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„798“ – Kunst in Peking

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„798“ ist mehr als nur eine Zahl. Das Künstlerviertel Dashanzi, oder auch „798“ genannt, liegt im nördlichen Teil des Pekinger Chaoyang Bezirks, wo sich eine große Künstlergemeinschaft in den alten Werkhallen einer stillgelegten Fabrik niedergelassen hat. Die Bezeichnung „798“ geht auf eine alte Parzelle mit der Nummer 798 zurück, die zum „Fabrikenverbund 718“ gehörte. Einst befanden sich hier im Fabrikenkomplex, der unter Mithilfe von Experten aus der DDR im Bauhausstil entworfen wurde, Elektronikfabriken und Quartiere für 10.000-20.000 Modellarbeiter. Im Zuge der Öffnungspolitik und Einführung der Marktwirtschaft wurden jedoch viele der staatseigenen Betriebe in China nach und nach geschlossen, sodass in den 90er Jahren auch viele Gebäude im Verbund 718 leer standen.

Ab Mitte der 90er Jahre kamen die ersten Künstler nach Dashanzi, angezogen von der ruhigen Lage, den günstigen Mieten und den riesigen hellen Räumen, die ihnen die leeren Produktionshallen boten. Wie Pilze schossen die neuen Ateliers, Galerien und Cafés aus dem Boden. Innerhalb weniger Jahre verwandelte sich das alte Fabrikgelände in ein modernes, hippes Szeneviertel, das chinesische und ausländische Besucher gleichermaßen anzog. Der anfängliche Geheimtipp unter den Kunstkennern hat sich innerhalb kürzester Zeit zum Pflichtprogramm für kunstinteressierte Touristen entwickelt. Wegen der kommerziellen Entwicklung ist das Viertel allerdings nicht ganz unumstritten.

Längst sind die Mieten für die meisten Kunstschaffenden zu teuer geworden, um die für Galerien ideal geeigneten Flächen als reine Arbeitsateliers weiterzubetreiben. Viele Maler, Bildhauer, Fotografen und Designer haben ihre Ateliers zum Beispiel in das Künstlerdorf Songzhuang verlagert. Die ehemaligen Ateliers in Dashanzi werden nun als Ausstellungs- und Verkaufsflächen weitergeführt. Viele haben aber auch vom Bekanntwerden des Künstlerquartiers profitieren können, indem sie die Gelegenheit ergriffen haben, sich mithilfe des Verkaufes ihrer Kunstwerke an Kunden aus aller Welt international einen Namen zu machen.

In Vorbereitung auf den Besucheransturm während der Olympischen Spiele in Peking wurden im vergangenen Jahr etwa 10 Millionen Euro in die Renovierung und Eröffnung weiterer Parzellen der alten Fabrik gesteckt. 798 ist damit innerhalb kürzester Zeit endgültig zum Vorzeige-Künstlerviertel avanciert. So ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass man hier in Dashanzi auch auf einige Kunstausstellungen trifft, die sich gezielt mit dem Thema Olympische Spiele beschäftigen.

Der in Taiwan geborene, in New York ansässige Maler, Schriftsteller und Kunsthistoriker Dr. T.F. Chen hat den Olympischen Spielen auf Einladung der chinesischen Regierung gleich eine Serie von ikonographischen Kunstwerken gewidmet. Jede einzelne der olympischen Disziplinen findet auf den 66 Bildern ihren Platz. Als Initiator der „Arts for Humanity World Tour“ (2005-2010) möchte der 72-jährige Künstler mit der Ausstellung seiner Werke in vier Galerien in Peking und Shanghai vor und während der Olympischen Spiele zur Verbreitung der Kunsterziehung und dem Wunsch nach Weltfrieden einen aktiven Beitrag leisten. Die bunten collagenartigen Graphiken verarbeiten neben der Darstellung der olympischen Sportarten sowohl traditionelle als auch moderne architektonische Symbole Pekings.

So ist zum Beispiel auf dem Volleyball-Bild auch der Himmelstempel dargestellt, Symbol der Hauptstadt. Auf dem Kunstwerk „Five races racing in Harmony“ ist im Vordergrund die Silhouette des Himmelstempels und der Verbotenen Stadt in roter Farbe aufgetragen. Davor stehen die neuen architektonischen Aushängeschilder der Stadt: das „Vogelnest“, der „Wasserwürfel“ und das neue Nationaltheater. Über der Stadt, die sogar Autos und grüne Bäume nicht auslässt, tanzen fünf stilisierte nackte Menschen mit verschiedener Hautfarbe um die fünf olympischen Ringe. Im kreisrunden angedeuteten Stadion hängen einige Flaggen der teilnehmenden Nationen. Bunte Pinseltupfer stellen die Zuschauermassen dar. Das Bild in seinen leuchtenden Farben repräsentiert damit den Wunsch der Chinesen nach einem perfekten, harmonischen Sportfest in Peking.

Dem Thema Sport hat man sich auch intensivst in der Nike-Ausstellung gewidmet. Als Sportswear Ausstatter hat Nike für die Ausstellung in Dashanzi einen historischen Rückblick auf die innovativen Erfindungen für seine Sportschuhe zusammengestellt. So findet man in der ersten Etage einige Prototypen aus den 70er, 80er und 90er Jahren mit der jeweiligen Erklärung, wie die Erfinder Inspirationen aus dem Alltagsleben für ihre innovativen Schuhmodelle schöpften. In der zweiten Etage hängen lebensgroße chinesische Sportikonen von der Decke, die in der typischen Bewegung der jeweiligen Sportart dargestellt sind.

Auch in anderen Galerien wird man immer wieder an die Olympischen Spiele erinnert. Mal guckt ein menschlicher Kopf aus dem Vogelnest, ein anderes Mal sieht man einen Tennisschläger oder eine Tischtennisplatte und immer wieder werden die Sportler in Bewegung dargestellt.

Die gelungene Verschmelzung von Sport und Kunst trägt sicherlich dazu bei, dass die Olympischen Spiele in Peking noch erfolgreicher werden, als sie es ohnehin schon sind. Die Spurensuche nach der Verarbeitung der Olympischen Spiele in der Kunst kann deshalb als erfolgreich bezeichnet werden, auch wenn das Künstlerviertel „798“ in Hinblick auf die fortgeschrittene Kommerzialisierung einiges von seinem ursprünglichen Charme eingebüßt hat.

Tabea Holtz, 22. August 2008

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