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Veranstaltungsberichte

Kommunalwahlen und Wahlagenda: Politische Partizipation in Korea und Deutschland

KAS-KADE Symposium 2014

Um die innenpolitische Situation Südkoreas im Vorfeld der Kommunalwahlen vom 4. Juni 2014 zu erörtern, trafen sich unter der Schirmherrschaft der Korean Association of Democratic Civic Education (KADE) und des Auslandsbüros Korea der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) sowie in Zusammenarbeit mit dem Korean Election Research Institut (KERI) am 23 Mai 2014 in Seoul koreanische und deutsche Experten zu einem Symposium.

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In den einleitenden Worten der Vertreter der drei Veranstalter wurde auf koreanischer Seite betont, dass Korea seinem Ziel programmorientierter Wahlen zwar näher gekommen sei, aber noch viel zu tun bleibe. Die anstehenden Kommunalwahlen seien ein perfekter Anlass, dieses Thema zu behandeln.

Wissenschaftliche Analyse von Wahlagenden und ihrer Umsetzung

Prof. Dr. Byongkuen Jhee von der Chosun-Universität begann den ersten Teil des Symposiums mit der Vorstellung seines Analysevorschlags der Programme der politischen Parteien bzw. ihrer Kandidaten. Im Jahr 2006 wurde den koreanischen Wählern mit dem Anfang der sogenannten Manifestbewegung bewusst, wie wichtig ein politisches Programm vor Wahlen sei. Korea sei nun auf dem Weg, sich parteiprogrammatisch an Wählerwünschen zu orientieren. Jhee widmete sich der Frage, wie durch wissenschaftliche Methoden geprüft werden könne, inwieweit Kandidaten Wählerwünsche in ihren Programmen umsetzen. Dazu stellte er eine von ihm entwickelte Analysemethode vor, mit der geprüft wird, inwiefern Kandidaten auf Wahlthemen der Wähler reagiert und diese auch wirklich verfolgt bzw. umgesetzt haben. Dies würde mit einer mathematischen Formel berechnet werden.

Prof. Dr. Hayoon Jung von der Baejae-Universität erläuterte daraufhin ihren Ansatz, einen plausiblen Verbreitungsindex zu entwickeln. Nach den Wahlen wollen sie und Prof. Dr. Jhee diesen Verbreitungsindex vollenden. Wahlversprechen würden zwar auf ihre Plausibilität hin hinterfragt, jedoch läge zu wenig Fokus auf der Erfüllung der Wahlversprechen. Daher sei sie damit beschäftigt, einen Index entwickeln, der auch den Zeitraum nach den Wahlen berücksichtige.Damit Wählerwünsche ins Zentrum der Forschung gerückt werden könnten, seien in Korea für jede Provinz zehn Wahlagenden festgelegt worden, die durch Presse, Parteien und Bürgerinitiativen verbreitet wurden. Medienberichterstattung werde als Quelle dafür verwendet, um die Taktiken von Bürgerinitiativen, Politikern und allen weiteren Institutionen im Kontext der Kommunalwahlen zu erfahren. Diese würden in einem nächsten Schritt bewertet. Ein selbst erkanntes Defizit des Verfahrens sei, dass der Wähler lediglich als Objekt der Verbreitung, und nicht als Subjekt der Kampagne dargestellt werde. Daher sei es bei dem Index schwer, Objektivität zu garantieren oder zu beweisen.

Die politische Bedeutung der Kommunen in Deutschland

Der ehemalige Regierungspräsident von Köln, Hans Peter Lindlar, erklärte im Anschluss die Funktionsweise des deutschen Wahlsystems auf kommunaler Ebene. Er begann damit, dass er die geschichtliche Entstehung des Postens des Regierungspräsidenten erläuterte. Neben der Funktion der Landesbehörde und des Austausches mit den Ministerien des Landes sowie des Bundes ging er näher auf die Selbstverwaltung der Kommunen ein. Die Bedeutung des Kommunalwahlgesetzes machte er am Beispiel des Mindestalters sowie der Wahlperioden deutlich. Auch differenzierte er zwischen der Verhältnis- und Listenwahl und machte deren jeweilige Vor- und Nachteile klar. Im Mittelpunkt der heutigen Kommunalpolitik stehe, wie man den Bürger mehr am politischen Geschehen beteiligen könne. So werde Bürgerbeteiligung teilweise gesetzlich vorgeschrieben, und durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid werde die Meinung der Bürger konkret umgesetzt.

Weiterer Forschungs- und Analysebedarf

Im Anschluss daran kommentierte Prof. Dr. Myonghoo Park die bisherigen Feststellungen. Durch die Werbung auf den Straßen und den Wahlmanifesten würde es immer schwerer, eine gute Entscheidung zur Wahl zu treffen. Daher sollte der Fokus auf die Wahlagenda gelegt werden. Der Verbreitungs- und Verwertungsindex sei sehr wichtig, damit sämtliche Entscheidungen verantwortungsvoller ausfallen würden. Verfolgbarkeit und die Auswirkungen der Wahlen seien wichtig. Ein Problem bestehe darin, dass die jüngeren Wähler keine Zeitung mehr lesen würden. Nur weil die Zeitungen die Themen behandelt hätten, hieße das nicht, dass die Bevölkerung sie auch liest.

Frau Prof. Dr. Hayoon Jung entgegnete, dass es nicht immer hilfreich sei, das Programm und nicht die Person des Kandidaten an sich zu sehen. Die Bewertung der Verlässlichkeit einer Person, mit der sie die angesagten Wahlagenden umsetze, sei nicht direkt messbar. Daher sei es wichtig, die Studie über einen längeren Zeitraum fortzusetzen. Es sei jedoch nicht möglich, ein anderes Medium als Zeitungen zu nutzen, da Medien wie Twitter nicht ausführlich genug berichten würden.

Die Referenten erkundigten sich, um die Demokratie in Deutschland besser zu verstehen, nach den Unterschieden der Partizipation der Bürger bei den Kommunal-, Bundestags- und Europawahlen. Hans Peter Lindlar erklärte, dass die höchste Wahlbeteiligung auf Bundesebene zu verzeichnen sei, dann auf der Kommunalebene. Darauf folgten die Landtagswahlen.

Lindlar merkte an, dass heutzutage Wählerentscheidungen in den letzten zwei Wochen vor dem Urnengang fallen würden und zufällige Ereignisse in diesem Zeitraum extremen Einfluss hätten. Im Kontrast zu den Lokalzeitungen würden lokale TV-Stationen, aber auch die Boulevardpresse immer wichtiger für die kommunale politische Ebene. Im Kontrast zu Korea würde in Deutschland immer nach einer Synthese des Programms und der antretenden Person gesucht.

Politische Partizipation in Korea

Prof. Dr. Chanrai Cho von der KADE moderierte den zweiten Teil des Symposiums zum Thema „Politische Partizipation und Lokalagenda“. Prof. Dr. Duchel Shin folgte mit seiner Präsentation über die Analyse der zehn Lokalwahlagenden, je nach Wahlbezirk und politischer Partizipation. Das wichtigste Thema in sämtlichen Provinzen sei die Wirtschaft gewesen, danach folgten soziale Sicherheit und Bildung. Die Großstädte würden sich hierbei etwas mehr auf die Wirtschaft, die Provinzen mehr auf soziale Sicherheit konzentrieren.

Dr. Jonggap Kim erläuterte die Übertragbarkeit von teilen des deutschen Wahlsystems auf Korea. In Korea seien die Wahlkreise kleiner, was Monopolstellungen von bestimmten Parteien in verschiedenen Regionen begünstige. Das jetzige System in Korea sollte die Verhältniswahl stärker umsetzen. Auch die Fünf-Prozent-Hürde hielt er zwar für notwendig, aber zu hoch und würde sie auf drei Prozent reduzieren. Gesetze müssten gelockert werden, damit auch kleinere Parteien gegründet werden könnten. Die Zahl der Vertreter der kleinen Wahlkreise sollten von zwei auf vier Personen erhöht werden. Auch parteilose Kandidaten müssten unterstützt werden.

Prof. Dr. Sangtu Ko kommentierte die bisherigen Präsentationen. Bislang hätten die Parteien ihre Programme nicht richtig verkauft. Jetzt sei Korea in einer Phase, in der die Wähler Eigeninitiative entwickeln würden. Für die zukünftigen Wahlen sollen diese Initiativen noch gestärkt werden.

Prof. Dr. Byoungkwon Sohn erklärte, das deutsche Wahlsystem auf Kommunalwahlebene sei besonders schwer nachzuahmen, würde aber das regionale Interesse gut widerspiegeln und sollte so als Vorbild dienen. Man solle auch freie Wählergemeinschaften einführen und Mehrheitswahl, Frauenquoten und Minderheitenquoren zwingend durchsetzen.

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Stefan Samse

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

stefan.samse@kas.de +65 6603 6171

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