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Länderberichte

Regierungskrise in Rumänien

Große Koalition zerbricht - Sozialdemokraten verlassen Regierung

Die sozialdemokratischen Minister der rumänischen Koalitionsregierung zwischen der Demokratisch-Liberalen Partei (PD-L) und Sozialdemokraten (PSD) haben am 1. Oktober 2009 geschlossen ihren Rücktritt angekündigt. Rumäniens Regierung ist damit nur 290 Tage nach der Regierungsbildung im Januar 2009 und keine zwei Monate vor den auf den 22. November festgelegten Präsidentschaftswahlen zerbrochen.

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Der Demission der PSD-Minister war die Entlassung des stellvertretenden Premierminister und Innenminister Dan Nica durch Staatspräsident Traian Basescu vorausgegangen. Nicas Entlassung war von Premierminister Emil Boc am 30. September vorgeschlagen worden, nachdem der Innenminister in den Tagen davor öffentlich Vermutungen über einen geplanten Wahlbetrug „anderer Parteien“ anlässlich der für November geplanten Präsidentschaftswahlen geäußert hatte. Nica behauptete, für den Wahltermin seien im ganzen Land bereits sämtliche Personenbusse angemietet worden, um Wählern eine mehrfache Stimmabgabe an unterschiedlichen Orten zu ermöglichen. Nachdem der Innenminister auf Anfrage des Premierministers keine Beweise für diesen Behauptung liefern konnte, entschloss sich Boc zur Entlassung des Ministers aus dem Kabinett. Nica wurde vorgeworfen, durch seine Äußerungen das Vertrauen der Wähler in freie und faire Wahlergebnis zerstört zu haben.

Das von Premier Boc an die PSD gerichtete Angebot, innerhalb von 24 Stunden einen Kandidaten für die Nachfolge Nicas zu präsentieren, ließen die Sozialdemokraten verstreichen. Auch ein von Präsident Basescu eingeleiteter Vermittlungsversuch wurde abgelehnt. Am 30.9. kündigten die Sozialdemokraten an, „30 Minuten nach der Unterzeichnung der Entlassungsurkunde durch den Staatspräsidenten aus der Regierung auszuscheiden“, was dann am 1.10. tatsächlich geschah.

Die insgesamt neun Minister zogen sich aus der Regierung zurück. Die frei gewordenen Ministerien wurden von anderen Ministern übergangsweise – die Verfassung lässt 45 Tage zu - zusätzlich übernommen. Nach der Entlassung Nicas wurde der Generalsekretär der PD-L, Regionalminister Vasile Blaga, zum Interims-Innenminister und stellvertretenden Premierminister ernannt. Interims-Außenminister ist jetzt der parteilose jetzige Justizminister Catalin Predoiu.

Nach der rumänischen Verfassung müssen die Minister von den versammelten Kammern des Parlaments (Senat und Abgeordnetenhaus) bestätigt werden. Die jetzige Regierung ohne die PSD verfügt dafür aber über keine ausreichende Mehrheit. Eine wahrscheinliche Unterstützung durch den Ungarnverband und die Vertreter der Minderheiten würde für eine Mehrheit noch nicht ausreichen, da eine Unterstützung durch die Liberalen nicht wahrscheinlich ist. Denkbar wäre, dass die PD-L die fehlenden 17 Stimmen durch Verhandlungen mit einzelnen Abgeordneten erhalten kann. Vorgezogene Parlamentswahlen sind gemäß der rumänischen Verfassung aufgrund der anstehenden Präsidentschaftswahlen nicht möglich.

Dem Bruch der Koalition waren neun schwierige Regierungsmonate vorangegangen, die durch die Wirtschaftskrise und die schwierige Zusammenarbeit in der Koalition bestimmt waren. Die PD-L warf in dieser Zeit den Sozialdemokraten mehrfach vor, die Koalition im Parlament nicht mitzutragen und dort Oppositionsarbeit zu betreiben. Innenminister Nica geriet spätestens ins Schussfeld, nachdem ein führendes Mitglied der Sozialdemokraten im Sommer erklärt hatte, er hätte über das Innenministerium Zugriff auf sicherheitsrelevante Daten des Geheimdienstes. Die Frage des Zugangs zu den Daten der Informationsdienste war von Beginn an ein kritisches Thema innerhalb der Sozialdemokraten und der in der Partei bestehenden Interessengruppen und Netzwerke. Auch aus diesem Grund hatten gleich zu Beginn der Koalition zwei Neubesetzungen dieses Ministeriums gegeben, Nica war damit bereits der dritte sozialdemokratische Innenminister seit Beginn der Regierungskoalition.

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