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„Managing expectations“ – Die neue amerikanische Regierung und die transatlantischen Beziehungen

Munster, 5. Februar 2009

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Die Außenpolitik der neuen amerikanischen Regierung ist derzeit Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Wie geht es weiter in Afghanistan, wie steht es um das Verhältnis USA-Rußland, wie um die Lastenteilung in der Allianz, die Erweiterung der NATO? Und was könnte der Regierungswechsel für den Einsatz deutscher Streitkräfte bedeuten? „Yes we can“ avancierte zum geflügelten Wort, das um die Welt geht, und fast beängstigend große Erwartungen an die neue Regierung Barack Obamas geweckt hat.

Seinen Vortrag eröffnete Dr. Keller gleich mit einer überraschenden Einschätzung: Entgegen den verbreiteten Erwartungen werde Barack Obama seine Schwerpunkte in der Innenpolitik setzen und sich vor allem um die Wirtschaft-, Finanz- und Gesundheitspolitik kümmern. Das erwarteten die Amerikaner von ihrem neuen Präsidenten. Diese Anstrengungen bänden in den kommenden Jahren einen erheblichen Teil der politischen und wirtschaftlichen Kraft der Vereinigten Staaten. Zur möglichen Entwicklung der US-Außenpolitik präsentierte Dr. Keller zunächst einen Überblick über die Außenpolitik früherer Präsidenten, das „Erbe“ Barack Obamas. Grob könne man zwischen einer opportunistisch geprägten Interessenpolitik und der ideologisch befeuerten Idee von einer „moralischen Mission“ der USA auf der ganzen Welt unterscheiden; zwei grundlegende Paradigmen, um die die amerikanische Politik von Ronald Reagan über Bill Clinton bis zu George W. Bush kreiste. Daran werde sich weniger als erwartet ändern, so Keller. Im Gegensatz zu verbreiteten Ansichten, sei Barack Obamas Politik in den Fußstapfen des liberalen Internationalismus Bill Clintons aber durchaus idealistischer als die Demokratisierungstheorien George W. Bush’. Die neokonservativen Denker verlören an Einfluß, und die Streitigkeiten um die Versuche europäischer Gegenmachtbildung – das Wort des ehemaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld vom „alten Europa“ ist noch in Erinnerung - seien beigelegt.

Für den neuen Präsidenten gehe es außenpolitisch um „burden sharing“, um Rekrutierungspolitik für die Krisenherde auf der ganzen Welt. Entsprechende Aufforderungen an die europäischen Verbündeten würden nicht lange auf sich warten lassen. Tatsächlich bat US-Vizepräsident Joe Biden die Verbündeten auf der Münchener Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende um Hilfe und verband dies mit der Versicherung, dass sich die USA um enge Abstimmung bemühen würden. Dr. Keller prognostizierte zudem einen pragmatischeren Umgang der neuen Administration mit Russland sowie mit der NATO-Osterweiterung. Außerdem sei mit einer Verstärkung der amerikanischen Streitkräfte um rund 100000 Soldat(inn)en zu rechnen. Das iranische Nuklearprogramm sei kaum noch aufzuhalten, und man müsse abwarten, ob die neue Regierung in den Beziehungen zu Iran Fortschritte erzielen könne. Die militärische Option bliebe jedoch relevant, darauf könne auch Barack Obama nicht verzichten.

Die USA blieben die stärkste Macht der Welt, und letztlich garantierten nur sie die Stabilität des internationalen liberalen Systems. Für Europa, besonders für Deutschland, sei die enge Anlehnung an die USA deshalb schlicht ein Gebot der Klugheit. Dabei solle nicht immer darauf gewartet werden, welche Richtung die amerikanische Politik einschlage, was sie von den europäischen Verbündeten fordere. Dringend notwendig sei vielmehr, die Initiative zu ergreifen, Ideen einzubringen und die außen- und sicherheitspolitischen Weichenstellungen der Zukunft aktiv mitzugestalten.

In der anschließenden spannenden Diskussion wurde vor allem die Forderung Dr. Kellers nach einer eindeutigen Anlehnung an die USA kritisch bewertet. Wer nur den Schutzschirm der USA in Anspruch nähme, ohne sich aktiv zu beteiligen und seinen Teil beizutragen, dürfe allerdings auch kein Mitspracherecht bei den grundlegenden politischen Entscheidungen fordern, so Dr. Keller.

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