Asset-Herausgeber

Länderberichte

Streben nach Reformen

Neue kroatische Koalititonsregierung vor großen Herausforderungen

Nach zähen Verhandlungen zwischen der HDZ und dem bisherigen Koalitionspartner MOST (Brücke) wurde das vom designierten Ministerpräsidenten Andrej Plenković vorgeschlagene, neue Kabinett am 19. Oktober 2016 im kroatischen Parlament (Sabor) mit den Stimmen von 91 der insgesamt 151 Parlamentarier (bei 45 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen) ins Amt eingeführt.

Asset-Herausgeber

Die neue Regierung wurde sowohl von den Abgeordneten der beiden Koalitionspartner HDZ und MOST, den acht Minderheitenvertretern sowie den Abgeordneten der HSS, der Liste Bandic 365 und der Abgeordneten der HDSSB unterstützt. Die neue kroatische Regierung setzt sich bei vier stellvertretenden Ministerpräsidenten aus 19 Fachministern und einem Minister ohne Portfolio zusammen, darunter 14 HDZ-, 4 MOST- und zwei unabhängigen Kabinettsmitgliedern und hat sich vor allem die Überwindung der Wirtschaftskrise Kroatiens vorgenommen.

MOST forderte „Garantien“

Verkompliziert wurde die Regierungsbildung durch eine sehr frühzeitige Festlegung von MOST auf sieben sog. „Garantien“, die jeder potentielle Koalitionspartner erfüllen musste, damit MOST in eine Koalitionsregierung eintreten würde. Von dieser Bedingung rückte MOST auch in den Koalitionsverhandlungen mit der HDZ nicht ab, wobei es sich bei diesen sieben Bedingungen um zwei politische und fünf wirtschaftliche Kernforderungen von MOST handelte, die es noch vor einer Regierungsbildung zu verabschieden galt – sicherlich ein Novum in der Parlamentsgeschichte Kroatiens.

Zu den dann tatsächlich noch vor der Vereidigung der Regierung verabschiedeten Garantien zählte die Forderung, im Wahlrecht mehr Möglichkeiten zur Wahl von Kandidaten über Zusatzstimmen zu schaffen und in Wirtschaftsstrafsachen rechtskräftig verurteilte Kandidaten von der Wahl auszuschließen sowie die staatliche Finanzierung politischer Parteien zu reduzieren. Daneben wurden die Personalausgaben auf der kommunalen Ebene (Städte und Gemeinden) auf nur noch 15 % (jetzt 20 %) des letztjährigen Gesamtbudgets der jeweiligen Gemeinde begrenzt. Eine weitere gesetzliche Regelung bezog sich auf das Verbot der Pfändung der einzigen Immobilie eines Schuldners im Falle von Zahlungsverzug, was aber wohl noch verfassungsrechtlich überprüft werden wird sowie auf die Begrenzung der monatlichen Radio-/ Fernsehgebühren auf maximal HRK 65 (8 Euro). Ebenso wird die lokale Unternehmenssteuer zukünftig abgeschafft und von der kroatischen Zentralbank (HNB) mehr Transparenz eingefordert werden. MOST bestand ebenfalls darauf eine „Exklusive Wirtschaftszone (EEZ)” durchzusetzen die allerdings mit den Nachbarstaten noch ausverhandelt werden muss.

Konstituierung des Parlaments

Zu Beginn der konstituierenden Sitzung des 9. kroatischen Parlaments, die noch vom scheidenden Parlamentspräsidenten Zeljko Reiner geleitet wurde, verwies dieser auf die schwierigen letzten Monate parlamentarischer Arbeit und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die neue Legislaturperiode sich durch eine konstruktivere parlamentarische (Zusammen-)Arbeit auszeichnen werde. Dann übergab er dem neuen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten, Bozo Petrov das Wort, der seine Absichten zur zukünftigen Amtsführung vortrug und schließlich mit den Stimmen von 132 Abgeordneten bei 12 Enthaltungen und 1 Gegenstimme zum neuen Präsidenten des kroatischen Parlaments gewählt wurde.Zu seinen Stellvertretern bestimmten die Angeordneten den scheidenden Parlamentspräsidenten Zeljko Reiner, den HDZ-Vizepräsidenten Milijan Brkic und den HDZ- Generalsekretär Gordan Jandrokovic sowie von der Opposition die SDP-Vizepräsidentin Milanka Opacic und den HNS-Vorsitzenden Ivan Vrdoljak.

Vorstellung der neuen Kabinettsliste

Schon vor der Bekanntmachung der neuen Kabinettsliste wurden vom Parlament einige Veränderungen in den exekutiven Strukturen der Regierung verabschiedet. So sollte die neue Administration über 19 Ressorts, deren Zuschnitt zum Teil modifziert wurde und 6 statt der bisher 4 sog. „zentralen Staatsagenturen“ verfügen. Dazu wurde ein neues Ministerium für Demographie, Familie, Jugend und Soziales geschaffen um sich den demographischen Herausforderungen anzunehmen; zudem wurde das bisherige Ministerium für Handwerk und Unternehmertum ins Wirtschaftsministerium integriert. Dem von MOST beanspruchten Umweltministerium wurde zusätzlich die Verantwortung für die Bereich Energie (aus dem Wirtschaftsministerium) und Wasser (aus dem Landwirtschaftsministerium zugeschlagen. Die beiden zusätzlich geschaffenen „Staatsagenturen“ sollen für den „Sport“ und die „digitale Gesellschaft“ zuständig sein. Nachdem die vom Ministerpräsidenten getroffene Wahl seiner Kabinettsmitglieder bekannt geworden war, bestätigte der MOST-Parteivorsitzende, dass es diesmal bei der Besetzung der Kabinettsposten viel weniger Konflikte zwischen den beiden Koalitionspartnern HDZ und MOST gegeben hätte als beim letzten Mal und man vereinbart habe, sich nicht in die Personalauswahl der jeweils anderen Partei einzumischen.

Die Bekanntmachung der finalen Kabinettsliste war dann doch noch mit Spannung erwartet worden, nachdem sich schon im Vorfeld an der geringen Anzahl weiblicher Aspirantinnen Kritik entzündet hatte. So kam es wohl nicht zuletzt aus diesem Grunde noch zu späten Veränderungen der Zusammensetzung des Kabinetts, die dafür sorgten, dass es zumindest vier weibliche Vertreter ins neue kroatische Kabinett schafften.

Zu diesen weiblichen „Neulingen“ im Kabinett gehören dabei neben der Kultusministerin Nina Obuljen Korzinek sowohl die neue Sozialministerin Nada Murganic, die aus Karlovav stammenden Vorsitzende der dortigen HDZ Frauenorganisation, als auch die Ministerin für Regionalentwicklung: Gabrijela Zalac aus Vukovar, die sich dort in den letzten Jahren bei der Mobilisierung von EU-Fördermitteln als sehr effizient erwiesen hatte.

Allerdings bestätigten sich ansonsten doch die meisten Erwartungen an die Personen der neuen Amtsinhaber, wobei deutlich geworden ist, dass die politische Ausrichtung der Regierung eine moderatere sein wird als zuvor.

Politische Schwergewichte des nationalistischen Flügels der HDZ, wie etwa der stellvertretende Parteivorsitzende Brkic und der umstrittene bisherige Kulturminister Dr. Zlatko Hasanbegovic mussten entweder ihren Platz zugunsten liberalerer Kandidaten, wie etwa der neuen Kulturministerin, Obuljen Korzinek, räumen oder wurden – wie Brkic – mit dem Amt eines stellvertretenden Parlamentspräsidenten „abgefunden“.

Dagegen fanden zahlreiche ehemalige Kabinettsmitglieder früherer HDZ-Regierungen, wie etwa die ehemaligen Ressortchefs Gordan Jandrokovic (Äußeres), Davor Bozinovic (Verteidigung), Martina Dalic (Finanzen) sowie der langjährige Internationale Sekretär der HDZ, Davor Ivo Stier zurück an die Schaltstellen der Macht. Gordan Jandrokovic wurde – neben seiner Funktion als Generalsekretär der HDZ – wohl wegen seiner Erfahrungen als vormaliger stellvertretender Fraktionsvorsitzender der HDZ jetzt zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten ernannt, während die inzwischen aus der HDZ ausgetretene, ehemalige Finanzministerin Martina Dalic, zur Überraschung nahezu aller politischer Beobachter, zur stellvertretenden Ministerpräsidentin und neuen Wirtschaftsministerin ernannt worden ist. Der erfahrene Diplomat und ehemalige Verteidigungsminister Davor Bozinovic wurde von Plenkovic mit der sehr schwierigen aber einflussreichen Aufgabe als Kabinettschef betraut und wird in der neuen Regierung eine wichtige Rolle spielen.

Neben einem stellvertretenden Ministerpräsidentenposten für den MOST-Vertreter Ivan Kovacic musste sich der Koalitionspartner mit vier (Justiz-, Umwelt-, Verwaltungs- und Innenministerium) statt bisher sechs Ressorts zufrieden geben, nachdem der MOST Parteivorsitzende Bozo Petrov bereits das Amt des Parlamentspräsidenten wenn auch nur für die kommenden zwei Jahre – für sich hatte durchsetzen können. MOST berief dann alle bisherigen Amtsinhaber wieder zu neuen Ressortleitern und stellte mit dem Petrov Vertrauten, Ivan Kovacic nun auch einen stellvertretenden Ministerpräsidenten. Darauf hatte MOST schon deshalb bestanden, um sicherzustellen, dass die Reformvorhaben der Partei, im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode, auch tatsächlich rechtzeitig im Parlament zur Diskussion bzw. Abstimmung gelangen würden.

Plenkovićs Regierungserklärung

Im Rahmen der Vorstellung seines neuen Kabinetts sowie seines Regierungsprogramms wurde schnell deutlich, dass die wichtigste Zielsetzung des neuen Ministerpräsidenten eine deutliche Verbesserung des wirtschaftlichen Wachstums und der sozialen Lage seiner Bürger bis spätestens zum Jahre 2020 sein würde. Plenković bezeichnete die kommenden 12 Monate als entscheidend für das Bestreben seiner neuen Regierung, bedeutende Reformen auf den Weg zu bringen, um eine fühlbare Steigerung des Lebensstandards der kroatischen Bürger einzuleiten.

Er stellte fünf entscheidende Säulen seiner Regierungspolitik vor, die vor allem zu einer deutlich unternehmerischen Herangehensweise an Probleme führen soll.Zuerst gelte es, eine Steuerreform zu verabschieden, welche die unternehmerische Tätigkeit entlastet. Zudem will sich die Regierung auf kroatische Wachstumssektoren, wie Landwirtschaft, Tourismus und die Industrie setzen und deren administrative und unternehmerischen Rahmenbedingungen vereinfachen. Man werde sich gleichzeitig für die Sanierung der Öffentlichen Finanzen einsetzen und dazu das Haushaltsdefizit mit dem Ziel reduzieren, ein deutlich besseres Kreditrating (Investmentgrade) zu erhalten. Zu guter Letzt sei eine Reform des Bildungswesens unverzichtbar, um diese wirtschaftlichen Reformanstrengungen bildungspolitisch zu begleiten.

Des Weiteren stellte Plenković in 12 Kapiteln Teilbereiche seines Reformprogramms vor. Im Bereich Geschäftsklima, Unternehmertum und Investitionen wird die Schaffung eines unternehmerfreundlichen Investitionsklimas durch Abbau von Bürokratie und Verwaltungsaufwand zum Ziel erklärt. Im Bereich Bildung, Wissenschaft und Sport strebt die Regierung die Fortsetzung der bereits in Gang gesetzten Bildungs- bzw. Curriculareform auf breiterer Grundlage an. Man bleibe zudem bestrebt „Duale Ausbildungsmodelle“ einzuführen und dabei die Arbeitgeber zu Kooperationspartnern bei der Ausgestaltung der Lernprogramme der Ausbildungsstätten zu machen.

Im Bereich Wirtschaft, Agrarwesen und ländliche Entwicklung setzt die neue Regierung vor allem auf Innovationen. Wichtig bleiben die Erweiterung der Anbauflächen mit modernen Bewässerungssystemen und die Weiterentwicklung des Fischereiwesens. Der Tourismus soll der größte Devisenbringer bleiben, Ferien für Einheimische sollen jedoch erschwinglicher gemacht werden. Im Bereich Arbeit und Beschäftigung will sich die Regierung um die Entwicklung eines modernen flexiblen Arbeitsmarktes bemühen und dabei Modellen dualer technischer Ausbildung mehr Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Gleichzeitig will man jungen Investoren mit günstigen Krediten bis zu 50.000 Euro bei ihren Unternehmensgründern zur Seite stehen.

Im Bereich Demographie will die Regierung die Prämien für neugeborene Kinder anheben, die Leistungen für den Mutterschutz in den ersten sechs Monaten erhöhen und den Bezug von Kindergeld neu regeln. Auch soll die Öffentliche Verwaltung mit Hilfe der beginnenden Digitalisierung in Richtung eines kundenfreundlichen, ergebnis-orientierten Service-Systems modernisiert und von politischer Einflussnahme befreit werden.

Die neue Regierung beabsichtigt auch das Wahlsystem von seinen Unzulänglichkeiten zu befreien und vor allem die unterschiedliche Gewichtung bzw. Zahl von Wählern in den verschiedenen Wahlbezirken beenden. Sie verspricht auch das öffentliche Vergabesystem zu modernisieren, die Korruption zu bekämpfen und das Management der staatlichen Vermögensverwaltung zu verbessern und für alle kroatischen Haushalte bis 2020 das „High-speed Internet“ zur Verfügung zu stellen.

Die neue Regierung hat sich außerdem vorgenommen, vor allem mit Blick auf die aktuelle, hohe Staatsverschuldung mehr Selbstdisziplin zu üben und dadurch dafür Sorge zu tragen, das Finanzstabilität gewahrt wird. Trotzdem will man eine Steuerreform anstreben, die alle Steuerarten umfasst. Bürgern mit „eingefrorenen“ Bankkonten sollen Umschuldungen ermöglicht werden und die Transparenz der Tätigkeit der kroatischen Zentralbank erhöht werden. Was die regionale Entwicklung angeht will die Regierung die Zentralisierung von Entscheidungen verringern und im Rahmen einer Umorganisation auf subsidiärer Grundlage Entscheidungen dorthin verlagern, wo die Nähe zu den von diesen Entscheidungen unmittelbar Betroffenen am größten ist und damit Überlappungen von Kompetenzen zwischen den verschiedenen Regierungsebenen beenden.

Aufbauend auf der Erkenntnis, dass das aktuelle Alterssicherungssystem Kroatiens unter den gegebenen Bedingungen und Regeln nicht nachhaltig ist, bedarf es umfassender Reformen, wobei gleichzeitig in Aussicht gestellt wird, dass die Renten bis zum Ende der jetzt beginnenden Legislaturperiode um 5 % gestiegen sein werden und Arbeitnehmern die Möglichkeit eröffnet wird, länger zu arbeiten als bis zur Altersgrenze von 65 Jahren – wenn sie dies wünschen. Auch hat sich die neue Regierung verpflichtet innerhalb von 60 Tagen Pläne für die Verbesserung der Lebensumstände von Angehörigen der verschiedenen Minderheiten vorzulegen und diese alle sechs Monate zum Gegenstand einer Überprüfung zu machen.

Ebenso soll eine Medienstrategie formuliert werden, die Prioritäten setzt und die notwendigen gesetzlichen Anpassungen beschreibt. Die Unabhängigkeit der Staatlichen Rundfunk und Fernsehanstalt von politischer Einflussnahme soll gestärkt werden und die staatliche Nachrichtenagentur (HINA) einem neuen Regelwerk unterworfen werden.

Im Bereich der Inneren Sicherheit wird die Regierung eine umfassende Überarbeitung der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ vorantreiben und mit Blick auf die Bedrohungen durch den Terrorismus für eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsorganen und den Geheimdiensten Sorge tragen und gleichzeitig die Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte des Landes stärken.

Die Außenpolitik wird auch weiterhin den nationalen Interessen dienen und vor allem die territoriale Einheit und den Beitrittsprozess der Nachbarstaaten Kroatiens – wie vor allem von Bosnien-Herzegowina – in die Europäische Union unterstützen. Gleichzeitig wird man bestrebt sein, die zentraleuropäische Dimension der kroatischen Außenpolitik zu stärken und sich sehr gründlich auf die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Jahre 2020 vorbereiten.

Wirtschaftliche Herausforderungen

Beurteilt man die Regierungserklärung vor dem Hintergrund der großen, konkreten wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen denen sich Kroatien in diesem aber vor allem auch im nächsten Jahr gegenübersieht, so ist die in der Erwiderung auf die Regierungserklärung geübte Kritik der Opposition, was die Unklarheit der Absichten der Regierung angeht, nachvollziehbar. Dringend notwendige, konkrete Reformschritte wurden nicht vorgetragen, dabei sollte die neue Regierung sich unmittelbar nach ihrem Amtsantritt vor allem um den kommenden Haushalt 2017 und die verschleppten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst kümmern. In seiner Replik auf die im Parlament geäußerte Kritik der Opposition versprach der neue Ministerpräsident, dass er diese berücksichtigen und dem Parlament die angesprochenen Reformen Schritt für Schritt vorlegen werde.

Da nun auch die Zahl der Ministerien nicht –wie eigentlich erwartet – reduziert wurde, muss der in seinem Amt bestätigte Finanzminister in den kommenden Wochen gleichzeitig den neuen Haushalt und die schon zu Beginn des kommenden Jahres wirksam werdende Steuerreform vorlegen. Ob dies unter den gegebenen zeitlichen Restriktionen gelingen wird, muss sich noch zeigen. Sollte dies nicht rechtzeitig gelingen, wird wohl ein vorläufiger Haushalt in Kraft gesetzt und Teile der geplanten Steuerreform erst später in Kraft gesetzt werden können.

Durch die verschleppten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst drohen der Regierung ebenfalls milliardenschwere Mehrbelastungen, wenn sich die Gerichte der Rechtsauffassung der Gewerkschaften anschließen und die 2009 vereinbarten indexierten Lohnsteigerungen für rechtens erklären sollten.

Demographie und Alterssicherung

Nachdem Demographen, wie Stjepan Sterc, die kroatische Regierung schon mehrfach auf die für das kroatische Rentensystem höchst bedenklich demografische Entwicklung im Land hingewiesen haben, hat diese zwar mit der Neuschaffung eines diesbezüglichen eigenen Ministeriums reagiert, konkrete Schritte zur Lösung dieser Probleme wurden bisher jedoch weder erkennbar noch geäußert. Kroatien ist das einzige Land in Europa, das heute 2,4 Mio. Menschen weniger beherbergt, als nach den Kriegen des 20. Jahrhunderts. Es gebe keinerlei positive demografische Trends und im Land sterben jährlich 17.000 Menschen mehr, als geboren werden, was in den kommenden 10 Jahren zu einem Verlust von weiteren 200.000 Bewohnern führen würde. Bezieht man die aktuelle Emigration junger (Hoch-) Schulabgänger im Umfang von jährlich ca. 60.000 Personen in die Betrachtung ein, droht der ohnehin schon bescheidene Quotient von 1,3 in der Relation von Erwerbstätigen und Rentnern sich weiter verschlechtern.

Staatsverschuldung

Nach letzten Berechnungen der kroatischen Zentralbank betrug die weitgehend von der Zentralregierung zu verantwortende Staatsverschuldung zum 30. Juni 2016 zwar nur noch HRK 285.7 Mrd. und damit HRK 3.9 Mrd. (1,3 %) weniger als noch Ende 2015, einen positiven Einfluss auf das Länderrisiko Kroatiens bei den ausländischen Ratingagenturen hat dies jedoch bisher noch nicht gezeigt, weshalb sich der kroatische Staat momentan vorrangig des günstigeren lokalen Kapitalmarktes bedient. Deshalb hat die Verschuldung im Inland (HRK 174.2 Mrd.) zugunsten der Auslandsverschuldung (HRK 111.5 Mrd.) leicht zugenommen. Günstige aktuelle Kapitalmarktzinsen lassen jedoch im kommenden Jahr eine Entspannung erwarten.

Die kroatische Zentralmarkt bezifferte die aktuelle Auslandsverschuldung Kroatiens Ende 2016 mit EUR 43,4 Mrd. Immerhin EUR 5,4 Mrd. geringer als ein Jahr zuvor.

Hypothekenstreit

Belastend wirkt sich jedoch weiterhin der ungelöste Hypothekenstreit zwischen der Regierung und den kroatischen Geschäftsbanken über die Regelungen zur Umwandlung ursprünglich in Schweizer Franken abgeschlossenen Hypothekenkredite aus. Der kroatische Bankenverband empfiehlt der neuen Regierung so schnell wie möglich eine außergerichtliche Einigung anzustreben, damit dieser Streit das Ansehen Kroatiens an den internationalen Finanzmärkten nicht noch weiter beeinträchtigt und man nicht Gefahr laufe vor einem internationalen Schiedsgericht für die Verluste der Banken auf der staatlichen oktroyierten Umwandlungsregelung im Umfang von HRK 7,6 Mrd. doch noch herangezogen zu werden.

Um all diese Unwägbarkeiten erfolgreich begegnen zu können, bieten die jüngsten Wirtschaftsaussichten die notwendige Zuversicht. Nachdem die Weltbank die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum erst jüngst wieder von 1,9 % auf 2,4 % angehoben und für 2017 immer noch von einer Wachstums des BIP von 2,0 % ausgeht, eröffnen sich für die neue Regierung erweiterte Handlungsoptionen verbunden mit der Chance den Schuldendienst weiter reduzieren zu können.

Tourismus

Unterstützt wird dieser positive Trend auch durch eine erfreulich gut verlaufende Tourismussaison, von der man sich momentan Rekordeinnahmen in Höhe von EUR 9,5 Mrd. und daraus resultierend Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von HRK 1,3 Mrd. erwartet. Allein im September 2016 meldete das kroatische Finanzministerium Mehreinnahmen von HRK 350 Mio. gegenüber dem Vorjahr, was dazu beitrage wird, dass die Steuereinnahmen im laufenden Jahr wohl höher ausfallen werden, als bisher budgetiert. All dies ergänzt um die Anstrengungen noch mehr Fördergelder aus der Europäischen Union zu mobilisieren, trägt zu der berechtigten Hoffnung der neuen Regierung bei, dass das Haushaltsdefizit am Ende dieses Jahres signifikant niedriger ausfallen wird als bisher geplant.

Den Länderbericht inklusive Tabellen und Fußnoten lesen Sie im PDF.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Dr. Michael A. Lange

Dr. Michael A

Kommissarischer Leiter des Rechtsstaatsprogramms Nahost/Nordafrika

Michael.Lange@kas.de +361 1 385-094 +361 1 395-094
Länderberichte
14. September 2016
Jetzt lesen
Andrej Plenković (Ministerpräsident der Republik Kroatien) KAS Kroatien

comment-portlet

Asset-Herausgeber