Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Wie war die DDR wirklich?

von Dr. Eckhard Lemm

Der SED-Staat zwischen Legenden und Realität

Vortrags- und Diskussionsabend zum Thema DDR mit Dr. Eckhard Lemm im Ostseebad Kühlungsborn

Asset-Herausgeber

Dr. Eckhard Lemm

Wie war die DDR wirklich? Dieser Frage wurde am 10. April 2018 bei einem Vortrags- und Diskussionsabend im Ostseebad Kühlungsborn nachgegangen. Der Referent, Dr. Eckhard Lemm, war bis 1990 Bürger der DDR, weiß also, worüber er spricht, wenn er Probleme des SED-Staates thematisiert. Da selbstverständlich kein vollständiges und widerspruchsloses Bild geliefert werden kann, waren die Veranstaltungsteilnehmer herzlich eingeladen, hierzu auch eigene Erfahrungen einzubringen.

Obwohl Presse, Rundfunk und Fernsehen unermüdlich über die menschenverachtenden und verbrecherischen Seiten des SED-Regimes berichten, wird der Arbeiter- und Bauernstaat inzwischen von einem beträchtlichen Teil der ehemaligen DDR-Bewohner nicht mehr vordergründig mit Diktatur, Stasi, Unterdrückung und Mangelwirtschaft in Verbindung gebracht. Stattdessen stehen oftmals nur noch die vermeintlich positiven Seiten des Sozialismus im Mittelpunkt der Betrachtung. So wird der SED-Staat fast 30 Jahre nach der Öffnung der Berliner Mauer als Ort eines sozialen Paradieses gesehen. Zudem habe die DDR große internationale Anerkennung genossen. Der Faschismus sei mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden. Im "Friedensstaat DDR" habe es immer nur friedliche Lösungen gegeben. Der deutsche Arbeiter- und Bauernstaat sei ein wichtiger Teil der fortschrittlichen Welt gewesen. Aber wie war die DDR wirklich?

Bei Lichte betrachtet gab es in der Deutschen Demokratischen Republik nicht nur ein paar kleinere Unzulänglichkeiten, sondern grundlegende gesellschaftliche "Todsünden", die sich nicht einmal mit den Lehren des "Marxismus-Leninismus" erklären ließen. So erwies sich der Arbeiter- und Bauernstaat als ein Staat, in dem während der Zeit seines Bestehens viel Unrecht geschehen ist. Mit Hilfe der Roten Armee gelang es den deutschen Kommunisten in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) einen Staat aufzubauen, der auf schreckliche und unmenschliche Weise die Grund- und Menschenrechte verletzte, der keine parlamentarische Demokratie und auch kein echtes Mehrparteiensystem zuließ, der durch die Herrschaft einer undemokratischen Partei die Bürger von jeder politischen Mitbestimmung ausschloss, in dem keine freien und geheimen Wahlen stattfanden, in dem es keine freien und unabhängigen Medien gab, in dem keine Meinungsfreiheit herrschte.

Die DDR war kein Rechtsstaat. Stattdessen war sie ein Staat, in dem es keine Gewaltenteilung und unabhängigen Gerichte gab, der für seine Bürger keine Möglichkeiten vorsah, staatliches Handeln gerichtlich überprüfen zu lassen, der seine Bewohner und die Gesellschaft in allen Bereichen überwachte und kontrollierte, der politisch Andersdenkende strafrechtlich verfolgte. Obwohl die DDR eine Verfassung hatte, war sie kein Verfassungsstaat. Die erhebliche Kluft zwischen den geschriebenen Artikeln und der Verfassungswirklichkeit war für jedermann sichtbar. Zudem gab es keine Verfassungsgerichtsbarkeit.

Der antifaschistische Gründungsmythos der DDR stand im klaren Widerspruch zur gesellschaftlichen Realität. Die brutale und gewaltsame Umwälzung der Eigentumsverhältnisse im Namen des Antifaschismus war Unrecht und verstieß gegen die Grundrechte.

Die SED sah ihren Staat immer gern als friedliebend an, forcierte aber ständig die Militarisierung der ganzen Gesellschaft.

Die Ursachen für den Untergang der DDR waren in erster Linie ökonomischer Natur. Einerseits lagen Arbeitsproduktivität und technische Innovation deutlich niedriger als in entwickelten westlichen Industrieländern und andererseits lebte der Arbeiter- und Bauernstaat durch eine ausufernde Sozialpolitik besonders während der Honecker-Ära über seine Verhältnisse. Zudem drohte eine ökologische Katastrophe. Die DDR war nicht in der Lage, Mittel für Investitionen in den Umweltschutz aufzubringen. Darüber hinaus besaß sie keine Bündnispartner mehr, die ihr in ihrer Krise helfen konnten. Selbst die Sowjetunion war dazu wirtschaftlich nicht mehr in der Lage.

Abschließend kann eingeschätzt werden, dass auch die geringere Lebenserwartung der Ostdeutschen zu den Erblasten des Sozialismus gehört. Die Menschen in der alten Bundesrepublik lebten etwas länger, weil es hier weniger Defizite im Lebensstandard und in der medizinischen Versorgung gab. Außerdem wirkten sich die bestehenden Umwelteinflüsse und Arbeitsbedingungen ungünstig auf die Langlebigkeit der ehemaligen DDR-Bewohner aus.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber