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Freiwilliges Soziales Jahr im Politischen Leben

Ein Jahr lang hinter den Kulissen

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In vielen der zahlreichen Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Deutschland arbeiten neben dem festen Mitarbeiterstab so genannte Freiwillige. Im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres im Politischen Leben (FSJP) erhalten Jugendliche die Möglichkeit, über ein Jahr in die Arbeitsabläufe der Stiftung miteingebunden zu werden, sich persönlich weiterzuentwickeln und beruflich zu orientieren. Ein Erfahrungsbericht.

 

 


 

Ich wollte nach meinem Abitur 2019 nicht direkt von der Schule in die Uni rennen, sondern erst einmal was anderes sehen. Ich habe lange gesucht, bis ich etwas gefunden hatte, bei dem ich gesagt habe „das ist es!“. Als ich auf der Homepage der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) auf das Freiwillige Soziale Jahr im politischen Leben (FSJ-P) gestoßen bin, habe ich sofort gemerkt, dass es das ist, was ich machen möchte.

Dabei wusste ich - so empfinde ich es im Nachhinein - doch recht wenig, als ich einen Blick auf die Homepage geworfen hatte. Und das liegt nicht daran, dass da nichts Informatives stünde. Es liegt daran, dass das FSJ-P so unglaublich vielfältig ist. Allen voran natürlich die unterschiedlichen Einsatzstellen: Hilfsorganisationen, politische Bildungseinrichtungen, Landtagsfraktionen, Gewerkschaften, usw. Es gibt so viele verschiedene Stellen und selbst in gleichen Organisationen gibt es teilweise noch mehrere Stellen an unterschiedlichen Standorten und/oder in unterschiedlichen Abteilungen. Dazu kommen viele verschiedene tolle Menschen, die ich im Laufe der Zeit kennengelernt habe. Ich konnte anfangs nicht ansatzweise erahnen, was ich alles erleben werden darf.

Angefangen habe ich am 01. September 2019 bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Dortmund. Das Regionalbüro in Dortmund ist neben dem Büro Bundestadt Bonn in Sankt Augustin und dem Landesbüro NRW in Düsseldorf, das dritte Büro der Stiftung in NRW und für Westfalen zuständig. In Westfalen organisiert die KAS bis zu 80 Veranstaltungen pro Jahr. Das sind Expertengespräche oder Diskussionsrunden zu verschiedenen politischen Themen oder mehrtägige Seminare, bei denen sich die Teilnehmer*innen zum Beispiel rhetorisch weiterbilden können. Es gibt auch Veranstaltungen explizit für Schüler*innen oder auch Studienfahrten nach Brüssel, Straßburg oder Auschwitz. Dazu kommen immer wieder Besonderheiten, wie das Ahauser Schlossgespräch mit Jens Spahn oder auch die jährliche Fahrradtour durch das Ruhrgebiet.

Und was habe ich als FSJ-P‘lerin bei diesem bunten Mix an Veranstaltungen gemacht? So ziemlich alles. Ich wusste nicht, wie viel Arbeit eine einzelne Veranstaltung bedeutet, bis ich selber in die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung eingestiegen bin. In manchen Wochen vor großen Veranstaltungen habe ich dafür wahrscheinlich fast häufiger mit den zuständigen Abgeordnetenbüros telefoniert, als mit meinen eigenen Kollegen gesprochen.

Im Allgemeinen war meine Aufgabe meist die Organisation „drum herum“. Wo gibt es einen passenden Veranstaltungsort? Wann und wo kommen die Referenten an? Wo bringen wir sie unter? Sind die Einladungen verschickt? Wenn ich nicht selber vor Ort bin: weiß der Tagungsleiter über alles Bescheid? Hat der Busfahrer, der uns nach Brüssel fährt, eigentlich auch ein Hotelzimmer und was essen wir abends? Wir brauchen noch Fotos für die Homepage und wo ist eigentlich der Sachbericht? Hat der Referent seinen Honorarbogen unterschrieben? „Und Lea? Kannst du bitte einmal die Anlage für die Videokonferenz vorbereiten?“

Jetzt könnte man meinen, dass das irgendwie gar nicht nach einem politischen FSJ klingt. Aber doch, das ist es! Politik bedeutet nicht immer, irgendwo im Parlament zu sitzen und über ein Gesetz abzustimmen. Das politische Leben ist bunter und vielfältiger als man denkt, und die politische Bildung ist ein wichtiger Teil davon. All die Organisation (die echt Spaß macht) hat sich jedes Mal gelohnt, wenn ich gesehen habe, dass alles geklappt hat und ich dabei bin, wenn Jens Spahn mit Oliver Welke darüber diskutiert, wie man mit der AfD umgehen soll oder ich mit Zeitzeugen über die DDR sprechen kann.

Dabei konnte ich viele neue Kontakte knüpfen: Mit Personen sprechen, die spannende Geschichten zu erzählen haben, Leute treffen, die mir angeboten haben, dass ich im Studium später ein Praktikum bei ihnen machen kann und ganz wichtig: neue Freunde kennenlernen.

Im FSJ gibt es 25 Bildungstage, die jeweils 5 Tage am Stück mit den anderen FSJ-P‘lern verbracht werden. Und das sind – egal, wie sehr Euch Eure Arbeit in der Einsatzstelle gefällt – die besten Tage des Jahres. Mein Vorgänger sagte, die Seminare sein „wie Urlaub.“ Vorweg: Nein, die Seminare sind alles andere als Urlaub im Sinne von „irgendwo am Strand chillen“. Die Seminare sind „Urlaub“ von der Einsatzstelle und ich habe schnell gemerkt, dass nicht nur mir das gut getan hat. Ich habe die anderen FSJ-P‘ler*innen kennengelernt und mitunter gemerkt, dass sie in den ersten Wochen die gleichen kleinen Schwierigkeiten hatten, wie ich selbst. Dieser Austausch ist – gerade am Anfang - super wichtig!

Aber was macht man auf den Seminaren? Wir beschäftigen uns mit selbst gewählten Themen, wir kochen selber und sind für fünf Tage auf gewisse Art und Weise eine kleine Wohn- und Lerngemeinschaft. Das Coole ist, dass wir im Vorfeld selber planen, was unser nächstes Thema sein soll. Und bei einer so bunten Truppe, die so stark politisch interessiert ist, sind da immer tolle Vorschläge gekommen und umgesetzt worden.

Corona durchkreuzt nun leider viele Pläne und verhindert vieles, was eigentlich geplant war. Das ist super schade, aber leider natürlich nicht zu ändern. So verändert sich der Arbeits- und Seminaralltag. Gearbeitet wird von zu Hause aus und auch das Seminar findet in den eigenen vier Wänden statt. Wieder eine neue Situation, auf die ich mich einstellen muss. Aber genau das ist es, was ich aus diesem spannenden Jahr mitnehmen werde. Ich kann mich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen. Ich kam aus der Schule und hatte noch „nie richtig gearbeitet“. Neues Arbeitsumfeld, neue Arbeitsbedingungen, ständig neue Situationen und Menschen, auf die ich mich eingelassen habe. Irgendwann hatte ich mich auch mit den Widrigkeiten sämtlicher Computer-Programme angefreundet und konnte sogar neuen Kollegen erklären, wie das Adress-System funktioniert. Das hat mir nochmal gezeigt, wie gut ich mittlerweile in meiner Einsatzstelle angekommen bin.

Ich kann allen, die politisch interessiert sind, ein Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben im Allgemeinen, aber auch speziell bei der Konrad-Adenauer-Stiftung nur empfehlen. Für ein FSJ-P muss man nicht alle Bundestagsabgeordneten auswendig aufzählen können. Ihr braucht ein Grundverständnis und -interesse an Politik und solltet Lust haben, Euch in „Euer“ Thema einzuarbeiten. Dabei habt ihr so viele Möglichkeiten! Bewerbt Euch bei mehreren Stellen, schaut Euch an, was Euch interessiert und dann nutzt Euer Jahr! Nehmt so viel mit wie ihr könnt. Ihr seid hinterher um so viele wertvolle Erfahrungen reicher und habt nebenbei noch einen Haufen toller Leute kennengelernt: Bei Euch in der Einsatzstelle, in Eurer Seminargruppe und bei ijgd. Macht ein FSJ-P, ihr werdet es nicht bereuen!


Lea Linnhoff (FSJ-P 2019/20)

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Kontakt

Beate Kaiser

Beate Kaiser

Referentin im Regionalbüro Westfalen und Leiterin Frauenkolleg

beate.kaiser@kas.de +49 231 1087777-5 +49 231 1087777-7
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