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Veranstaltungsberichte

Schöne neue Arbeitswelt

Eine Bilanz des Gießener Gesprächs 17. September 2012

„Menschen brauchen einen Ort, an dem sie sich verwurzeln und dauerhafte Beziehungen unterhalten. Das entlastet uns“. Im Gießener Gespräch der Konrad-Adenauer-Stiftung, die sie vor zwei Jahren mit dem Preis Soziale Marktwirtschaft auszeichnete, warnte Dr. Regina Görner vor Strategien global operierender Unternehmen, „Heimatlosigkeit als Prinzip zu produzieren.“

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Dr. Regina Görner (Foto: Christine Leuchtenmüller)

Die promovierte Historikerin, die bis 2011 zu den geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern der IG Metall zählte und seit 2000 dem Bundesvorstand der CDU angehört, erläuterte, vor allem gut ausgebildete junge Menschen würden trotz Willen zur Bindung in Fernbeziehungen gezwungen: „Immer später tritt ökonomische Sicherheit ein. So verschiebt sich auch die Entscheidung für Kinder nach hinten. Und irgendwann ist das Fenster zu.“ Obwohl das „Rad der Globalisierung“ niemand zurückdrehen werde, aber ein „Unternehmensvorteilstourismus, der mittlerweile Kasachstan erreicht hat, eingedämmt werden“ müsse, appellierte Regina Görner an Gewerkschaften und Betriebsräte immer wieder die Frage zu stellen, ob „dieses oder jenes erforderlich“ sei.

Gewerkschaften hätten in den vergangenen Jahren einen spannenden Lernprozess durchlaufen: Tarifverträge seien so zu gestalten, dass die Anliegen der „Kernbelegschaft“ ebenso zu berücksichtigen seien wie die Übernahme von Auszubildenden in Dauerarbeitsverhältnisse und berechtigte Forderungen von „Leiharbeitern“, die in anderen Ländern eben wegen ihrer hohen Belastungen höhere Löhne erhielten als in Regelarbeitsverhältnissen: „Wir kümmern uns jetzt auch verstärkt um Angehörige der ‚Randbelegschaften’, die nur Werkverträge haben. Auch das haben wir gelernt.“

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Dr. Regina Görner (Foto: Christine Leuchtenmüller)

„Was Leiharbeit, die häufige Ortswechsel einschließt, mit Menschen macht, werden Studien erst in den nächsten Jahren zeigen“. Regina Görner hielt nicht mit ihrer Vermutung hinter dem Berg, dass viele Menschen psychische Erkrankungen erleiden wegen eines „Nomadenlebens, das sie eben nicht auftanken lässt“. Insbesondere in Lebensphasen, die manche Krise einschließe, fange ehrenamtliches Engagement Menschen auf. Doch Ehrenamt brauche Zeit wie örtliche Bindung. Kaum bestritten werde schon heute, dass Fernpendler, die ähnlichen Verzicht leisten, hohe gesundheitliche Risiken eingingen.

In einer Ära, die durch „Entortung von Arbeit“ nicht nur an IT-Arbeitsplätzen geprägt werde, schließen „soziale Netzwerke“ manche Lücke: „Sie ermöglichen Begegnungen. Ich treffe meine Facebook-Freunde so häufig wie möglich. Parteien, Verbände und Gewerkschaften sollten dieses Potenzial nutzen.“

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