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Veranstaltungsberichte

Südosteuropa: Journalismus-Studenten brauchen mehr Praxis

von Manuela Anastasova
Expertendebatte über die Ausbildung junger Journalisten: Studenten und Medienhäuser sind mit der Vermittlung praktischen Wissens unzufrieden

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Am 28. März 2017 tauschten sich Medienwissenschaftler, NGO-Experten und Vertreter von staatlichen Institutionen aus 15 Ländern zu Empfehlungen für Reformen der Journalistenausbildung in Südosteuropa aus. Eine Studie einer KAS-Arbeitsgruppe zum selben Thema war Anlass für die Konferenz in Sofia. Die Studie wurde mit Journalismus-Studenten aus Albanien, Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Serbien durchgeführt. Diese äußerten den Wunsch für mehr praktische Übungen in den Studienplänen und eine bessere technische Ausrüstung der Universitäten.

Die Konferenz wurde von Christian Spahr, Leiter des KAS-Medienprogramms Südosteuropa, eröffnet. Er sprach verschiedene Herausforderungen in der modernen Journalistenausbildung an. Dabei thematisierte Spahr unter anderem die digitale Entwicklung, die gesellschaftliche Verantwortung der Journalisten sowie die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Medienunternehmen, staatlichen Institutionen und NGOs im Bereich der Ausbildung. Darüber hinaus unterstrich Thorsten Geissler, Leiter des KAS-Länderbüros Bulgarien, dass die professionelle Journalistenausbildung von höchster Priorität für Politik, Medien und Universitäten sein müsse. "Unabhängiger Qualitätsjournalismus ist eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie", sagte er. Der Präsident des europäischen Dachverbands der journalistischen Bildungsinstitutionen (EJTA), Nico Drok, sagte in seiner Keynote, dass es notwendig sei, das Ziel des professionellen Journalismus im digitalen Zeitalter zu überdenken. Er stellte Rahmenbedingungen für die zukünftige Journalistenausbildung in Europa vor. Darin enthalten seien journalistische und sprachliche Fähigkeiten, Allgemeinwissen, Forschung und kritisches Denken. "Wir brauchen Praktiker, die reflektieren können", sagte Drok.

Journalismus im digitalen Zeitalter und Medienethik – zwei Seiten einer Medaille

Die erste Podiumsdiskussion widmete sich der Rolle der Journalisten für die Demokratie im digitalen Zeitalter. Die Debatte wurde von Andreas Ernst, Balkan-Korrespondenten der Neuen Zürcher Zeitung, moderiert. Jonila Godole, Leiterin des Instituts für Demokratie, Medien und Kultur (IDMC) in Tirana, setzte sich mit Medienethik als Thema der Journalistenausbildung auseinander, vor allem mit dem so genannten "Copy-and-Paste"-Journalismus. Ein Problem sah sie in der mangelnden Qualifikation von Studenten, zwischen PR-Artikeln und journalistischen Texten zu unterscheiden. Tom Law, Kommunikationsmanager des Netzwerks für Ethischen Journalismus (EJN) in London, war der Meinung, dass der Unterschied zwischen Journalismus und anderen Kommunikationsarten in den journalistischen Werten liegt. Bertrand Pecquerie, Geschäftsführer des Global Editors Network (GEN), kommentierte, dass die Zukunft des Journalismus das Smartphone sei, Studenten müssten dies als Erstes lernen. Ljiljana Zurovac, Geschäftsführerin des Pressrats in Bosnien-Herzegowina, betonte, dass die Technologie sich weiterentwickeln werde. Dennoch seien die Werte und ethischen Prinzipien die Basis für den journalistischen Beruf. Tom Law fügte hinzu, dass Journalisten und deren Publikum nicht zwischen neuen journalistischen Formen und Medienethik wählen müssten, da die etablierten beruflichen Standards weiterhin der Kern von Qualitätsjournalismus seien.

KAS-Studie zur Journalistenausbildung in Südosteuropa

Manuela Zlateva, Kommunikationsreferentin des KAS-Medienprogramms Südosteuropa, stellte die wichtigsten Ergebnisse der eingangs erwähnten KAS-Umfrage unter Journalismusstudenten und des darauf basierenden Buches "Voraussetzungen für die moderne Journalistenausbildung" vor. Die Untersuchung zeigt, dass für 34 Prozent der Befragten Journalismus einen Traumberuf darstellt. Weitere 34 Prozent erklären ihre Motivation, Journalismus zu studieren, mit der Möglichkeit, sich an gesellschaftlichen und politischen Prozessen zu beteiligen. Doch die Bedingungen in der Praxis schrecken viele ab: Nur die Hälfte der Studenten will nach dem Studienabschluss tatsächlich in den Journalismus einsteigen.

Die Studenten aus allen untersuchten Ländern bewerten die technische Ausrüstung der Fakultäten sehr kritisch. Jeder Zweite findet, dass die Universitäten technisch ungenügend ausgestattet seien. Die Mehrheit der Befragten ist auch der Meinung, dass die angebotenen praktischen Übungen unzureichend sind. Aus der Studie zog Zlateva Rückschlüsse und gab Empfehlungen für einen besseren Dialog zwischen Medieneigentümern, Wissenschaftlern und Bildungsministerien sowie staatlichen und privaten Investitionen für die Beschaffung von moderner technischer Ausrüstung. Die Studie war Ausgangspunkt für die nächste Paneldiskussion über Reformen an den Universitäten.

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