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Veranstaltungsberichte

Demokratie im europäischen Mehrebenensystem

Am Montag, den 24. März 2014, hielt Dr. Alexander Balthasar, Leiter des Instituts für Staatsorganisation und Verwaltungsreform im Bundeskanzleramt der Republik Österreich und Privatdozent für Verfassungsrecht und Allgemeine Staatslehre an der Karl-Franzens-Universität Graz, auf Einladung der Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften der Andrássy Universität Budapest und der Konrad-Adenauer-Stiftung einen Vortrag zum Thema "Demokratie im europäischen Mehrebenensystem. Ein Plädoyer für das Machbare“.

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Zu Beginn der Veranstaltung begrüßten Prorektor Prof. Dr. Hendrik Hansen und der Dekan der Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften, Prof. Dr. Michael Anderheiden, Dr. Balthasar an der AUB. Dr. Balthasar wollte den Zuhörern mit seinem demokratiepolitischen Thema einen Einblick in die demokratischen Grundlagen der heutigen politischen Ordnung in „unserem gemeinsamen Europa“ geben. Er begann seine Argumentation zu den demokratischen Prinzipien der Europäischen Union mit der Auslegung des Textes der offiziellen Hymne der Europäischen Union. Laut Dr. Balthasar scheinen in der Hymne schon mit der Strophe „Alle Menschen werden Brüder“ die Idee und das Grundprinzip einer egalitären, klassenlosen Gesellschaft auf. Zudem werden die demokratischen Grundsätze auch in den EU-Verträgen, etwa jenen von Maastricht und Amsterdam, festgeschrieben. Diese Grundsätze lauten nach Art. 6 Abs. 1 EUV wie folgt: „Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam.“ Der Vertrag von Lissabon und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union nennen daneben auch die Erhöhung der demokratischen Legitimität der Union als wichtigen Grundsatz. Angesichts all dieser Dokumente stellt sich laut Dr. Balthasar die Frage, wo die Grenzen dieses Rechtsrahmens demokratischen Handelns liegen, was also „machbar“ ist. Die Verwirklichung des Grundwerts Demokratie in der Europäischen Union sei nämlich keineswegs einfach. Im Fall der Europäischen Union sei die Grundlage dieses Prinzips nicht das Erlebnis allumfassender Brüderlichkeit, sondern die kontinuierliche Bestimmung des Gemeinwohls, ein Prozess, in dem die Repräsentativorgane der Union die wichtigste Rolle spielen. Für die Bestimmung des Gemeinwohls in der Union fehle jedoch aufgrund der Reichhaltigkeit des „kulturellen, religiösen und humanistischen Erbes Europas“ und der Heterogenität der heutigen Lebensverhältnisse in den Mitgliedstaaten eine gemeinsame Grundlage, so Dr. Balthasar.

Im zweiten Teil des Vortrags sprach Dr. Balthasar über einen weiteren Aspekt seines Themas, das Mehrebenensystem. Nach Art. 2 EUV gilt das demokratische Prinzip nämlich nicht nur für die Union, sondern hat auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten einen Anwendungsbereich. Dabei schaffe dieses Prinzip, die Aufgabe der Bestimmung des Gemeinwohls, auf der obersten Ebene ganz andere Herausforderungen, als zum Beispiel auf lokaler Ebene. Eben deswegen seien eine effiziente Kooperation und die Zusammenführung verschiedener Erkenntnisse unerlässlich, so Dr. Balthasar. Daneben behandelte Dr. Balthasar auch die unterschiedliche Größe der Mitgliedstaaten aus demokratischer Perspektive und erläuterte seine Meinung über die Neugliederung des Unionsgebiets als möglichen zukünftigen Prozess.

Dr. Balthasar schloss seinen Vortrag mit einer eindringlichen Mahnung: „Demokratie und Rechtsstaat sind nicht ein für alle Mal gegeben, sondern immer aufgegeben.“ Demokratische Systeme, wie auch die Europäische Union, müssen also ihre Existenzberechtigung immer wieder neu bestätigen.

(Text: Judit Kovács)

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