speech von Jungwa Han, dem Administrator der Small and Medium Business Administration (SMBA), ging es um den 3-Jahresplan zur wirtschaftlichen Innovation, den Präsidentin Park im Februar dieses Jahres vorgelegt hat. Die von der Staatschefin ins Spiel gebrachte „Kreativ-Wirtschaft“ solle dazu führen, dass Korea künftig mehr eigene ökonomische Kreativität entfalte statt zu Imitationen zu tendieren. Weiterhin reflektierte Han Südkoreas Entwicklung zu einem Industrie-Land in den letzten 50 Jahren. Die Regierung habe verschiedene Maßnahmen eingeführt, um den Unternehmergeist anzukurbeln. Eine Maßnahme war, dass insolvente Unternehmer nicht automatisch kreditunfähig würden, sondern weiterhin die Chance haben, ein neues Unternehmen gründen können. Diese Maßnahme habe zu einer erhöhten Zahl von Existenzgründungen geführt. Auch wurden Steuerbegünstigungen für KMU, die ihre Arbeitskräfte über einen längeren Zeitraum beschäftigen, eingeführt. Des Weiteren bemühe sich die Regierung, ein Gleichgewicht von Großunternehmen und KMU zu erreichen. Im April wurde deswegen z.B. ein Gesetz zum Schutz von Techniken der KMU eingeführt, um Technikdiebstahl vorzubeugen. Eine weitere Neuerung sei die Ausbildung von nordkoreanischen Flüchtlingen als Fachkräfte für KMU. Dies sei, so Jungwa Han, für den Fall der Wiedervereinigung wichtig, da die Flüchtlinge Nordkorea am besten kennen.

Spezielle Voraussetzungen der deutschen KMU

Aus Berlin war Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), als einer der deutschen Referenten angereist. Sein Vortrag stand unter dem Thema “Welche Art von Regulierung brauchen KMU zum Erfolg?“. Er sprach über die Geheimnisse des Erfolgs der KMU in Deutschland. Dabei hob er u.a. die Langfristorientierung der deutschen Unternehmen hervor. Viele seien über Generationen zu einer Art Familien-Konzern geworden, die sich trotz wachsender Größe die mittelständische Denkweise und Verantwortlichkeit einer Familie bewahrt hätten. Dieses Denken stehe unter dem Konzept, dass sich der wirtschaftliche Erfolg dauerhaft für alle Mitarbeiter auszahle. Ein weiteres Kennzeichen des deutschen Mittelstandes sei seine Internationalität. Auch strebe der Mittelstand ständig nach Verbesserung.

Das Geschäftsmodell des Mittelstandes gründe sich auf mehrere Säulen. Eine solche Säule sei, das mehr als 90% aller deutschen Unternehmen von Inhabern und deren Familienmitgliedern geleitet werden, weswegen sie zu einer langfristigen Ausrichtung neigten. Weiterhin wirke das deutsche Bankensystem mit seinem Drei-Säulen-Modell aus privaten Banken, Sparkassen und genossenschaftlichen Kreditinstituten unterstützend für den Mittelstand. Auch biete der Mittelstand Kundennähe und habe normalerweise eine enge Verbindung zu seinen Mitarbeitern. Überdies würden z.B. Projekte, die die Kultur und Bildung in der Unternehmensregion fördern, unterstützt.

Der Mittelstand müsse, so Wansleben, politisch unterstützt oder dürfe zumindest nicht behindert werden. Dazu sei eine mittelstandsfreundliche Erbschaftssteuer unabdingbar. Hinzu komme eine Unterstützung nicht nur vor Ort, sondern weltweit. In diesem Zusammenhang erwähnte er die Industrie- und Handelskammern in den Regionen Deutschlands und die Auslandshandelskammern (AHK) weltweit. Von dem deutschen Mittelstandsmodell könnten andere Länder zum Beispiel das System der dualen Ausbildung kopieren. Dabei stehe eine gute Kooperation zwischen Schule und Betrieb im Vordergrund. Ausgebildet werden soll so, dass die Schüler nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Unternehmen einsetzbar sind. Auch die Förderinstituten der Bundesländer oder die Bürgschaftsbanken könnten nach Dr. Wansleben für andere Länder interessant sein. Dazu zählten nicht nur die Kreditprogramme, sondern auch Beratungsunterstützung bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Zudem sei alles, was Transaktionskosten senkt, gut für den Mittelstand. Praktisch würde das Bürokratieabbau bedeuten und ein Rechtssystem, das übermäßige Bürokratie gar nicht erst entstehen lasse. Zusammenfassend beschrieb Wansleben den Mittelstand als Teil von Demokratie, Freiheit und Rechstaatlichkeit und betonte, dass Mittelstandspolitik gelebte Demokratie sei.

KMU-Förderung aus der Sicht von Regierungen und Parlamenten

Was können Exekutiven und Legislativen für den Erfolg von KLMU tun, lautete das Thema des Vortrages von Hartmut Schauerte, dem ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und Mittelstandsbeauftragten der Bundesregierung. Generalvoraussetzungen seien verlässliche Rahmenbedingungen in einer freien Gesellschaft. Fortfolgend nannte Schauerte zehn Bausteine, die für den Erfolg der KMU unabdingbar seien: ein durchsetzungsstarkes Wettbewerbs- und Kartellrecht; entscheidungsfähige dezentrale Regionen und Kommunen; flexibles Arbeitsrecht bei der Tarifgestaltung; duale Berufsausbildung für Facharbeiter; eine flächendeckende Infrastruktur nicht nur für die Metropolregionen; regionale Banken mit eigener Entscheidungskompetenz und im Wettbewerb untereinander; intelligente Verbandsstrukturen; eine Wachstum und Forschung ermöglichende sowie Planung und Kalkulation nicht erschwerende Steuerpolitik der Staaten; Universitäten und Forschungseinrichtungen, die ihre Forschungsanstrengungen mit Praxisbezug und in enger Partnerschaft mit Unternehmen ihrer Region oder ihres Schwerpunktes realisieren; die Überprüfung von Belastungskosten bei neuen sowie bereits beschlossenen gesetzlichen Maßnahmen sowie die Möglichkeit und Hilfestellung und Koordination und Beratung zur Teilnahme an Messen im In- und Ausland.

Weiterhin erwähnte Schauerte die Steuerpolitik Deutschlands, wo in Folge der Einführung eines Unternehmenserbschaftssteuerrechts 2008, welches bewirke, dass beim Übergang eines Unternehmens, wenn die Lohnquote mehrere Jahre stabil gehalten wird, nur sehr geringe und im Einzelfall auch gar keine Erbschaftssteuern auf den Unternehmenswert anfallen. Der deutsche Mittelstand plane langfristig und würde vor allem außerhalb der Metropolen blühen. Zudem gehe er mit Kapital bedachtsam um und habe die am besten motivieren Mitarbeiter, die nicht nur als Kostenfaktor angesehen würden.

Die koreanische KMU-Perspektive

Prof. Dr. Sung-Ho Choi von der Kyonggi-Universität gab in seinem Vortrag eine vorläufige Bilanz der Förderpolitiken und – instrumente für koreanische KMU. Dabei ging er u.a. auf über das unter den koreanischen KMU verbreitete „Peter-Pan-Syndrom“, dass diese am Wachstum hindere. So würden die Unternehmen das Wachstum des Unternehmens bewusst vermeiden, da sich die Betriebe mit wachsender Größe strengeren Regeln und steuerlichen Belastungen ausgesetzt sehen, während gleichzeitig die Unterstützung durch die Regierung schrumpfe. Weiterhin bezeichnete es Choi als ein Problem der jetzigen koreanischen KMU-Politik, dass diese eher auf den Schutz der Unternehmen ausgerichtet ist statt ihre Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit zu fördern. Auch ein Kontrollzentrum in der Regierung fehle. So sei die Zuständigkeit für die KMU auf über zehn Ministerien, lokale Regierungen und öffentliche Einrichtungen, etc. verteilt. Dabei gäbe es bei der Aufgabenverteilung sowohl Redundanzen als auch übergangene Felder. Weiterhin fehle es an einer Politik, die auf die einzelne Wachstumsstufen, Größen, etc. der Unternehmen zugeschnitten sei. Zur positiven Entwicklung der KMU in Korea könnten eine gemeinsame Forschung, Netwerkaufbau, der Schutz von Patenten, Designs, etc. beitragen.

Die Herausforderungen für koreanische KMU aus der Sicht eines Unternehmenspraktikers stellte KooRyong Jung dar, der sein Unternehmen vorstellte.

Dr. Andreas Kim, Senior Research Fellow am Korea Small Business Institute, kritisierte in seinem Vortrag über „Charakteristika und Implikationen von KMU-Politik in Deutschland und Korea“, dass es in Korea Beschäftigung ohne Wachstum gebe. Er erläuterte die positiven Merkmale der deutschen Mittelstandspolitik: Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands könne auf die Soziale Marktwirtschaft, die starke deutsche Industrie und die Reformen Anfang der 2000er Jahre zurückgeführt werden. Weiterhin nannte er drei mittelstandsfreundliche Unternehmensstrukturen, die Deutschland besitze: ein System, das die technische Innovation unterstützt; das System der Berufsausbildung und ein System, das kleine- und mittlere Unternehmen finanziell unterstütze. Was die finanzielle Unterstützung des Mittelstandes in Deutschland anbelangt, so erwähnte er die Kreditanstalt für Wiederaufbau positiv. Um eine Kreativwirtschaft zu verwirklichen, so Dr. Andreas Kim, sei es die Aufgabe der Regierung eine mittelstandsfreundliche Infrastruktur zu schaffen.

Mittelstand bedeutet Freiheit

Thomas Geyer, Präsident der KGCCI, beendete die Veranstaltung mit einer Zusammenfassung der Vorträge. Die wirtschaftlichen Strukturen Deutschlands bzw. Europas seien in vieler Hinsicht der koreanischen ähnlich, und beide Seiten können voneinander lernen. Da der Mittelstand ein Garant von Freiheit und die Basis von Demokratie sei, würde es sich besonders lohnen, diesen aktiv zu fördern. Besonders wichtig sei die Balance zwischen Politik und Privatwirtschaft, zwischen der Macht der Großen und Abhängigkeit der Kleinen oder des Mittelstandes, woran Korea noch einiges zu verbessern habe. Der Mittelstand sei das Zeichen für die gerechte Verteilung des Wohlstandes und die Teilhabe eines Einzelnen am Erfolg des Ganzen. Aber auch die Balance auch in praktischen Dingen wie Ausbildung, Chance und Zugang gehöre dazu. Große Unternehmen böten große Beschäftigungsmöglichkeiten, aber kleine Unternehmen böten eine auf Bedürfnisse zugeschnittene Beschäftigung und die Kreativität des Mittelstandes bei Anstellung von Mitarbeitern.

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Stefan Samse

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

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