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Praktikumsbericht Dorothea Sutor

Zwei Monate Winter in der Mongolei

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Der Winter in der Mongolei ist lange und schwer. Fünf bis acht Monate im Jahr fällt immer wieder Schnee und die Temperaturen bleiben im Minusbereich. Viele Wege auf dem Land werden dann unbefahrbar, der Lebensalltag von Menschen und Tieren härter. Einige Wirtschaftsbereiche, wie die Tourismusbranche, laufen eingeschränkt; andere kommen gänzlich zum Erliegen, wie der Bausektor. In Ulaanbaatar, der kältesten Hauptstadt der Welt, kommt zur extremen Kälte noch der Smog, der insbesondere durch die Rauchabgase aus den Jurtenvierteln entsteht, welche zum größten Teil nicht an zentrale Heizsysteme angeschlossen sind. Kohlekraftwerk- und Autoabgase mischen sich darunter. Da Ulaanbaatar eingepfercht zwischen vier Bergen liegt, kann der eisige Steppenwind nicht ungehindert durch die Stadt ziehen. Im Dezember, Januar und Februar ist die Smogglocke am dichtesten.

Doch konnten mich die Kälte und die Luftverschmutzung nicht davon abhalten, im Januar nach Ulaanbaatar zu reisen. Denn ich finde, wer die Mongolei wirklich kennen lernen möchte, der sollte auch im Winter einmal hier gewesen sein!

Ich bin eine Mongolei-Liebhaberin

Sain baina uu? Mein Name ist Doro, ich bin 27 Jahre alt und habe gerade ein zweimonatiges Praktikum im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung absolviert. Irgendwie habe ich es so mit der Mongolei... Das begann im Jahr 2012, nachdem ich die Reise des australischen Abenteurers Tim Cope im Fernsehen gesehen hatte, der zu Pferd auf den Spuren Dschinghis Khans von der Mongolei bis nach Ungarn geritten ist und nebenbei die mongolische Kultur vorstellte. Als Pferde- und Naturliebhaberin fing ich schnell Feuer für dieses ferne Land in Zentralasien, wo viele Menschen als Nomaden in Jurten wohnen und in dem die letzten echten Wildpferde der Erde leben.

Während meines Bachelorstudiums der Ethnologie und Religionswissenschaft in Heidelberg und meines Masterstudiums der Mongolistik in Bonn war ich zwischen 2013 und 2016 bereits drei Mal im Sommer einige Monate in der Mongolei, um unter anderem im Tourismusbereich auf dem Land zu arbeiten und zu forschen, sowie an einem Programm der Sommerschule für junge Mongolisten/innen teilzunehmen.

Im Masterstudiengang mit dem Schwerpunkt auf die Moderne Mongolei erlerne ich die mongolische Sprache und studiere unter anderem Geschichte, Kultur, Religion, Literatur, Politik und Wirtschaft des Landes. Außerdem ist mein Freund Mongole. Wir studieren gemeinsam in Deutschland. Seine Familie lebt in Ulaanbaatar, und bei ihr haben wir während meiner Zeit hier gewohnt. Somit hatte sich für mich das Thema Wohnungssuche bereits erledigt.

Aufgaben während des Praktikums

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ermöglichte mir durch dieses Praktikum, mein im Studium erworbenes Wissen in die Tat umzusetzen und die Arbeit einer der wichtigsten deutschen politischen Stiftungen in der Mongolei mitzuerleben- und mitzugestalten. Das war eine unglaublich bereichernde Erfahrung, die mir viele neue Erkenntnisse und Kontakte gebracht hat.

Zu meinen vielseitigen Aufgaben gehörte das Bearbeiten und Aktualisieren der Homepage, der Besuch von Bildungsveranstaltungen, das Verfassen von Bürgerumfragen, das Erstellen eines Skriptes für Dreharbeiten sowie deren Durchführung, die Mitarbeit an der Bewerbung für ein EU-Projekt, Textkorrekturen- und Übersetzungen, sowie Recherche- und Schreibarbeiten.

Toll fand ich zudem, dass ich mich hier bereits auf meine Masterarbeit im Themenbereich „Nachhaltiger Tourismus in der Mongolei“ vorbereiten durfte und vor Ort zahlreiche Informationen und Ideen dazu sammeln konnte. In diesem Zusammenhang habe ich zum Beispiel ein Seminar im ´American Center for Mongolian Studies´ zum Thema „Kultur und Tourismus“ organisiert und gestaltet, wo in geselliger Runde zwischen Einheimischen und Mongoleiinteressierten angeregte Diskussionen geführt wurden.

Tsagaan Sar – Das mongolische Neujahrsfest

Während meiner Zeit hier fand auch das wichtigste religiöse Familienfest in der Mongolei statt, nämlich das Neujahrsfest - auf Mongolisch „Tsagaan Sar“ - was wörtlich übersetzt „weißer Mond“ bedeutet. Es findet je nach Mondkalender meistens im Februar statt. Zu diesem Anlass laufen schon Wochen vorher die Vorbereitungen auf Hochtouren – es muss eingekauft, gekocht, geputzt und getan werden, damit am Festtag die traditionellen Speisen auf dem Tisch stehen: gekochter Hammel mit Fettschwanz zusammen mit aufgetürmten Gebäck, Milchspeisen und Süßigkeiten, Reis mit Rosinen, Salaten und genügend frischen Buuz (mit Fleisch gefüllte, gedämpfte Teigtaschen). Manche Familien machen über 3.000 Buuz für diesen Anlass! Sich richtig satt zu essen ist wichtig, damit das kommende Jahr „füllig“ wird und es an nichts fehlt. Dazu fließt reichlich Milchtee und Wodka, und es gibt feste Rituale, wie das Austauschen von Schnupftabakflaschen, und das gegenseitige Begrüßen, bei dem man sich einander nach dem Wohlergehen erkundigt. Es ist die einzige Zeit im Jahr, in der alle nahen und entfernten Verwandten zusammen kommen, alte Unstimmigkeiten beseitigt werden können, neubegonnen wird, gemeinsam erzählt und gesungen wird. In der Regel besuchen die jüngeren die älteren Familienmitglieder, und alle machen sich schick, ziehen ihre beste Kleidung an. Für viele eine gute Gelegenheit, mal wieder ihr „Deel“ zu tragen, den traditionelle mongolische Mantel.

Bei jeder Familie, die man besucht, muss ein bisschen gesessen, gegessen und getrunken werden, und am Ende bekommen die Gäste vom Gastgeber kleine Geschenke. So habe ich das mongolische Neujahrsfest hier auch mit der Familie meines Freundes erlebt.

Kurz vor, während und kurz nach Tsagaan Sar ist Ulaanbaatar übrigens in einem Ausnahmezustand und der Autoverkehr ist besonders schlimm, weil alle Leute aufgrund von Erledigungen oder Besuchen unterwegs sind. Doch schon wenige Tage nach dem Fest hat sich die Stadt wieder beruhigt und alles geht seinen gewohnten Gang weiter.

Freizeitmöglichkeiten im Winter

Auch im Winter ist es herrlich am Wochenende die Gelegenheit zu nutzen, raus aufs Land zu fahren, allein schon um dem Smog und dem Trubel der Stadt zu entkommen. Dazu bietet sich zum Beispiel der nahe gelegene Terelj Nationalpark an, in dem man wandern, Ski- und Schlittenfahren, oder reiten gehen kann. Ein besonderes Erlebnis dort war für meinen Mitpraktikanten Jonas und mich zum Beispiel auch eine Hundeschlittentour über den gefrorenen Terelj Fluss, - einer recht neuen Wintersportart hier.

Wildtiere beobachten und in einer beheizten Jurte übernachten kann man auch im Winter im Khustai Nationalpark. Immer wieder finden außerdem Winterfestivals in und um Ulaanbaatar statt, mit Adlern, Schneeskulpturen und anderen Späßen. Wer es lieber ruhiger mag, kann Museen, Theater, Kinos, Musikkonzerte, Ausstellungen oder Wellnessorte in Ulaanbaatar besuchen.

Für alle, die gerne mehr über das Leben in den Jurtenvierteln Ulaanbaatars erfahren möchten, empfehle ich außerdem die „Ger Area Tour“ der NGO „Ger Community Mapping Center“, die auch Partner der KAS ist. Dort werden während des Besuchens einiger zentraler Orte die dortigen Lebensverhältnisse mit Ideen zu nachhaltigen Verbesserungsansätzen anschaulich erläutert.

Abschließende Worte

Zwei Monate sind eigentlich viel zu kurz für ein Praktikum in der Mongolei, und ich wäre gerne länger geblieben. Das gesamte Team hier ist sehr engagiert, hilfsbereit und herzlich, sodass man sich schnell eingewöhnt und in einer angenehmen Atmosphäre arbeiten kann. In lustiger Erinnerung werden mir auch unsere gemeinsamen Feiern im März anlässlich des Frauen- und Männertages, die in der Mongolei sehr wichtig sind, bleiben. An dieser Stelle einen großen Dank an das gesamte Team der KAS für alle schönen, gemeinsamen und lehrreichen Erfahrungen hier!

Was ich kommenden Praktikanten/innen noch ans Herz legen möchte: lernt ruhig ein bisschen Mongolisch, auch wenn es nicht die leichteste Sprache ist! Viele Mongolen sprechen kaum Englisch. Außerhalb des Büros, in dem alle gut Deutsch sprechen, lohnt es sich definitiv, nach dem Weg fragen oder ein Taxi bestellen zu können, oder um sich beim Einkaufen oder im Café besser zu orientieren und zu verständigen. Man wird zudem definitiv respektvoller und freundlicher behandelt, wenn man sich um ein paar Floskeln in der Landessprache bemüht.

Übrigens noch gibt es Luftreiniger in den Büroräumen, was bei der Luftverschmutzung im Winter eine echte Erleichterung ist! Draußen, wo einem so gut wie jeden Tag eine strahlende Sonne entgegen lacht, ist es durchaus ratsam, besonders morgens und abends eine Atemschutzmaske zu tragen. Dazu dick eingepackt in warme Winterklamotten und mit einer guten Portion Humor und Flexibilität versehen, lässt es sich auch im Winter gut leben in der Mongolei.

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Praktikant Dorothea Sutor

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