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Ostalgie und Glorifizierung - Unkenntnisse der Nachgeborenen

Studie von Prof. Dr. Klaus Schroeder legt unterschiedliche DDR-Bilder offen

Eine Mehrheit der Ostdeutschen sieht die damaligen Verhältnisse in der DDR in immer milderem Licht, nur noch eine Minderheit beharrt bei der Beschreibung der DDR auf der Dominanz des Unrechtscharakters, während die Westdeutschen an ihrer negativen Bewertung im Großen und Ganzen festhalten. In dem Maße, wie die Unzufriedenheit über die individuelle oder allgemeine Lebenssituation nach der Wiedervereinigung wächst, verklärt sich bei vielen Ostdeutschen das Bild der DDR, werden positive Seiten herausgestellt und negative verschwiegen oder ignoriert.

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Um beantworten zu können, ob sich Urteile und Kenntnisse über die DDR und das geteilte Deutschland zwischen jüngeren Menschen und älteren Generationen unterscheiden, ob sich das Geschichtsbild bei Jugendlichen in den neuen und den alten Ländern angeglichen hat bzw. ob und wo unterschiedliche Sichtweisen auf Systeme und Lebenswelten dominant sind, hat Prof. Dr. Klaus Schroeder, Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin, in einem umfangreichen Projekt mehr als 5.200 Schüler in vier Ländern – Bayern, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen - nach ihrer Meinung über die DDR als Staat und Gesellschaft gefragt. Die wichtigsten Ergebnisse, die 2008 auch unter dem Titel „Soziales Paradies oder Stasi-Staat?“ erschienen sind, stellte er nun bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Dresden vor.

Starke postsozialistische Tendenzen

Auch fast neunzehn Jahre nach dem Fall der Mauer zeigt die ostdeutsche Gesellschaft starke postsozialistische Tendenzen, und zwar sowohl in der mentalen Verfassung großer Teile der Bevölkerung als auch im Hinblick auf die Kritik demokratisch-pluralistischer Institutionen. Die in der DDR erworbenen mentalen Prägungen wirken weiter und werden in den verschiedenen Milieus ebenso wie Fragmente eines Geschichtsbildes an jüngere Generationen weitergegeben.

Selektives DDR-Bild

In familiären Gesprächen wird Jugendlichen ein selektives DDR-Bild vermittelt. Erzählt werden positive Erlebnisse sowie im Nachhinein als lobenswert empfundene Aspekte des SED-Staates. Dabei nehmen die Arbeitsplatzsicherheit und der Zusammenhalt in Betrieb und Wohngebiet eine herausragende Rolle ein. Die diktatorischen Bedingungen und die Mangelwirtschaft werden dagegen ebenso wie die Aktivitäten des MfS nur selten erwähnt.

Jugendliche wollen mehr wissen

Die überwiegende Mehrzahl der befragten Schüler in den vier Ländern bzw. fünf Untersuchungsregionen glaubt, wenig über die DDR und das geteilte Deutschland zu wissen und erfährt hierüber in der Schule kaum etwas oder überhaupt nichts. Gleichzeitig äußern viele der Jugendlichen Interesse an der DDR und möchten mehr über das Leben dort erfahren. In ostdeutschen Familien wird die DDR weitaus häufiger thematisiert, allerdings zumeist nur in Bezug auf das Alltagsleben.

Negatives Gesamtbild

Eine breite Mehrheit der Schüler hat ein überwiegend negatives Gesamtbild der DDR. Immerhin knapp 40 Prozent legen sich aber nicht fest oder geben eine positive Bewertung ab. In Ostdeutschland sowie unter Haupt- und Realschülern liegt die Quote der negativen Stimmen sogar deutlich unter der absoluten Mehrheit.

Lob der sozialen Seite der DDR

Ostdeutsche Schüler loben mit breiter Mehrheit die sozialen Seiten des SED-Staates und gleichzeitig neigt eine beträchtliche Minderheit unter ihnen zur Ausblendung diktatorischer und repressiver Aspekte. Westdeutsche Schüler sprechen – wenn auch in abgeschwächter Form – der DDR bei einigen sozialen Dimensionen des Lebens ebenfalls ein Lob aus, erkennen aber mit sehr breiter Mehrheit den Diktaturcharakter dieses Staates.

Schroeder kommt zu den Schluss, dass das Bild der DDR stark geprägt wird vom Kenntnisstand: Je mehr Schüler über den SED-Staat wissen würden, umso kritischer falle ihr Urteil aus, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter und besuchtem Schultyp. Es müsse daher Aufgabe der Schule sein, so Schroeder, dieses Wissensdefizit auszugleichen. Dabei sollte die Delegitimation der sozialistischen Diktatur mit der Vermittlung freiheitlich-demokratischer Werte verknüpft werden mit dem Ziel, Jugendliche immun zu machen gegen jegliche diktatorische Verführung.

Den ganzen Beitrag von Prof. Dr. Klaus Schroeder finden Sie zu Beginn des Textes als pdf-Download.

Tipp: Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird Ende des Jahres 2008 mit einer Online-Wissensplattform unter www.DDR-Mythen.de auf die beschriebene Problematik reagieren.

In dieser Reihe sind bisher erschienen:

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