Die Veranstaltung "Europa. Das nächste Kapitel" des Politischen Bildungsforums Brandenburg begann schon traditionell mit einer Ideensammlung: ein Format, bei dem jeder Teilnehmer zu einem EU-Visionär werden kann. Die Frage der Visionen zog sich wie ein roter Faden durch die ganze Veranstaltung: Wie kann und soll man die gemeinsame europäische Zukunft gestalten?
Das Thema der europäischen Zusammenarbeit ist komplex und facettenreich, deshalb wurde ihr in mehreren Besprechungsrunden nachgegangen. Nachdem der Leiter des Politischen Bildungsforums Brandenburg, Stephan Georg Raabe, die Gäste des Abends begrüßt und die Frage nach den Modi des gemeinsamen Politikmachens aufgeworfen hatte, übernahm Frederick Aly die Moderation des Gesprächs. Die Podiumsteilnehmer waren Dr. Christian Ehler MdEP, Dr. Peter Becker, Mitglied der Forschungsgruppe EU/Europa der Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin, und Christian Schmidt, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsch-polnische Nachbarschaft Sąsiedzi e.V.
Laut Dr. Peter Becker sei Europa nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch eine Solidaritätsgemeinschaft. Man müsse deshalb eine Balance zwischen den nationalen Besonderheiten und den europäischen Gemeinsamkeiten finden. Die zahlreichen Erfolge, die dabei erzielt werden, müssten gut kommuniziert werden.
Die Außenkommunikation der EU ist ein Phänomen, das von allen Referenten angesprochen wurde. Laut Christian Schmidt sei Europa viel zu sehr anonymisiert. In der Öffentlichkeitsarbeit werde es von den Nationalstaaten häufig instrumentalisiert, indem sie es für Missstände beschuldigen, während über seine Erfolge geschwiegen werde. "Europa ist die Organisation, die die schlechteste PR hat", konstatierte Schmidt. Dr. Christian Ehler sieht dieses Phänomen noch weitgreifender. Ehler meinte, Politik und Demokratie hätten ein Marketing-Problem auf allen Ebenen. Das habe zur Folge, dass das Interesse für demokratische Prozesse relativ gering sei. "Für Greta ist die Politik zu langsam", merkte er im Hinblick auf die Klima-Proteste an. Dr. Peter Becker wies in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit des EU-Binnenmarktes hin. Aus Brüssel komme sehr viel Gutes, und das zu erkennen sei nicht eine Frage der Öffentlichkeitsarbeit, sondern eine Frage des Vertrauens.
Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit innerhalb der EU standen Themen wie Datenschutz, Umweltschutz und Kooperation im Forschungsbereich im Fokus und Interesse der Diskussionsteilnehmer. Es ging dabei um verschiedene und häufig kontrastierende Visionen, die Hauptbotschaft kann aber mit den Worten von Becker zusammengefasst werden: "Europa kann sich nur behaupten, wenn es sich zusammenhält". Man müsse es immer wieder neu beleben: mit neuen Ideen und mit neuen Zielen, denn "Europa ist wie ein Fahrrad – wenn man nicht in die Pedalen tritt, dann kippt es um".