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Veranstaltungsberichte

DDR: Mythos und Wirklichkeit.

Wie die SED-Diktatur den Alltag der DDR-Bürger bestimmte

Eröffnung der WANDERAUSSTELLUNG der Konrad-Adenauer-Stiftung anlässlich 50 Jahre Mauerbau

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Was wirklich war

Eröffnung der Wanderausstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung anlässlich 50 Jahre Mauerbau

Der Termin passte: Am Vorabend des 50. Jahrestages des Mauerbaus, den 12. August 2011 eröffnete die Leiterin des Bildungswerkes Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung Maja Eib gemeinsam mit dem „Hausherrn“ und stv. Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Mittelthüringen Hans-Georg Dorst in der Erfurter Hauptfiliale eine Wanderausstellung.

Das Thema passte: Weit über hundert Gäste wohnten der Eröffnungsveranstaltung zur Ausstellung „DDR: Mythos und Wirklichkeit. Wie die SED-Diktatur den Alltag der DDR-Bürger bestimmt“, bei.

Sowohl die große Aufmerksamkeit, der gelegentliche Zwischenbeifall, oft auch die Betroffenheit der Gäste sowie die musikalische Umrahmung der Vernissage durch den Liedermacher Stefan Krawzcyk bewiesen eine interessante Stunde über ein ernstes Thema.

Die Intension der Ausstellung lag auch den Eröffnungsworten von Hans-Georg Dorst zugrunde. In seiner persönlich gehaltenen Begrüßung als Gastgeber sprach Dorst von seinem Leben in zwei Systemen. Auch ihm fiele es mit der Zeit schwer, zu erklären, welche Gratwanderungen in der ehemaligen DDR vonnöten waren. Die junge Generation bräuchte Fakten und Aufklärung, um nicht einer Legendenbildung zu verfallen. Denn bei den jungen Leuten sei die DDR bereits weit weg.

Die Einführung in die Ausstellung vollzog Maja Eib, die vor dem „Bunten Bild“ der DDR aber auch einer pauschalen Abwertung der DDR-Bürger warnte, die sich nur noch punktuell an den DDR-Alltag erinnern. Zudem empfahl Eib, politisch motivierte Kreise in Gespräche einzubeziehen, um gewinnbringend an einer wahren Geschichtsaufarbeitung zu wirken. Die Leiterin des Bildungswerkes der Konrad-Adenauer-Stiftung wünschte sich das Interesse von Thüringer Schulen an dieser Ausstellung, die kostenlos angemietet werden können.

In 20 Rollbannern werden dabei Mythen über das Leben unter der SED-Diktatur aufgegriffen und in anschaulichen Text- und Bildmaterial Informationen über Alltag, Kultur, Wirtschaft, Umwelt, Schule, Ideologie u.v.m. vermittelt.

Mit Worten Konrad Adenauers „Die Zone ist jetzt ein großes Gefängnis“ begann Marion Walsmann ihr Grußwort. Die Europaministerin erinnerte mit konkreten Zahlen und Fakten an den Mauerbau, der nicht „Reformen sondern Barrikaden“ schuf. Das Mahnmal der Unmenschlichkeit bedürfe wissenschaftlicher Arbeit und wichtiger Aufklärung in Schulen, um Ostalgie-Wellen vorzubeugen. Walsmann forderte eine kritische Auseinandersetzung mit dem DDR-Unrechtsstaat, der den Freiheitswillen der Bürger bekämpfte. Die Chefin der Thüringer Staatskanzlei appellierte an die zahlreichen Gäste, nicht zuzulassen, dass der politische Gewinn der Freiheit 1989 geleugnet werde. Denn in einer unlängst gemachten Umfrage würden immer mehr Bürger der ehemaligen DDR positiv gegenüberstehen. Die Ausstellung sei ein gutes Instrument, um sich kritisch mit der Geschichte der DDR auseinanderzusetzen. Sie wünschte viele Besucher, gute Nachfragen und Diskussionen, die nachhalten.

Den Eröffnungsvortrag hielt anschließend der Autor und Zeitzeuge Roman Grafe. Seine Sichten widmete er dem Freund Manfred Wagner, der bis zuletzt in der Geschichtswerkstatt Jena gegen das Vergessen und Verdrängen arbeitete sowie Opfer und Täter der SED-Diktatur klar benannte.

Mit dem Mauerbau begann Grafe seine Ausführungen, die er in drei Kapitel gliederte, obwohl dazu mehr gesagt und geschrieben wurde, als ein Mensch in einem „Jahr hören und lesen kann“. Und gleich schränkt der Autor ein: „Wer wissen will und verstehen, wie es war und warum, kann dies tun. Wer dies nicht will, darf dies tun, darf Ohren, Augen und Herzen verschließen.“ Doch die mit großer Aufmerksamkeit Zuhörenden bewiesen wohl, dass ihnen das Wissen und Verstehen wichtig ist.

Ziemlich klar formulierte Grafe, dass das Wesentliche immer und überall und allen bekannt gewesen sei. Dennoch, der Schock über den Sommer 1961, als das letzte Schlupfloch zwischen Ost und West zugemauert wurde, saß auf beiden Seiten tief. Der Autor verwies in diesem Zusammenhang auf seine Chroniken der Jahre 1945 bis 1990 „Die Grenze durch Deutschland“,“ Deutsche Gerechtigkeit“ sowie den Radio-Geschichten zu diesen Themen.

Die Ausstellung „DDR-Mythos und Wirklichkeit“ richte sich ausdrücklich an die heutigen Schüler, so Grafe im zweiten Teil des Vortrags. Dabei verriet er: „Diese Schüler können übrigens sehr wohl verstehen, wie es in der DDR war, wenn man es ihnen erklärt.“

Der Zeitzeuge beleuchtete zwei Mythen, die auch in der Ausstellung benannt wurden, genauer.

So räumte Grafe u.a. mit dem Mythos vom antifaschistischen Schutzwall auf: „Dass der Schutzwall nach innen gerichtet war, konnte jedes Kind schon daran erkennen, dass Millionen Klassenfeinde aus dem Westen relativ einfach durch die Lücken in der Mauer hereinkommen konnten ins Arbeiter- und Bauern-Paradies. Während den meisten Arbeitern und Bauern der DDR bis zuletzt verwehrt wurde, das Land des Klassenfeindes auch nur zu besuchen.“

Der dritte Teil seines fast 30minütigen Vortrags umfasste die Fragen „Und danach?“ Wir – heute?“ Deutlich formulierte Fragen forderten zudem die Gäste: Wie ernst nehmen wir das Leid der Opfer des SED-Regimes? Schauen wir hin, lassen wir uns davon berühren zwischen den Jahrestagen. Und vor allem: Hat unser Wissen und Reden Folgen für unser Tun und Lassen? Anschließend wagte Grafe eine kurze Bilanz und bewies anhand konkreter Namen und Fälle, dass beispielsweise heute noch Verfahren verschleppt oder Unterstützungsleistungen gekürzt werden.

Der Zeitzeuge bedauerte zudem, dass an keiner Stelle in Berlin die Sperranlagen der DDR-Grenzen im Originalzustand erhalten blieben. „Und das ist kein Versehen, das eilige Abreißen war gewollt“, so der O-Ton Grafes.

Eine weitere Aussage verursachte Nachdenklichkeit: „Niemand muss im vereinten Deutschland die Staatsmacht fürchten, wenn er seine Stimme erhebt gegen Mißstände im Land. Und doch ist es – im Osten wie im Westen – wieder nur eine Minderheit, die sich auflehnt, die Mehrheit passt sich brav an. Nicht aus Angst, sondern aus Gleichgültigkeit. Selbst dann, wenn die Verhältnisse lebensbedrohlich sind.“

Die Ausführungen wurden mit großem Applaus belohnt. Dass daraufhin die Erfurter Gäste das persönliche Gespräch sowohl mit Roman Grafe aber auch den Liedermacher Stefan Krawzcyk suchten, war fast schon zu vermuten. Viele persönliche Erlebnisse mit dem DDR-Staat aber auch die gut konzipierte Ausstellung, die übrigens in Anlehnung an das Wissensportal im Internet www.ddr-mythen erstellt wurde, standen im Anschluss im Mittelpunkt zahlreicher Gesprächsrunden.

Die Ausstellung kann noch bis 21. August in der Sparkassenfiliale Mittelthüringen, Fischmarkt 1 in Erfurt besichtigt werden.

Text: Kirsten Seyfarth

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Vortrag
12. August 2011
Sparkasse Mittelthüringen
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