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Veranstaltungsberichte

"Europa braucht mehr Flexibilität und Subsidiarität"

von Reinhard Wessel

Simon McDonald, britischer Botschafter in Deutschland, zu Gast im Munster

Dafür warb der Diplomat anlässlich seines Beitrags zur Wintervortragsreihe der Panzerlehrbrigade 9 und der KAS Hannover vor über 250 Gästen in der Offizierheimgesellschaft Munster. „Die EU braucht weniger Zentralismus und eine variable Geometrie mit verschiedenen Integrationstiefen.“ Themen wie die Frauenquote könnten am besten auf nationaler Ebene geklärt werden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Menschen das Gefühl bekommen, etwas aufgezwungen zu bekommen.

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Gleich zu Beginn machte der Botschafter deutlich, dass Großbritannien – bei allen Differenzen und Meinungsverschiedenheiten – in der Europapolitik einige Ziele verfolge, die mit der deutschen politischen Agenda durchaus übereinstimmten. Dazu gehören vor allem die Bewältigung der aktuellen Krise, die Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und die in Zukunft nötigen institutionellen Veränderungen der EU.

Zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen stünde jeder einzelne europäische Staat vor dem Problem, wie er sein wirtschaftliches Wohl sichern und seiner Stimme Gehör verschaffen kann. Der EU käme dabei eine dienende Funktion zu. Sie hätte zu helfen, diese beiden Herausforderungen zu meistern. In diesem Zusammenhang plädierte der Botschafter ausdrücklich für eine Ausweitung und Vertiefung des Binnenmarktes, der sich zu einer der größten Erfolge der EU entwickelt habe und begrüßte ausdrücklich die Vorschläge für die Binnenmarktakte II, in der auch die Bereiche digitale Wirtschaft, Dienstleistungen und Energie aufgenommen werden sollten. Neben weiteren Handelserleichterungen innerhalb der EU wünschte sich der Botschafter aber auch weitere Kraftanstrengungen im Hinblick auf das „riesige Potenzial der Schwellenländer“ sowie den Abschluss eines Freihandelsabkommen mit den USA.

Im Rückblick auf die EU-Außenpolitik der vergangenen Jahre verwies er auf die Erfolge der europäischen Staaten, „wenn sie zusammenarbeiten“. So sei es gelungen, das iranische Atomprogramm in Schach zu halten, die Demokratisierung Birmas zu unterstützen, den Demokratiebewegungen in Arabien zu helfen und die Piraterie am Horn zu Afrika wirkungsvoll zu bekämpfen. Er machte aber auch deutlich, dass die EU zwar ein Teil der Lösung für die großen Fragen sei, aber nicht die einzige Lösung darstelle. Nur weil manches in Abstimmung mit den europäischen Partnern gut funktioniere, brauche man deshalb nicht alles im 27er-Club zu unternehmen: Eine effektive EU müsse nicht unbedingt größer, teurer oder zentralisierter sein.

Vor diesem Hintergrund kündigte er an, dass die britische Regierung in den kommenden zwei Jahren prüfen wird, was die EU tut und wie sich das auf die Bürger Großbritanniens auswirkt, um so einen konstruktiven und seriösen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte darüber zu leisten, wie die EU reformiert und modernisiert werden könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die EU – erst recht nach der Aufnahme weiterer Staaten Südosteuropas – durch große Vielfältigkeit gekennzeichnet sei. Diese gelte es anzuerkennen und weiter wörtlich: „Die britische Regierung will, dass Großbritannien eine führende Rolle in Europa spielt, aber die Unzufriedenheit der britischen Öffentlichkeit mit der EU ist so groß wie nie zuvor. Die Bürger haben das Gefühl, dass die EU ihnen in zu vielerlei Hinsicht etwas aufzwingt, bei dem sie nicht mitreden können. Das muss sich ändern. Wenn es nicht möglich ist, Kompetenzen, die an die EU abgetreten wurden, wieder in die nationalen Parlamente zurückzuholen, dann ist das System nicht mehr demokratisch tragfähig. Dies wird in Großbritannien vielleicht am stärksten empfunden, aber wir sind nicht die Einzigen, die Vorbehalte haben.“

Zum Schluss machte der britische Botschafter nochmals deutlich, dass die Union zukünftig mehr Flexibilität und eine „variable Geometrie“ brauche, die auf den verschiedenen Arbeitsfeldern einen unterschiedlichen Integrationsgrad möglich machen solle. Dieser Weg sei nicht einfach, aber es würde ein Europa sein, das mit den rapiden Veränderungen der Welt und den sich entwickelnden Interessen jedes einzelnen Mitgliedslands Schritt halten würde.

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