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In Polen wird wieder über die Gründung neuer Parteien diskutiert

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In Polen wird wieder über die Gründung

neuer Parteien diskutiert

von

Stephan Raabe

Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen

Warschau, 16. Februar 2005

Vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen dieses Jahres, die im Herbst statt-finden werden, wenn nicht vorher die Regierung Belka zurücktritt und damit den Weg zu vorgezogenen Wahlen im Juni ebnet, wird in Polen wieder einmal über die Bildung neuer Parteien oder politischer Formationen nachgedacht.

Beratungen über die Gründung einer neuen Links-Partei

So berichtete in der vergangenen Woche die polnische Presse von der möglichen Gründung einer neuen Links-Partei. Mutmaßungen über Pläne zur Gründung einer Sammlungsbewegung des linken Spektrums kursieren seit längerem. Nach dem tie-fen Absturz des die Regierung tragenden postkommunistischen Bundes der demo-kratischen Linken (SLD) in der Wählergunst auf ganze sechs Prozentpunkte, der durch zahlreiche Affären mit verursacht wurde, und nach der bereits vor einem Jahr erfolgten Neugründung und Abspaltung der Sozialdemokratie Polens (SdPl) von der SLD macht man sich in Kreisen um den Präsidenten Kwaśniewski, Premierminister Belka und Parlamentspräsident Cimoszewicz ernsthafte Gedanken um die Zukunft der Linken. Jetzt erhielten die Spekulationen mit dem Austritt des Vizepremiers und Wirtschaftsministers, Jerzy Hausner, aus dem postkommunistischen SLD Auftrieb. Die SLD-Führung zeigte sich überrascht und verärgert über den Abgang Hausners. Diesem wurde unmittelbar nach Bekannt werden seines Schrittes die Mitarbeit in der Sozialdemokratie (SdPl) angeboten, was Hausner jedoch ablehnte. Im linken Spekt-rum will man bis Ende März beraten, wie es weiter gehen soll.

„Den Wahnsinn der Rechten und das Verderben der Linken aufhalten“

Aufruf zur Bildung einer neuen Formation der bürgerlichen Mitte

Im Zusammenhang mit dem Austritt Hausners aus der SLD wurde in der Presse auch eine weitere mögliche Konstellation, eine neue Koalition, der Mitte erwogen. Diese könnte durch die Verbindung von abtrünnigen Reformern aus der SLD mit der liberalen Freiheitsunion (UW) und der ebenfalls reformorientierten, aber konservati-ven Zentrumspartei entstehen. Tadeusz Mazowiecki, erster frei gewählter Minister-präsident Polens nach 1989, Władysław Frasyniuk, Vorsitzender der liberalen Frei-heitsunion, Janusz Steinhoff, Wirtschaftsminister in den 90er Jahren in der Regierung Buzek und heute Gründer und Vorsitzender der kleinen Zentrumspartei, sowie Jerzy Hausner (ehemals SLD) könnten die „Fahnenträger” der neuen Partei sein.

Noch in der vergangenen Woche räumten politische Beobachter einer solchen neuen parteipolitischen Konstellation nur wenige Chancen ein. Die einzelnen Politiker seien zu unterschiedlich und passten nicht zueinander. Bei Hausner sei zweifelhaft, inwie-weit er eine politische Basis und Vision habe und wer ihn aus den Reihen der SLD unterstütze. Janusz Steinhoff (Zentrumspartei) wird stark mit der Wahlaktion Solidarność (AWS) assoziiert. Auch sei fraglich, ob die Wähler solch eine Partei brauchten. Viele Wähler würden durch die liberal-konservative Bürgerplattform (PO) absorbiert. Man müsste sie entweder mit einem überzeugenden Programm oder poli-tischen Persönlichkeiten anlocken. Beide Bedingungen seien nicht erfüllt.

Am vergangenen Sonntag, den 13. Februar unterschrieben nun tatsächlich die vier genannten Persönlichkeiten – Mazowiecki, Frasyniuk, Steinhoff und Hausner - einen offenen Brief zur Bildung einer neuen bürgerlichen Zentrums-Formation. Die neue Formation soll, wie es in dem Aufruf heißt, „den Wahnsinn der Rechten und das Ver-derben des Staates durch die SLD“ aufhalten. Mit der Initiative soll eine europa-freundliche Bewegung zwischen den politisch desavouierten Linken und den euro-skeptisch-populistischen Rechten installiert werden. In dem Aufruf heißt es, man wol-le sich für eine liberale Wirtschaftsordnung einsetzen und wolle Polen „einen blei-benden Platz in der Europäischen Union sichern“. Man wisse aber noch nicht, ob sich die Initiative in Form einer Koalition oder einer neuen Partei organisiere. Füh-rende Mitglieder der Freiheitsunion (UW) waren offensichtlich in die Aktion ihres Par-teiführers nicht eingeweiht und über die zukünftigen Partner aus der Zentrumspartei ziemlich überrascht, da es sich um etliche ehemalige Minister der Regierung Buzek aus der Wahlaktion Solidarność (AWS) handelt, die zu jener Zeit heftig kritisiert wur-den.

„Misslungener Coup“: Wenig Chancen für Zentrumsinitiative

Als „misslungenen Coup” bezeichnet ein eher konservativer Gastkommentator in der größten Tageszeitung, der liberalen Gazeta Wyborcza, die Initiative. Sie sei schlecht vorbereitet, zu früh an die Öffentlichkeit gekommen und unzureichend abgestimmt, denn es wurden auch Namen von Personen genannt, die nichts davon wussten, dass sie beteiligt sein sollten. Zudem sei das inhaltliche Profil des Zusammenschlus-ses und der politische Mehrwert insbesondere für die Freiheitsunion völlig unklar. Mit der Parole einer Zentrums-Formation versuche man Wasser mit Feuer zu verbinden – so weitere Kommentare. Es bestehe zwar ohne weiteres ein Interesse an einer Zentrums-Partei, aber für einen Zusammenschluss von Liberalen, Linken und Kon-servativen sei es wahrscheinlich zu früh. Dies wäre, so der ehemalige Arbeitsminister in der Regierung Buzek, Longin Komołowski, mit dem Überschreiten des Rubikon zu vergleichen. Wahrscheinlich müsse man einmal dazu kommen, aber ob dies jetzt der richtige Zeitpunkt sei, da habe er große Zweifel.

Liberale Kommentatoren meinen, dass man auf die Freiheitsunion nicht verzichten sollte. Mazowiecki sei zwar eine große Autorität, aber was jetzt passiere, sei unkoor-diniert und nicht gut durchdacht. Der Platz im Zentrum sei frei, es bestehe auch ein Bedarf an einer neuen Qualität in der Politik, aber ob diese Initiative gelinge hänge wesentlich von zwei Faktoren ab: erstens davon, was auf der linken Seite passiere, ob Präsident Kwaśniewski eine linksliberale Formation mit Cimoszewicz und Belka bilden werde, und zweitens davon, wie sich die Bürgerplattform verhalte, ob sie im Wahlkampf die politische Mitte einnehme oder mehr nach rechts tendiere. Viel hänge auch von den Köpfen der neuen politischen Formation ab. Werde sie nur als „Ret-tungsboot“ betrachtet, um in den Sejm zu gelangen, werde diese Koalition nach den Wahlen nicht lange halten. Viele Kommentatoren räumen eher der Bildung einer neuen „ehrlichen” linken Formation Chancen ein, als einer neuen Zentrumspartei.

Neue Rechtspartei zur „Rettung Polens“

Unterdessen gibt es auch auf Seiten der Rechten im Umkreis des religiösen, aber rechtspopulistisch-nationalistischen Senders „Radio Maria“ konkrete Überlegungen zur Gründung einer neuen Partei. Wie die Gazeta Wyborcza vom 16. Februar berich-tet, beschäftigt sich die eng mit dem Sender verbundene Stiftung „Unsere Zukunft – Polen“ mit der Organisation einer Partei, die ausgehend von dem etwa 200.000 An-hänger zählenden Freundeskreis von „Radio Maria“ ihre Struktur in den bereits vor-handenen religiösen Organisationen und Jugendvereinigungen auf Pfarrebene so-wohl auf dem Land wie auch in den Städten aufbauen will. Erste Zirkel soll es bereits in Pommern und in den Regionen um Krakau und Lublin geben. Ähnlich wie die Liga der Polnischen Familien (LPR), zu der die neue Partei in direkte Konkurrenz träte, will man den EU-Beitritt Polens rückgängig machen. Zudem sollen dem Staatspräsi-denten stärkere autoritäre Vollmachten eingeräumt werden, ähnlich wie sie die polni-sche Verfassung von 1935 vorsah. Andere Programmpunkte wie die „Wiederherstel-lung von Volkseigentum“ und die Wiedereinführung staatlicher Planwirtschaft sind von der Selbstverteidigungspartei (Samoobrona) oder den Kommunisten entlehnt. In einer fatalen Vermischung von religiösem Glauben und Politik heißt es in dem Mani-fest der entstehenden Partei: durch die Wahl einer Volksmacht solle das gequälte Vaterland auf das Königreich der Mutter Gottes, der Königin Polens vorbereitet wer-den. Dieses Königreich werde jedem Polen Arbeit geben.

Angesichts dieser Tendenzen ist die Verantwortung der katholischen Bischöfe, aber auch von katholischen Laien gefordert. In der Vergangenheit wandten sich Bischöfe mehrfach gegen die oft manipulierte Berichterstattung von „Radio Maria“ und riefen den Sender auf, seine politische Polemik zu mäßigen und seinen latenten Antisemi-tismus zu unterlassen. Nach eigenen Angaben erreicht der Sender an die fünf Millio-nen Zuhörer und finanziert sich aus Spenden.

Die Zustimmung zu den bestehenden Parteien zeigt sich derweil laut aktueller Um-fragen zum Wahlverhalten relativ stabil. Die Bürgerplattform (PO) als größte Opposi-tionspartei hat gegenüber Oktober 2004 leicht verloren von 27 auf 25 %. Recht und Gerechtigkeit (PiS), bei einem Wahlsieg des bürgerlichen Lagers der wahrschein-lichste Koalitionspartner der PO, hat einen Prozentpunkt zugelegt von 14 auf 15 %. Auch die bäuerlich geprägte Volkspartei (PSL), die Mitglied der EVP-Fraktion im Eu-ropäischen Parlament ist, konnte sich von 6 auf 7 % verbessern. So hätten die bür-gerlichen Parteien mit 40 bzw. 47 % eine recht klare Mehrheit.

Die populistischen Rechtsparteien Liga der Polnischen Familien mit 13 % (minus 1%) und Selbstverteidigung mit 12 % konnten ihre Position behaupten. Die liberale Frei-heitsunion liegt bei 5 % (minus 1%), die regierenden Altkommunisten vom Bund der demokratischen Linken verzeichnen nach wie vor nur 6 %.

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