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Veranstaltungsberichte

Staat, Business und Wissenschaft müssen Dialog führen

von Alena Reslová
Forschung, Innovation und Kreativität sind im 21. Jahrhundert für die Länder ohne reiche Rohstoffvorkommen der Schlüssel zur Absicherung von Wohlstand und eines guten Lebensniveaus. Mit der Frage der effektiven Einstellung der Wissenschafts- und Forschungspolitik befasste sich das Diskussionsforum, das vom Regierungsamt der Tschechischen Republik und KAS veranstaltet wurde. Das Hauptinstrument, durch das die Erstellung von Strategien für Wissenschaft und Forschung qualitativ verbessert werden könnte, sollte ein institutionalisierter Dialog des Staates, des Business und der Wissenschaft sein.

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„Wissenschaft und Business als Motor für Innovation“ war das Hauptthema des Diskussionsforums, das vom Regierungsamt der Tschechischen Republik und der Konrad-Adenauer-Stiftung am Donnerstag, dem 29. Mai 2014, im Liechtenstein-Palais in Prag veranstaltet wurde. Die Konferenz orientierte sich auf die aktuellen Herausforderungen im Bereich Wissenschaft und Forschung in Mitteleuropa, insbesondere auf die Einstellung der strategischen Prioritäten für Wissenschaft und Forschung und deren Verknüpfung mit der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Länder Mitteleuropas. Das Hauptinstrument, durch das die Erschaffung strategischer Dokumente qualitativ verbessert und die Nachhaltigkeit der Projekte gestärkt werden kann, sollte den Konferenzteilnehmern zufolge ein institutionalisierter Dialog zwischen Staat, Business und Wissenschaft sein. Der Staat sollte nun in diesem Dialog eine proaktive Rolle spielen und die Koordination aller relevanten Akteure bei der Schaffung einer Politik für Wissenschaft und Forschung übernehmen.

Das Diskussionsforum wurde vom einleitenden Redebeitrag des Direktors der Vertretung der KAS in der Tschechischen Republik und der Slowakei, Werner Böhler, eröffnet. Herr Böhler erinnerte daran, dass Forschung, Innovation und Kreativität im 21. Jahrhundert der einzige Schlüssel zur Absicherung von Wohlstand und eines guten Lebensniveaus in Europa sind. Insbesondere für Länder, die keine reichen Rohstoffvorkommen haben, sollte die Wissenschaft und Forschung zu einer Priorität werden. Wichtig sei es, sich sowohl auf die Höhe der zu investierenden Finanzmittel, als auch auf die effiziente Nutzung dieser Investitionen zu orientieren. Sofern die Projekte nicht nachhaltig seien, gebe es kein Potenzial, diese Investitionen zur Stärkung des Wohlstandes des Landes hinreichend zu nutzen. Daher sei es unerlässlich, eine funktionstüchtige staatliche Verwaltung und Administration im Rahmen der Politik für Wissenschaft und Forschung zu gewährleisten und den Dialog zwischen Staat, Business und Wissenschaft zu stärken.

Hauptredner des Diskussionsforums waren der stellvertretende Regierungsvorsitzende für Wissenschaft, Forschung und Innovation, Pavel Bělobrádek und der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie der Bundesrepublik Deutschland, Jürgen Rüttgers. Das Diskussionsforum wurde von Petr Šimůnek, Chefredakteur des Magazins FORBES in der Tschechischen Republik, moderiert.

Der stellvertretende Regierungsvorsitzende Pavel Bělobrádek bewertete in seiner Rede den aktuellen Stand der Wissenschafts- und Forschungspolitik in der Tschechischen Republik und deutete seine Pläne an, wohin die Politik für Wissenschaft und Forschung in Zukunft auszurichten ist. In der Tschechischen Republik ist, Bělobrádek zufolge, einer der grundlegenden Schritte bei der Schaffung von Innovationen - nämlich deren Umsetzung - nicht hinreichend entwickelt. Derzeit können wir vier problematische Trends beobachten. Erstens: in der Tschechischen Republik gibt es einen Mangel an Startups, da die Fähigkeit zu riskieren relativ gering und die Vorsicht, Misserfolg zu erleiden, demgegenüber sehr groß ist. Zweitens: die Studenten von Mittel- und Hochschulen suchen sich die Fachbereiche eher danach aus, was ihnen Spaß macht und nicht nach dem, wo sie sich später besser durchsetzen können. Das Ergebnis ist, dass viele von ihnen nach dem Abschluss des Studiums ein Problem haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Drittens: der Tschechischen Republik fehlt eine langfristige Strategie und Konzeption für die Ausrichtung, deren Kapazitäten und Raum für deren Entwicklung. Ein weiteres grundlegendes Problem ist der Mangel an jungen human resources, die hohen zu leistenden Abgaben, Instabilität des Rechtsumfeldes, die komplizierte Bürokratie und Hochschulen, die nicht Studenten mit den notwendigen Kenntnissen und Kompetenzen auf den Arbeitsmarkt entlassen.

Bělobrádek erachtet es für wichtig, sich der Verknüpfung der Wissenschafts- und Forschungspolitik mit Wettbewerbsfähigkeit, Bildung und außerdem dem strategischen Plan zu widmen. Die Tschechische Republik sollte zum Beispiel Unternehmen fördern, die mit Mittelschulen zusammenarbeiten und selbst ihre Mitarbeiter ausbilden, worüber bereits eine Debatte auch in Zusammenarbeit mit dem Schulministerium läuft. Da die Tschechische Republik logistisch kompliziert sei, sollte es hier eine zentrale Autorität geben, die die Effizienz der Nutzung der Mittel aus den europäischen Fonds erhöht. Diesen Weg möchte auch das neue Amt des stellvertretenden Regierungsvorsitzenden Bělobrádek einschlagen.

Bělobrádek beendete seine Rede, indem er die besondere Wichtigkeit der Industrie hervorhob, die das Rückgrat der tschechischen Wirtschaft sei und bei der es ebenfalls wichtig sei, drei grundlegende Punkte miteinander zu verknüpfen: Bildung, Koordination und Strategie.

Der ehemalige Ministerpräsident und Minister Jürgen Rüttgers zeigte in seiner Rede seine Vorstellungen auf, worauf die Innovations- und Forschungsstrategie für die moderne Wirtschaft auszurichten ist. In den nächsten Jahren erwarten uns laut Rüttgers Änderungen in der Gestalt des Übergangs von der Industriegesellschaft zu einer Gesellschaft der Wissenschaft. Zu einem neuen Produktionsfaktor werden die Kenntnisse - ein Rohstoff, der sich im Unterschied zu allen anderen dadurch vermehrt, dass ihn die Menschen miteinander teilen. Die Kenntnisse der Menschheit verdoppeln sich alle 5 - 7 Jahre. Technischer Fortschritt und Innovation lassen sich dabei nicht erlernen, sondern setzen überdies Kreativität voraus. Auch der Staat sollte imstande sein, diese Änderungen zu reflektieren und darauf zu reagieren. Herr Rüttgers erinnerte in diesem Zusammenhang an die Idee von Helmut Kohl, der die Schaffung eines Zukunftsministeriums vorgeschlagen hatte, das eine Strategie für die Zukunft der Wirtschaft untersuchen, entwickeln und herausbilden sollte.

Ebenso wie Pavel Bělobrádek erachtet auch Jürgen Rüttgers das besondere Augenmerk auf die Industrie für ganz besonders wichtig. Ohne Industriebasis gebe es weder Innovation noch Fortschritt. In Deutschland erwirtschaftet heute die Industrie ungefähr 23 % des Bruttoinlandsproduktes, was sich des Weiteren nicht vermindern sollte. Viele europäische Staaten, die heutzutage mit Wirtschaftsproblemen zu kämpfen haben, verfügen über keine starke Industrieproduktion.

In Zukunft erwarten uns auch weitere Änderungen bei der Art und Weise der Produktion. Ein besonderer Fokus werde der Modernisierung der Technologien gelten. So sollten zum Beispiel die Maschinen in einer Fabrik untereinander kommunizieren und die Produktion sich selbst steuern können. Die human resources (HR) würde man bei einer derartigen Produktion nur noch am Anfang dieses Prozesses benötigen. Dank der Automatisierung des Produktionsprozesses würde die Effektivität um ca. 30 % steigen, was einen beträchtlichen Konkurrenzvorteil gegenüber den Wettbewerbern bedeuten würde. Als Beispiel eines derartigen Prozesses führte Rüttgers den Einkauf von Waren über das Internet an, der sich derzeit im Aufwind befindet.

Zum Schluss betonte Rüttgers, dass es für die Schaffung und Realisierung von Strategien für Wissenschaft, Forschung und Innovationen notwendig sei, eine funktionstüchtige Infrastruktur, eine funktionstüchtige Wirtschaftspolitik, Freude an neuen Erkenntnissen und einen starken Willen zu haben, die Gelegenheiten zu nutzen, die sich uns anbieten.

Anschließend fand nach dem Diskussionsforum eine geschlossene Debatte unter Politikern und Fachleuten aus den Ländern Mitteleuropas statt, die sich mit der HR-Entwicklung und der Definition der Prioritäten für Wissenschaft, Forschung und Innovation in Mitteleuropa befassten.

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