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Besuch oder Nicht-Besuch?

Gedenkfeier in Polen ohne Donald Trump – politische Signale

Besuch oder Nicht-Besuch? Der angekündigte Besuch von US-Präsident Donald Trump am 1. September in Warschau zur Gedenkfeier anlässlich des 80. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges hat im Vorfeld in Polen wie in Deutschland vielerlei Interpretationen erfahren. Doch dann folgte Trumps plötzliche Absage und Irritationen taten sich auf. Als kurz darauf Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Teilnahme ankündigte, sorgte dies – vor dem Hintergrund von Trumps just zuvor vollzogenem Sinneswandel – für weitere Spekulationen. Inzwischen haben die Feierlichkeiten auf dem geschichts- wie prestigeträchtigen Piłsudski-Platz im Herzen der polnischen Hauptstadt stattgefunden. Anwesend waren der polnische Staatspräsident und Gastgeber Andrzej Duda sowie mehr als dreißig hochrangige Staatsvertreter, wobei Deutschland – mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel – die Präsenz zeigte. Die Vereinigten Staaten vertrat Vizepräsident Mike Pence. Viele Fragen zum Verhältnis Polen-Deutschland-USA aber bleiben offen, hierzu einige Antworten:

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Warum die Absage durch Trump? Welches Signal an Polen?

Den Ausschlag gab die Wetterlage: Hurrikan Dorian, der mit besorgniserregender Windstärke Kurs auf Florida nahm, wurde offiziell als Begründung genannt. Dies wurde in Polen auch überwiegend anerkannt und ernst genommen. Die Sicherheit der eigenen Bürger vor alles andere zu stellen, sei nichts Ungewöhnliches und würde auch in anderen Ländern vom jeweiligen Präsidenten erwartet, hieß es fast einstimmig in polnischen Medien. Vor allem vor dem Hintergrund des Vorwurfs an George W. Bush im Jahr 2005, auf Hurrikan Katrina in New Orleans nicht angemessen reagiert zu haben, sei die Reaktion mehr als verständlich und nicht als Affront zu werten. Ziehe man zudem den Vorwahlkampf zu den US-Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr und die politische Bedeutung des Bundesstaates Florida mitsamt seinem beträchtlichen Wählerpotential in Betracht, ist die Priorisierung der innen- vor der außenpolitischen Motivation durchaus verständlich. Dennoch mag es noch weitere Aspekte gegeben haben, deren Zusammenspiel letztendlich zur Absage führte:

Einer davon könnte in der Kritik an Präsident Dudas Schirmherrschaft für die Feierlichkeiten der sogenannten „Heiligkreuz-Brigade“ zu finden sein, die am 11. August ihren 75. Gründungstag mit militärischen Ehren in Warschau feierte. Die umstrittene Untergrundgruppe gilt als eine faschistische Gruppierung, die mit den Nazis kollaborierte, so dass die genannte Veranstaltung bei jüdischen Verbänden weltweit, vor allem aber in den USA, für Empörung sorgte, wonach Präsident Duda seine Teilnahme, nicht aber seine Schirmherrschaft zurückzog. Dass auch von dieser Seite Druck auf Donald Trump ausgeübt worden sein könnte, mit der derzeitigen polnischen Regierung nicht allzu sehr auf Kuschelkurs zu gehen, ist mehr als wahrscheinlich. Zudem war durch die Irritationen um Grönland und die Streichung des Besuches in Dänemark ein für Trump wichtiger Teil der Reise entfallen. Dies und das in Biarritz stattgefundene Treffen mit europäischen Führungspersönlichkeiten, das das Gefühl erzeugt haben mag, Europa im Rahmen der außenpolitischen Schwerpunktsetzung vorerst Genüge getan zu haben, könnte den US-Präsidenten in seiner bekannt erratischen Art zusätzlich bewogen haben, kurzfristig abzusagen. Verbunden mit der Gewissheit, in Polen ohnehin gleichermaßen beliebt wie gebraucht zu werden, sowie dem Vertrauen, die geplanten Verhandlungen mit der polnischen Seite auch ohne die eigene persönliche Anwesenheit in guten Händen zu wissen.

Letzteres ist mit Sicherheit der Fall, denn was auch immer die Hintergründe sein mögen: Donald Trumps Absage sagt weder etwas aus über den Zustand der Beziehungen zu Polen, noch wird sie diese gefährden, sind sie doch so gut wie zu kaum einem anderen europäischen Land. Und aufgeschoben ist nicht aufgehoben – der US-Präsident ließ sogleich wissen, dass sein Besuch in Kürze nachgeholt werden würde. Dies wäre dann bereits der zweite Besuch des amerikanischen Staatsoberhauptes (womit Polen weltweit nach Frankreich und Großbritannien zum am öftesten besuchten Land aufstiege), wohingegen Deutschland bisher lediglich im wahrsten Sinne des Wortes überflogen wurde. Doch was sind die Gründe für die Zuwendung zu Polen? Und welche für die Abwendung von Deutschland?

Polen und die USA - Zu Gast bei Freunden

Warum Donald Trump erneut nach Polen reisen wollte, beantwortet zunächst der Anlass selbst: Am 1. September 2019 jährte sich der Überfall Deutschlands auf Polen – und damit der Beginn des Zweiten Weltkrieges – zum achtzigsten Mal. Dass der US-Präsident – als Vertreter der wichtigsten westlichen Siegermacht – zur zentralen Gedenkveranstaltung in Warschau eingeladen war (im Gegensatz zum russischen Präsidenten Wladimir Putin), ist selbstverständlich. Geplant war aber mehr: Der dreitägige Staatsbesuch sollte einen Truppenbesuch beinhalten (der allerdings noch vor der offiziellen Absage gestrichen wurde – über die Gründe kann nur spekuliert werden) sowie zahlreiche Gespräche, die aber trotz der Abwesenheit des US-Präsidenten wegweisend sein könnten: Die Delegation um Vizepräsident Mike Pence umfasste rund 1000 hochrangige Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft, die sicherheits- und energiepolitische Anliegen voranbringen sollen; etwa Details bezüglich der Einrichtung einer neuen US-Militärbasis in Südostpolen, oder auch des Baus eines zweiten Flüssiggasterminals in Danzig als Teil des strategisch wichtigen Gasgeschäfts.

Die Anliegen gründen auf Vereinbarungen, die bereits im Juni dieses Jahres während des Besuches von Staatspräsident Andrzej Duda in Washington getroffen wurden. Schon lange wünscht Polen sich eine permanente amerikanische Militärbasis im Land, für die es auch selbst aufkommen möchte: Zwei Milliarden US-Dollar hatte Duda in Aussicht gestellt und den verlockenden Vorschlag, sie „Fort Trump“ zu nennen. Eine permanente Stationierung von NATO-Truppen im Land würde jedoch im Widerspruch stehen zur NATO-Russland-Grundakte aus dem Jahr 1997, die dies in der Nähe der russischen Grenzen untersagt. Und das Verhältnis zu Moskau würde nur weiter strapaziert, weswegen der Gedanke zunächst auf Eis gelegt wurde. Beschlossen aber wurde die Verlegung von 1000 (statt – wie von Warschau gewünscht – 2000) Soldaten von Deutschland nach Polen, um diese dort – zusätzlich zu den bereits 4.500 dort stationierten US-Soldaten –  rotieren zu lassen. Ferner unterzeichnete Duda zudem Verträge über den Erwerb von 32 amerikanischen Kampfjets des Typs F-35 für schätzungsweise 80 Millionen Dollar (je Einzelexemplar) sowie einen weiteren Liefervertrag über Flüssiggas im Umfang von zwei Milliarden Dollar.

Überhaupt lässt Polen sich seine Sicherheit einiges kosten: Im Jahr 2018 wurde mit dem Kauf von zwei Boden-Luft-Raketensystemen vom Typ „Patriot“ für 4,75 Milliarden Dollar das bisher größte Rüstungsgeschäft abgeschlossen. Im Februar 2019 wurde in 20 mobile Raketenabschusssysteme vom Typ „Himars“ im Wert von umgerechnet 365 Millionen Euro investiert, gefolgt einige Monate später von der Bestellung der bereits erwähnten 32 Mehrzweck-Kampfflugzeuge vom Typ "F35". Die finanzielle Dimension der polnisch-amerikanischen Beziehungen ist somit unübersehbar. Und auch in der NATO zeigt Polen sich als Musterschüler: Bereits jetzt werden mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für militärische Zwecke ausgegeben (bis zum Jahr 2030 sollen es 2,5 Prozent sein), womit das Land als einer der wenigen Bündnispartner seinen Verpflichtungen innerhalb der NATO nachkommt.

Die Ambitionen haben ihren Grund – und dieser ist Russland. Das historisch gewachsene Bedrohungsgefühl hat sich spätestens seit dem Überfall auf die Krim weiter vertieft, die Verstärkung der NATO-Ostflanke wird als existentiell wahrgenommen. Passivität Russland gegenüber wird in Polen parteiübergreifend als brandgefährlich betrachtet, insbesondere angesichts von Verletzungen des Luftraums und der Hoheitsgewässer anderer Staaten, aber auch im Hinblick auf Cyber- und andersartige Attacken, die als bewusste Akte der Provokation betrachtet werden. So war es auch kein Versäumnis, dass der russische Präsident Wladimir Putin von den Gedenkfeierlichkeiten am 1. September ausgeschlossen wurde: Der Schlüssel zu den Einladungen sei „nicht historischer“, sondern „zeitgenössischer Natur“, wie der Pressedienst von Präsident Duda vermeldete. Polen werde zusammen mit denjenigen Staaten, mit denen es heute für den Erhalt und die Weiterverbreitung von Frieden zusammenarbeite, an die dramatischen Ereignisse erinnern – in einer Welt, die auf der „Beachtung des Völkerrechts“ beruhe. Dass Moskau darauf mit Fassungslosigkeit und Verärgerung reagierte, ließ die Warschauer Regierung unbeeindruckt.

Deutschland – ein schwieriger Partner

Vor diesem Hintergrund verwundert die enge Verbindung Polens zu den USA, die als einzig wahre Schutzmacht Russland gegenüber verstanden wird, ebensowenig, wie umgekehrt die Lobeshymnen des amerikanischen Präsidenten auf den verlässlichen transatlantischen Partner in Mittelosteuropa. Polen hat zudem verstanden, dass der Geschäftsmann, der Donald Trump im Grunde seines Wesens geblieben ist, in „deals“ zu denken scheint und macht entsprechende Angebote, während Deutschland seinerseits nicht nur nicht proaktiv reagiert, sondern sich vielmehr sperrig gibt. Und auch jenseits der Einschätzung bezüglich der NATO-Ostflanke, auf deren Stärkung Polen pocht, gibt es Gemeinsamkeiten, die sich mit Blick auf Deutschland als trennend erweisen: Hierzu zählen etwa die Ablehnung von Ostseepipeline Nord Stream 2, die als energiepolitischer Abhängigkeitsfaktor von Russland gesehen wird und von beiden Ländern aus geostrategischen, aber auch aus wirtschaftlichen Interessen heraus bekämpft wird (seitens der USA vor dem Hintergrund des eigenen Exports von Flüssiggas, von Polen aufgrund eigener Investitionen im Energiebereich in der Region), aber auch das gegenseitige Verständnis mit Blick auf die Abschottung gegenüber Migranten sowie die Sicht auf die umstrittene Justizreform in Polen, wie es US-Präsident Trump anlässlich des Besuches von Präsident Duda in Washington zum Ausdruck brachte.

Entsprechend gilt Deutschland den Vereinigten Staaten als schwieriger Partner und die Drohung, Soldaten aus der Bundesrepublik nach Polen zu verlegen, wird von vielen Beobachtern als Abstrafung Deutschlands und als Signal verstanden, die Deutschen mögen ihren verteidigungspolitischen und finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Ungeachtet dessen, dass die Verlegung von 1000 amerikanischen Soldaten angesichts einer Gesamtstärke von 35.000 in Deutschland stationierten US-Soldaten sowie der in der Bundesrepublik bereits vorhandenen massiven Infrastruktur, die in Polen erst einmal geschaffen werden müsste, kaum eine Rolle spielen, ließ sich dieses Vorhaben als Drohung verstehen, was für mancherlei Irritationen sorgte. Zusätzlich befeuert wurde dieser Eindruck zudem durch Seitenhiebe, wie sie u. a. von den beiden US-Botschaftern Richard Grenell in Berlin und Georgette Mosbacher ausgingen. Letztere twitterte: „Polen erfüllt seine Zahlungsverpflichtung von zwei Prozent des BIP gegenüber der NATO. Deutschland tut das nicht. Wir würden es begrüßen, wenn die amerikanischen Truppen in Deutschland nach Polen kämen.“

Tatsächlich ist es in Polen schwer vermittelbar, warum Deutschland nicht die Bereitschaft erkennen lässt, die eigenen Zusagen und damit zugleich einen Vertrag, dem man aus freien Stücken beigetreten ist, auch einzuhalten – Artikel 5 des NATO-Vertrages sieht vor, dass jeder Mitgliedsstaat bis zum Jahr 2024 das Ziel erreicht haben soll, zwei Prozent des BIP für Verteidigungszwecke auszugeben. Die deutsche Absichtserklärung, die eigenen Verteidigungsmittel von gerade einmal 1,3 Prozent bis dahin auf 1,5 zu steigern, entspricht nicht nur nicht der genannten Vereinbarung, sondern ist in der bundesdeutschen Finanzplanung noch nicht einmal abgebildet. So scheint es nicht weiter verwunderlich, dass Polen umso mehr die Unterstützung derjenigen Staatsmacht sucht, die als militärisch verlässlicher und potenter Partner agiert, während andere NATO-Partner das Solidaritätsprinzip nicht ernstzunehmen scheinen. Abgesehen davon, dass Solidaritätsbekundungen auch wenig nutzen, wenn keine potente Ausrüstung dahintersteht oder zumindest der Wille deutlich wird, die eigene Kraft auch tatsächlich ins Bündnis miteinzubringen. In Polen wird die Diskussion über den Zustand der Bundeswehr jedenfalls sehr genau verfolgt, und die Art und Weise, mit der das polnische Bedrohungsgefühl zuweilen als hysterisch abgetan wird, mit Unverständnis quittiert. Die als Passivität wahrgenommene deutsche Haltung angesichts des für Polen sehr offensichtlichen Gefahrenpotentials wird schlichtweg als naiv und realitätsfern verstanden.

Spaltung Europas?

Vor diesem Hintergrund verfängt in Polen das Prinzip von Leistung und Gegenleistung, Belohnung und Bestrafung, nach dem US-Präsident Donald Trump in Europa zu verfahren scheint. Das ist aber auch nicht ungefährlich, kann dies doch einen Keil nicht nur ins deutsch-polnische Verhältnis treiben, sondern auch zu spalterischen Tendenzen innerhalb der EU führen – was Trump als Strategie durchaus auch unterstellt wird. So wird das Bestreben nach einer engst möglichen Anbindung Polens an die USA von Teilen der Opposition als Anbiederung und Ablenkung vom eigentlichen Partner, der Europäischen Union, gesehen. Insbesondere, als das amerikanische Vorgehen, jene Länder mit Aufmerksamkeit zu bedenken, die ein schwieriges Verhältnis zu Brüssel haben, Methode haben könnte. Stattdessen gelte es, so die Opposition, die europäische Zusammenarbeit nicht durch ein „Hinterherrennen hinter der amerikanischen Fata Morgana“ aufs Spiel zu setzen, sondern den Fokus auf Europa zu richten und sich im Rahmen der EU hier einzubringen. Stattdessen aber werde nach Amerika geschielt, wie auch das Beispiel der Iran-Konferenz belegt habe, die Polen im amerikanischen Auftrag im Februar 2019 in Warschau organisierte und die von vielen europäischen Politikern boykottiert wurde, so etwa der Leiter des Warschauer Büros des Thinktanks European Council of Foreign Relations, ECRF (in einem Interview mit der Deutschen Welle am 30.08.2019).

Der Schulterschluss mit den USA – ein Motiv im Wahlkampf der PiS

Die Sympathie Donald Trumps für Polen macht sich die polnische Regierungspartei PiS immer wieder geschickt zunutze, um sie demonstrativ als Bestätigung ihres politischen Kurses hoch- und gegen Deutschland oder die Kritik aus Brüssel auszuspielen. Auch der geplante Besuch Donald Trumps wurde geradezu propagandistisch als Ergebnis des eigenen Erfolgs dargestellt – ein patriotisches Narrativ, dem die polnischen Medien dieser Tage bereitwillig folgten. So wollte selbst die unabhängig-konservative Zeitung Rzeczpospolita in der Absicht Trumps, bereits zum zweiten Mal nach Polen zu reisen, während er Deutschland noch nie besucht habe, einen entsprechenden Fingerzeig erkannt haben: Die USA sehe sich nach einem neuen Verbündeten, einem Ersatz für Großbritannien und zugleich einem „verlängerten Arm der US-Politik in der EU“ um, als der sich Polen inzwischen qualifiziert habe (vgl. Ausgabe vom 31.08.2019).

Wahlkampftöne sind unterdessen unüberhörbar – in Polen wird am 13. Oktober 2019 ein neues Parlament gewählt. Der ostentative Schulterschluss mit den USA ist Teil der Wahlkampfstrategie der PiS und soll die Bürger davon überzeugen, dass die Regierung Polen zu neuem Ansehen in der Welt geführt und als neue Macht in Europa positioniert hat. Eine Macht, welche die USA zu schätzen und Brüssel zu verkennen wisse. Zur Wahlkampfstrategie gehört auch die Hoffnung, dass Donald Trump Erleichterungen für polnische Bürger bei der Einreise in die USA verspreche und das Land in das sogenannte „Visa-Waiver Programm“ aufnehme. Dies ist ein Anliegen, das der Bevölkerung besonders am Herzen liegt (nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund der Beziehungen zu den ca. 8 bis 9 Millionen in den USA lebenden Polen). Pluspunkte im Wahlkampf wären der PiS hiermit gewiss, auch dem Gefühl der ausgesprochen proamerikanischen Bevölkerung geschuldet, nicht mehr als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden, sondern mit westlichen Ländern auf einer Stufe zu stehen. Dem hat die Absage Donald Trumps nun einen Dämpfer verpasst – umso mehr, nachdem bekannt wurde, dass er den Sonntag, während in Polen des Zweiten Weltkrieges gedacht wurde, mit Golfspiel verbracht habe – doch sollte der Besuch noch stattfinden, möglicherweise „ganz bald“, wie angekündigt wurde, vielleicht sogar noch im September, ginge die Strategie durchaus noch auf.

Bundeskanzlerin Merkel in Polen – ein Signal das Anerkennung findet

Dass Polen sich im Rahmen der Feierlichkeiten dann doch noch angemessen gewürdigt fühlte, lag ausgerechnet an Angela Merkel: Durch Trumps Abwesenheit war sie zum wichtigsten ausländischen Gast geworden. Es war die deutsche Präsenz, die das internationale Ansehen der Gedenkveranstaltung „gerettet“ hat. Die Tatsache, dass mit Bundespräsident Steinmeier auch die Bundeskanzlerin nach Warschau kam und die Bundesrepublik Deutschland somit auf höchstmöglicher Ebene vertreten war, wurde von der polnischen Regierung wie auch in der Bevölkerung mit Respekt und Anerkennung bedacht und politisch nicht, wie erwartet, instrumentalisiert. Deutschland habe sich damit nicht nur zu seiner „bleibenden Verantwortung“ (Steinmeier) und Schuld bekannt, sondern auch die strategisch wichtige Rolle und partnerschaftliche Bedeutung Polens für Deutschland und im heutigen Europa unterstrichen. Die gemeinsame Ankunft von Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei den Feierlichkeiten wurde einhellig als Symbol der Annäherung und als positives Zeichen von deutscher Seite gewertet, dass man sich – trotz einiger Abkühlung im deutsch-polnischen Verhältnis in der jüngsten Vergangenheit – immer noch aufeinander verlassen könne.

Dass die Gelegenheit des Gedenkens an Kriegsgräuel und deutsche Verbrechen auch dazu genutzt wurde, an „offene Rechnungen“ zu erinnern (etwa durch Ministerpräsident Morawiecki bei den Feierlichkeiten auf der Westerplatte), und die Frage nach sich zog, wie sich das Bekenntnis bleibender deutscher Verantwortung künftig konkret niederschlage, war zu erwarten, stand aber weniger im Vordergrund. Den weiteren Umgang mit dem Thema „Reparationen“ werden die kommenden Tage zeigen – insbesondere dann, wenn der Wahlkampf in die heiße Phase geht.

 

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Dr. Angelika Klein

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