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Veranstaltungsberichte

Was Korea braucht, was Europa will

Regionale und globale Sicherheitszusammenarbeit zwischen Europa und der Republik Korea

Am 25. November 2014 fand das zweite „Brussels-Seoul Security Forum“ in der Hankuk University of Foreign Studies in Seoul statt. Organisatoren waren das Centre for International Cooperation and Strategy (HUFS), das HUFS-HRI Centre, das Institute für European Studies – Free University of Brussels (IES-VUB) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).

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Zu Beginn der Veranstaltung richteten Si Hong Kim (Director HUFS-HRI EU Centre), In-Chul Kim (President HUFS) sowie Dr. Norbert Eschborn (Landesbeauftragter für Korea, KAS) ein Grußwort an alle Teilnehmer. Im Anschluss hielt Jin Ha Hwang (Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der koreanischen Nationalversammlung) eine Grundsatzrede. Aufgrund der instabilen Lage in Korea sei eine gute Zusammenarbeit seines Landes mit allen Seiten wichtig. Deswegen sei in diesem Rahmen eine enge Partnerschaft mit der Europäischen Union von Vorteil, um Sicherheitsinteressen abzugleichen, die Sicherheit in Asien stabilisieren zu können und die Beziehungen der einzelnen Staaten in Asien untereinander auszubauen. Südkorea versuche auf diesem Weg, seinen Teil mit wichtigen Beiträgen und seinem Know-how beizusteuern, um auch die Beziehungen im Sicherheitsbereich zwischen der Europäischen Union und Südkorea zu vertiefen.

Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel und in Nordostasien: koreanische und Europäische Perspektiven

Dieses Panel wurde von Daewon Ohn (Direktor des Center for International Cooperation and Strategy) moderiert wurde. Der schwedische Botschafter in Südkorea, Lars Danielsson, leitete das Panel mit seinem Beitrag zu „How can Peace and Stability on the Korean Peninsula be achieved? – A Swedish Perspective“ ein. Um den Wiedervereinigungsprozess mit Nordkorea voranzutreiben, sei es wichtig, dass sich Europa mehr engagiere und nicht zu zaghaft reagiere. Ein demokratisches, pluralistisches und freies wiedervereinigtes Korea müsse gefördert werden. Dafür gebe es drei Prinzipen: die Entnuklearisierung, zu der es keine Alternative gäbe; ein ständiger Dialog beider Koreas, der durch gemeinsame Wirtschaftsbeziehungen und gemeinsamen Handel, durch Familienzusammenführungen und durch Sportveranstaltungen aufgebaut werden müsse, damit Vertrauen geschaffen werden könne und schließlich die Unterstützung dritter Länder. Europa könne eine Menge dafür leisten und sollte damit nicht erst morgen beginnen, sondern Initiativen müssten sofort eingeleitet werden, damit Südkorea zu weiteren Schritten ermutigt werden würde.

Jae Jaeok Park unterrichtete in seinem Beitrag „A New Security Architecture in the Asia-Pacific: A Korean Perspective“, das Publikum über die verschiedenen Allianzen und deren Auswirkungen auf das Sicherheitskonzept seines Landes. Von südkoreanischer Seite aus seien besonders die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Bedeutung, wobei auch immer wieder Dialoge mit Japan, China und auch Australien geführt würden. Der Austausch zwischen den einzelnen Staaten vertiefe sich dabei und flaue auch immer wieder ab. Momentan seien beispielsweise die bilateralen Beziehungen zu Japan von südkoreanischer Seite aus ziemlich eingeschränkt. China werde zukünftig auch im militärischen Bereich die bedeutendste Rolle im asiatisch-pazifischen Raum spielen.

Prof. Dr. Alexander Mattelaer von der Freien Universität Brüssel referierte über „Europe as a Global Security Provider: Values and Technocratic Solutions“. Aufgrund der verschärften Krisensituationen weltweit stünden Sicherheitssystems mehr denn je an höchster Stelle. Der Austausch zwischen den verschiedenen Allianzen, wie der NATO und dritten Parteien, müsse gefördert werden, wobei jedoch darauf zu achten sei, sich nicht zu übernehmen. Gerade die EU sei an ihre Grenzen angelangt. Über die Situation in Asien seien die Europäer besorgt, weil sie sie an ihre eigene Geschichte erinnere, weswegen sie ein großes Interesse an Stabilität in der Region hätten, was sich unter anderem durch Hilfeleistungen oder Sanktionen zeigen würde. Im Hinblick auf die koreanische Halbinsel dürfe kein zu schneller Fortschritt erwartet werden. Um diesen jedoch voranzutreiben, sei es förderlich, wenn die EU für Wertevermittlung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werben und somit auch ihre Unterstützung im Wiedervereinigungsprozess zusagen würde.

Doh Jong Yoon vom Jeju Peace Institute sprach über „Korea-Europe Cooperation for a New Order in the Korean Peninsula and Northeast Asia”. Er betonte, dass Nordkorea durch seine durchgeführten Atomtests in den letzten Jahren die Hoffnung habe schwinden lassen, bald engere Kooperationen mit anderen Staaten im asiatischen Raum eingehen zu können, von einer Wiedervereinigung ganz zu schweigen. Ziel müsse es sein, in den nächsten Jahren die Differenzen abzubauen und vor allem die wirtschaftliche Kooperation zwischen den asiatischen Staaten voranzutreiben, dann könne es auch zu einer generellen Zusammenarbeit auf anderen Ebenen kommen. Die EU investiere seit 1999 in den Wiedervereinigungsprozess. Dies sei aus einer erweiterten Zusammenarbeit zwischen Süd- und Nordkorea entstanden. Jedoch seien im Hinblick auf den Wiedervereinigungsprozess Russland, Japan und China wichtiger, um eine erfolgreiche Zusammenführung zu erreichen.

Ana Beatriz Martins, stellvertretende Leiterin der EU-Delegation für Korea, zog nach der Panelsession ein Fazit. Drei Elemente seien hervorzuheben: Zum einen brauche Korea viel Unterstützung, da es im Zentrum vieler Spannungen stehe, weswegen Frieden und Sicherheit in der unmittelbaren Nachbarschaft oberste Priorität hätten. Des Weiteren brauche Korea Beispiele, wie mit anderen Staaten erfolgreich kooperiert werden könne. Die Vorstellungen Europas seien der dritte Punkt. Europa wünsche sich eine stabile Region, möchte seine wirtschaftlichen Interessen in der Region wahren und auf keinen Fall militärische Präsenz in der Region zeigen müssen. Zusammengefasst sei eine gemeinsame Außenpolitik der asiatischen Staaten sehr wünschenswert, Europa diene dabei als gutes Beispiel. Immerhin habe es zuletzt ein Treffen der Gesundheitsminister von Japan, China und Südkorea gegeben.

Nach der Panelsession hielt Jin Park, ehemaliger Vorsitzender des Handels- und Wiedervereinigungsausschusses der koreanischen Nationalversammlung, einen Vortrag. Auf die koreanische Halbinsel sei zurzeit kein Fortschritt im Rahmen des Möglichen erreichbar, betonte er. Die Situation habe sich in den letzten Jahren verschlechtert, besonders die aufgekündigte Vereinbarung zwischen den USA und Nordkorea, IAEA-Inspektoren den Zugang zu gewähren. Aber wie könne das Problem um Nordkorea gelöst werden? Park erklärte, dass eines der schwerwiegendsten Probleme China sei, weil Peking sich nicht gegen Nordkorea stellte, vor allem was die schlechte Menschenrechtssituation anbelange. Ein nukleares Nordkorea würde Peking aber auch nicht akzeptieren. Auch Park betonte, dass die EU sich mehr engagiere könne und vor allem, dass Asien in der EU ein Vorbild für eine Asiatische Union sehen könne. Dennoch gebe es auch Unterschiede, die Situation sei nie gleich, gerade was auch den Wiedervereinigungsprozess beträfe. Man könne zwar aus einzelnen Gegebenheiten lernen, aber insgesamt seien zu viele Faktoren unterschiedlich. Beispielsweise habe es zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nie einen Krieg gegeben oder auch die Problematik mit China habe es aufgrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion nicht gegeben. Insgesamt war Park jedoch positiv gestimmt, die Wiedervereinigung langfristig zu erreichen und dass Europa in dem Sinne ein Vorbild sei, dass man es mit genügend Arbeit und Geduld schaffen könne.

Kreative Vorschläge für den koreanischen Friedensprozess: Von Europas Erfahrungen zu Präsidentin Parks Initiativen

Erster Redner dieser Panelsession war Dr. Rolf Schuster, Gesandter der deutschen Botschaft, der über die Herausforderungen der koreanischen Wiedervereinigung sprach und welche Schlüsse man aus der deutschen ziehen könne. Nach seiner Meinung könne man zwar auf eine Wiedervereinigung hinarbeiten, letztendlich organisieren könne man sie aber nicht, sondern es werde zu einem gegebenen Zeitpunkt passieren, so wie es auch in Deutschland der Fall gewesen sei. Auch in Deutschland sei das Zeitfenster für die Wiedervereinigung sehr schmal gewesen, und zu einem ähnlichen Ereignis könne es auch in Korea kommen. Jedoch gäbe es zwischen Korea und Deutschland vor allem ideologisch große Unterschiede, weswegen ein Vergleich nicht immer sinnvoll sei. Im koreanischen Wiedervereinigungsprozess nähmen die Vereinigten Staaten, Russland und China eine wichtige Rolle als Partner der beiden verschiedenen Lager ein, und ihre Vorstellungen seien mit entscheidend. Ein nuklear bewaffnetes Nordkorea werde jedoch von keiner Seite aus gutgeheißen. Weitere Unterschiede zum deutschen Fall ergäben sich hinsichtlich der Situation Nordkoreas im Vergleich zu der der DDR. Die DDR war damals nicht in so einem miserablen Zustand, es gab keine Hungertote und es war kein „failed state“. Eine Wiedervereinigung würde nach Schusters Meinung nicht zu einem Kollaps Koreas führen, jedoch wären die Probleme im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich erheblich größer als damals in Deutschland. Europa könne Korea durch seine Erfahrungen im Wiedervereinigungsprozess unterstützen, aber auch mit konventionellen Kräften, wie beispielsweise durch die Stiftungsarbeit der KAS.

Gi Woon Song, Präsident der Korean Association of DMZ Studies, zeigte einen Film über die Demilitarisierte Zone. In dem Film wurde um eine friedliche Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen geworben. Kreativität, Mut und Entschlossenheit seien für eine erfolgreiche Zukunft unabdingbar und müssten der Startpunkt für eine neue Ära des Friedens sein.

Aingeal O`Donoghue, Botschafterin Irlands in Seoul, sprach über den irischen Friedensprozess. Auch sie erklärte, dass jede Situation unterschiedlich zu bewerten sei und es daher kein Model für die unterschiedlichen Vereinigungsprozesse geben könne. Irland selbst habe im Jahre 1921 die Unabhängigkeit erreicht, Nordirland blieb jedoch dem Vereinigten Königreich erhalten. In Nordirland blieb auch die getrennte Gesellschaft aus Katholiken und Protestanten erhalten, die sich noch jahrzehntelang gewaltsam auseinandergesetzt habe. Zur Beendigung des Konflikts sollte keine militärische Lösung erfolgen und die britische und irische Regierung hätten beschlossen, das Problem gemeinsam zu lösen. Im Jahr 1998 sei es zum Belfast-Agreement gekommen, wo sich alle Parteien an einen Tisch gesetzt hätten und das Problem der ausufernden Gewalt von da an gelöst worden sei. Vier Schlüsselpunkte habe es während des Prozesses gegeben: Gewaltverzicht, wahrhaftiges Vertrauen, Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und ein Referendum zwischen dem Norden und Süden. Die Bevölkerung sollte entscheiden, ob sie Irland oder dem Vereinigten Königreich angehören wollen, genauso wie es möglich sein sollte, nordirischer oder britischer Staatsbürger zu werden. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden irischen Staaten sei ausgebaut worden und solle in den kommenden Jahren in den Bereichen der Infrastruktur, der Umweltpolitik, der Bildung und des Tourismus ausgeweitet werden. Ein dauerhafter Frieden wurde somit errichtet und werde nach jetzigem Ermessen Bestand haben.

Kyung-Young Chung vom East Asia Institute sprach über die OSZE und ihre Relevanz für die gegenwärtigen nordostasiatischen Friedens- und Kooperationsinitiativen. Von Bedeutung sei es, die Wirtschaftsbeziehungen untereinander voranzutreiben und den Frieden zu institutionalisieren. Dies sei auch im Hinblick auf Nordkorea entscheidend. Es müsse ein Netzwerk aufgebaut werden, um eine Gemeinschaft zu etablieren. Die OSZE sei dafür ein Vorbild und könne dabei helfen, die Stabilität in der Region zu gewährleisten.

Die dritte und letzte Panelsession handelte von globalen und regionalen Sicherheitsthemen, und wurde von Prof. Dr. Mason Richey von der HUFS geleitet.

Prof. Dr. Luis Simon von der Freien Universität Brüssel sprach über die Rolle der NATO. Die USA nähmen weiterhin eine Führungsrolle in der Weltpolitik ein. Die Stationierung und die Präsenz von US-Truppen in Europa seien, gerade auch im Hinblick auf den Konflikt in der Ukraine und dem angespannten Verhältnis zu Russland, bedeutsam. Für die USA sei dieser Konflikt aber nur eine Problemzone, wohingegen die EU sich vornehmlich mit dem problematischen Verhältnis mit Russland ernsthaft auseinandersetzen müsse. Besonders im politischen Bereich seien die USA als Akteur unabdingbar. Dies treffe auf die Problematik mit Russland zu, aber auch andere gelöste Probleme, wie im Falle von Libyen oder Mali sind auf die Konfliktlösungsbereitschaft der USA zurückzuführen. Aus seiner gegenwärtigen Rolle müsse Europa beziehungsweise die EU in Zukunft herauswachsen. Es sollte Europas Ziel sein, sich für einen globalen Frieden einzusetzen, besonders im asiatischen Raum, wo es im Moment einen geopolitischen Wettbewerb um die Vormachtstellung gäbe.

Stephane Klose, ebenfalls von der Brüsseler Universität, informierte das Publikum über die Politikstrategien der EU in Asien. Man sei gewillt, seine Politikeinflüsse im asiatischen Raum auszubauen. Dafür sei es erstrebenswert, ein gemeinsames Netzwerk aufzubauen – und zwar mit allen Parteien. Schließlich seien beide Seiten, sowohl die EU als auch Asien, daran interessiert, die Beziehungen zu erweitern. Im Falle Japans habe es dieses Jahr einige Verhandlungen über Sicherheitsstrategien gegeben; auch mit China sei ein Konzept ausgearbeitet worden, die sogenannte „2020-strategy“. Die EU und Asien seien auf einem guten Weg und hätten ähnliche Vorstellungen, besonders mit Japan und Südkorea verfolge man gemeinsame Interessen und entwickle eine gemeinsame Strategie, wohingegen das Verhältnis zu China noch von Ressentiments geprägt und ausbaubar sei.

Sang Soo Lee vom Institut für Sicherheits- und Entwicklungspolitik in Stockholm referierte über bilaterale Beziehungen zu Nordkorea. Russland pflege immer noch einen regen Austausch mit Nordkorea, so habe es dieses Jahr einige Treffen von ranghohen Ministern gegeben, um über wirtschaftliche und militärische Kooperationen und Projekte zu sprechen. Als weiteren „Partner“ habe Nordkorea inzwischen Japan hinzugewonnen. Es habe einige Treffen dieses Jahr gegeben und die Beziehungen wurden signifikant verbessert. Dagegen hätten sich die Beziehungen zu China verschlechtert, und zu den Vereinigten Staaten gäbe es kaum diplomatischen Kontakt. Im innerkoreanischen Verhältnis sei die Lage weiterhin angespannt, vor allem nach erneuten Provokationen der Nordkoreaner im Frühjahr 2014.

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

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