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Laura Chinchilla wird neue Präsidentin

von Kerstin von Bremen
Laura Chinchilla von der sozialdemokratisch-liberalen Partei Partido Liberación Nacional (PLN) hat in den Präsidentschaftswahlen vom 7. Februar 2010 einen deutlichen Vorsprung vor den anderen Kandidaten erreichen können. Zwei ihrer stärksten politischen Konkurrenten haben ihr schon zum Sieg gratuliert, nachdem erst die Stimmen aus knapp 60 % der Wahllokale ausgezählt waren.

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Der Wahlgerichtshof in Costa Rica, Tribunal Supremo de Elecciones, der alle Wahlen organisiert und durchführt, hofft, bis Mitternacht alle Stimmen ausgezählt zu haben. Doch auch so sieht es jetzt bereits aus, dass die Wahl entschieden ist. Laut costaricanischem Gesetz ist der Präsidentschaftskandidat mit den meisten Stimmen bereits im ersten Wahlgang bestimmt, wenn dieser mehr als 40% der Stimmen auf sich vereinen konnte. Nach vorliegenden Auszählungsergebnissen kommt Laura Chinchilla im Moment auf 46,7%.

An zweiter Stelle mit 25,1% liegt Ottón Solís von der linken Partei Partido Acción Ciudadana (PAC). Ihm folgt an dritter Stelle mit 20,8 % der Kandidat der liberalen Partei Movimiento Libertario, Otto Guevara. Abgeschlagen mit 3,8 % liegt an vierter Stelle der sozialchristliche Kandidat Luis Fishman der Partido Unidad Social Cristiana (PUSC).

Der Verlauf und die Durchführung der Wahlen waren vorbildlich, so auch die Leiterin der Wahlbeobachtungsmission der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS). Nach einem doch eher ruhigen Wahlkampf konnten die Parteien jedoch die Wähler mobilisieren, zu den Urnen zu gehen. Die Wahllokale öffneten alle (mit wenigen Ausnahmen) um 06:00 Uhr morgens und waren bis 18:00 abends geöffnet. Gravierende Vorfälle waren an einem Ort zu verzeichnen gewesen. Die Stimmung in der Bevölkerung glich oftmals einem Volksfest und auf den Straßen waren Autokolonnen mit den Fahnen der unterschiedlichen Parteien zu sehen.

Es scheint, als ob die Bürger Costa Ricas keine große politische Veränderung wollten. Laura Chinchilla, die bis zu Beginn der innerparteilichen Wahlkampfphase noch Vizepräsidentin in der noch amtierenden Regierung von Oscar Arias sowie von 2006-2008 Abgeordnete und Justizministerin war, steht für politische Kontinuität. Sie will zwar einige Schwerpunkte im Bereich der nationalen Sicherheit sowie Bildungspolitik setzen, doch im Großen und Ganzen wird es ein „weiter so“ bedeuten. In 80 der 81 Bezirke gewann die PLN mit ihrer Präsidentschaftskandidatin die Präsidentschaftswahlen.

Dabei sah es in den letzten Wochen vor der Wahl nicht mehr so eindeutig für einen Sieg von Laura Chinchilla aus. Der liberale Kandidat Otto Guevara konnte stark in den Umfragen zulegen und verringerte den Abstand immer mehr. Laut den Umfrageergebnissen lag er deutlich an zweiter Stelle. Es wurde bereits davon gesprochen, dass ein Sieg in der ersten Wahlrunde für Chinchilla nicht mehr als sicher galt. Wenn sie weniger als 40% der Stimmen auf sich vereint hätte, wäre es zu einer zweiten Wahlrunde gekommen. Dies wäre einer Katastrophe für den Wahlgerichtshof gleichgekommen, da laut Verfassung die Präsidentschaftswahlen der zweiten Runde am ersten Sonntag im April stattzufinden haben. Dieses Jahr fällt dieses Datum auf den Ostersonntag. Wie es Tradition ist, verbringt die Mehrheit der Costaricaner die Osterwoche am Strand, so dass ein Großteil der Bevölkerung sehr wahrscheinlich nicht wählen gegangen wäre. Dies hätte große Zweifel an der Repräsentativität des Ergebnisses mit sich gebracht. Somit werden neben den Anhängern von Laura Chinchilla auch der Wahlgerichtshof froh über ein deutliches Ergebnis sein – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Erstaunlich ist, dass Otto Guevara doch nicht an zweiter Stelle liegt. Ottón Solís von der linksgerichteten PAC hatte bereits nach der Veröffentlichung der letzten Umfrageergebnisse Zweifel an den Erhebungsmethoden bekundet. In den Umfragen kam er mit weniger als 20% auf den dritten Platz. Nach den vorliegenden Ergebnissen liegt er jedoch mit mehr als 4% Vorsprung deutlich vor Guevara an zweiter Stelle. Die Wählerschaft der PAC setzt sich stark aus Studenten und Universitätsmitgliedern der UCR zusammen. Die Partei ist stark darin, in den letzten Wochen noch ihre Wähler mobilisieren und zur Wahl motivieren zu können. Dies hat sie auch dieses Mal wieder unter Beweis gestellt. Dennoch ist das Ergebnis für Ottón Solís kein großer Erfolg. In den letzten Präsidentschaftswahlen 2006, in denen er auch schon einmal angetreten war, hatte er 39,8 % erlangen können. Fast wäre es zu einer zweiten Wahlrunde gekommen. Viele seiner damaligen Wähler, vor allem auch damalige Erstwähler, sind von ihm enttäuscht. Insbesondere sein Verhalten in den parteiinternen Vorwahlen seiner Konkurrentin Epsy Campell gegenüber hat vielen Wählern den Eindruck bestärkt, dass er nach wie vor ein Politiker des „alten Schlages“ ist und wenig Neuerung in den eigenen Reihen zulässt.

Weitere Ergebnisse der Parlaments- und Gemeinderatswahlen

Neben den Präsidentschaftswahlen konnten die Wähler ebenfalls über die neue Zusammensetzung des Parlamentes abstimmen, sowie auch die Gemeinderäte neu benennen. Da auf nationaler Ebene eine direkte Wiederwahl verboten ist, werden somit ab dem 01. Mai 2010 für die kommenden vier Jahre 57 neue Abgeordnete ins Parlament einziehen. Die Abgeordneten werden per Liste gewählt, so dass die Wähler jeweils einer Partei in ihren Bezirken ihre Stimme geben können. In vorherigen internen Wahlen oder auch Parteikongressen wurde die Zusammensetzung der Listen nach den Provinzen bestimmt.

Nach bisherigen Schätzungen könnte die zukünftige Regierungspartei PLN mit ca. 24 Abgeordneten die größte Parlamentsfraktion stellen. Die PAC wäre mit 10, das Movimiento Libertario mit 9 und die PUSC mit 6 Abgeordneten jeweils vertreten. Auch die „grüne“ Partido Accesibilidad sin Exclusión verfielen nach diesen Schätzungen 4 Abgeordnete. Aber bereits ohne Endergebnisse ist absehbar, dass auch in dieser Legislaturperiode keine Partei die 2/3 Mehrheit (38 Abgeordnete) bekommt, die zu Verfassungsänderungen notwendig sind. Weiter wird die Regierungspartei auf Allianzenbildung angewiesen sein. Hier kann auch den kleineren Parteien eine wichtige Bedeutung zukommen, wie auch schon die Verhandlungen zu Gesetzesänderungen im Rahmen des Freihandelsabkommens mit den USA gezeigt haben.

Auch zeigten diese Wahlen, dass immer mehr Wähler differenziert ihre Stimmen abgeben. Wo früher viel häufiger „in Linie“ gewählt - alle drei Stimmen für eine Partei - wurde, werden nun die Stimmen in den drei Wahlen oftmals unterschiedlichen Parteien vergeben. Insbesondere bei der Wahl der Gemeinderäte steht die Person des Kandidaten vorrangig an. Die Ergebnisse der Bürgerratswahlen werden jedoch zu Letzt ausgezählt. Ergebnisse liegen im Moment noch nicht vor.

Die gewählten Bürgerräte werden dieses Mal für sechs Jahre ihr Amt bekleiden. Bisher waren es wie bei den nationalen Abgeordneten vier Jahre gewesen. Anfang Dezember 2010 stehen die Bürgermeisterwahlen an. Durch diese einmalige Verlängerung der Amtszeiten der Bürgerräte sowie dann auch der Bürgermeister werden die lokalen Wahlen auf einen gemeinsamen Wahltag fallen, so dass demnächst in einer Wahl über das Präsidentenamt und die Zusammensetzung des Parlamentes und in einer anderen zu einem späteren Zeitpunkt über die lokalen Regierungen abgestimmt wird.

Insgesamt waren 2.822.491 Costaricaner im Wählerregister verzeichnet. Gegenüber 1953 hat die Zahl der Wahlberechtigten zehnmal so viel zugenommen.

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