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Georgiens Prioritäten: Europa und die NATO

Georgiens Außenminister David Zalkaliani über die Fortschritte in seinem Land und die deutsch-georgischen Beziehungen

Georgiens neue Regierung will unter allen Umständen der EU und der NATO beitreten. Daran ließ der neue Außenminister David Zalkaliani bei seinem Besuch in der Konrad-Adenauer-Stiftung keine Zweifel. Mit starkem Rückhalt in der Bevölkerung treibe sein Land Reformen voran, um sich EU-fit zu machen – und NATO-Mitglied zu werden. Dabei sollen auch die guten Beziehungen zu Deutschland helfen.

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Außenminister

Knapp 2.700 Kilometer Luftlinie trennen Berlin und Georgiens Hauptstadt Tiflis. Und trotz der Entfernung sind beide Länder, auch historisch, eng miteinander verbunden: Deutschland war sowohl 1918 als auch 1991 das erste Land, das Georgien als Staat anerkannte. Die gemeinsamen „Beziehungen entwickeln sich intensiv und dynamisch“, bemerkte der Georgiens neuer Außenminister David Zalkaliani, der sich gegenwärtig zum Antrittsbesuch in der deutschen Hauptstadt aufhält – und dabei auch den Austausch beim siebten Georgisch-Deutschen Strategieforum der Konrad-Adenauer-Stiftung suchte.

Georgiens „europäische Integration ist nicht mehr rückgängig zu machen“

Deutschland spiele für Georgien „eine herausragende Rolle“, sei beispielsweise größter Geldgeber, so der Minister: „Wir spüren den deutschen Beitrag täglich.“ Oberste Priorität seiner Regierung sei die Integration in die westliche Gemeinschaft, Georgien will der Europäischen Union und der NATO beitreten. An Rückhalt in der Bevölkerung mangelt es jedenfalls nicht. 70 Prozent unterstützten einen NATO-Beitritt, zehn Prozent mehr sogar den Eintritt in die EU, so Zalkaliani. Doch das ginge nicht ohne die Hilfe der Partner, deswegen wolle sein Land die bilateralen Beziehungen weiter ausbauen.

Vor vier Jahren unterzeichnete Georgien das Assoziierungsabkommen mit der EU, „seitdem ist die europäische Integration nicht mehr rückgängig zu machen“, betont Georgiens oberster Diplomat. Brüssel freue sich jedenfalls über die bisher erreichten Fortschritte, berichtet Zalkaliani, auch wenn natürlich noch viel zu tun sei. So müssten beispielsweise noch hunderte Gesetze angepasst werden, damit „die georgische mit der europäischen Gesetzgebung harmonisiert.“ Und auch an den Ambitionen NATO-Mitglied zu werden, dürfe nicht gezweifelt werden: Seit zehn Jahren gebe es den NATO-Georgien-Rat – und Tiflis beteilige sich mit Truppen an internationalen Sicherungseinsätzen, habe beispielsweise 870 Soldaten in Afghanistan. Dementsprechend hoch seien auch die Erwartungen an den NATO-Gipfel Mitte Juli in Brüssel.

„Niemand in der NATO will für Tiflis sterben“

Über Georgiens NATO-Perspektive diskutierten auf dem Forum auch Professor Carlo Masala und Georgiens ehemaliger Verteidigungsminister Davit Sikharulidze. Masala äußerte die Sorge, dass allein durch den Beginn von Beitrittsverhandlungen Russland noch aggressiver gegenüber der NATO werden könnte und einen hybriden Krieg ins Land bringen könnte: Selbst eine Nuklearkonfrontation hält Masala für möglich, aber „niemand in der NATO will für Tiflis sterben.“ Zudem gebe es ein recht formales Argument: Der NATO kann kein Land mit internen Konflikten beitreten – Südossetien als Hinderungsgrund. Dem gegenüber erinnerte Sikharulidze daran, dass die NATO eher Prinzipien wie die Freiheit verteidige, nicht konkretes Territorium – West-Berlin sei militärisch gesehen ja auch nicht zu verteidigen gewesen. Zudem reagiere Russland nur auf die Schwäche der anderen – dementsprechend solle die NATO Einigkeit und Zusammenhalt zeigen, auch gegenüber Georgien.

Stärkung der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen

Wichtige Fortschritte hingegen macht die georgisch-europäischen Annäherung, beispielsweise durch die Visaliberalisierung. Seit 28. März 2017 konnten Georgiens Bürger ohne ein gesondertes Visum nach Europa reisen: die Angst vor Missbrauch war groß, und tatsächlich stiegen die Asylanträge danach stark an. Zalkaliani verwies aber darauf, dass seine Regierung sorgfältig mit der neuen Reisefreiheit umgehe und beispielsweise die polizeiliche Zusammenarbeit verstärkt habe. Seit drei Monaten gingen die Asylanträge nun wieder zurück, so Minister Zalkaliani.

Von den guten Beziehungen zu Deutschland erhoffen sich die Georgier auch eine baldige Anerkennung als sicheres Herkunftsland, was die Asylanträge vermutlich noch einmal reduzieren dürfte. Vor allem aber sei diese Einstufung „wichtig für unsere kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen: „Das wird unsere Position stärken.“

Übrigens ist Georgien auch Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Dort wird die Konrad-Adenauer-Stiftung, die seit Jahren ein Büro in Tiflis unterhält und den demokratischen Prozess Georgiens unterstützt, eine Veranstaltung mit georgischen Schriftstellern durchführen.

Mehr Bilder zur Veranstaltung finden Sie in unserem Flickr-Album

Deutsch-Georgisches Strategieforum

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Dr. Thomas Schrapel

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12. Oktober 2016
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