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Veranstaltungsberichte

Hitlers langer Schatten

von Luc Kerren

Der Umgang der Deutschen mit Adolf Hitler, 1945-2016

Am 15. Februar lud die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit der Andrássy Universität Budapest zur Konrad-Adenauer-Vorlesung von Herrn Prof. Dr. Thomas Weber „Hitlers langer Schatten: Der Umgang der Deutschen mit Adolf Hitler, 1945-1966“ ein. Einem größeren Publikum wurde Weber durch seine Arbeiten über den Gefreiten Hitler im Ersten Weltkrieg bekannt.

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Eröffnet wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. András Masát, Rektor der Andrássy Universität, sowie Frank Spengler, Leiter des Auslandbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung. Prof. Dr. Hendrik Hansen, Prorektor der Andrássy Universität, erklärte einleitend, dass der „Nationalsozialismus noch alle Debatten in Deutschland prägt, auch die über die Vergangenheit“.

Weber ging zunächst auf die kommentierte Neuveröffentlichung von „Mein Kampf“ ein. Die Entscheidung, das Buch zuerst nur in kommentierter und begrenzter Auflage herauszugeben, zeige den unsouveränen Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit der Person Adolf Hitlers. Statt auf die Kräfte der Zivilgesellschaft zu setzen, herrsche bei dem Umgang mit der NS-Vergangenheit eine Staatsgläubigkeit. Dabei habe erst „die späte Veröffentlichung das Buch zu einem Symbol werden lassen.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg stünde Hitler symbolisch für die Verbrechen der Nationalsozialisten. Erst in den 1970er Jahren hätte sich dieses Bild zu wandeln begonnen und zunehmend wären andere Akteure und die Verbrechen des NS-Regime in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten. Inzwischen sei Hitler eine Klischeefigur geworden, ein Pappkamerad, den man nur noch schwerlich ernst nehmen könne. Dies gäbe aber nur ein unkomplettes Bild wieder, da kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sein starkes rassistisches und antisemitisches Weltbild noch nicht vollständig ausgeprägt gewesen wären. Vielmehr hätte er Ressentiments gegen die Werte der angelsächsischen Welt verinnerlicht. Blende man dies aus, „läuft man Gefahr Hitler als Nihilisten oder Produkt der NS-Propaganda unter umgekehrten Vorzeichen“ einzuordnen.

Wenn uns die Komplexität Hitlers bewusst würde, könnten wir auch besser Analogien zur heutigen Zeit ziehen, so Weber. In vielen Debatten, wie z.B. der Flüchtlingskrise, seien die Argumentationsstrukturen sehr ähnlich. Außerdem müsse mehr Platz für andere Geschichtsbilder, im speziellen die Erfahrungen mit Diktaturen in Mittel- und Osteuropa, eingeräumt werden. Wenn dies geschehe, könne Deutschland auch effektiver strategisch handeln und seiner verantwortungsvollen Position besser gerecht werden.

Im Anschluss an den Vortrag nutzte das Publikum die Möglichkeit, die Thesen von Weber mit ihm zu diskutieren. Danach konnten die Gespräche bei einem Glas Wein fortgesetzt werden.

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