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Veranstaltungsberichte

„Deutschenfeindlichkeit an Schulen – auch ein Problem in Bremen?“

„Gibt es Deutschenfeindlichkeit auch an Bremer Schulen?“ lautete die Fragestellung der Abendveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) aus der Reihe „Bremer Podiumsgespräch der KAS im Theater Bremen“. Das Impulsreferat vor 160 Gästen hielt Regina Mönch, Feuilleton-Redakteurin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die über die Deutschenfeindlichkeit an Berliner Schulen recherchiert hatte. Auf dem Podium sprachen Anja Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Thomas vom Bruch (CDU), Christa Verhaeg (Wilhelm-Kaisen-Oberschule) und Lars Kiener (Kampfkunstschule Bremen).

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In ihrem Impulsreferat betonte Regina Mönch, dass es sich bei der Deutschenfeindlichkeit um ein bundesweites Phänomen handele. Darauf schließe sie aus den Reaktionen, die ihr im Oktober 2010 veröffentlichter Artikel „Das Schweigen der Schulen über Deutschenfeindlichkeit“ ausgelöst habe. In diesem hatte Mönch einen Fall aus Berlin-Neukölln geschildert und von einem „alltäglichen Beispiel, das sich zehntausendfach wiederholt hat seitdem“, gesprochen. Ihres Erachtens gibt es sowohl einen offenen als auch verdeckten Rassismus seitens Schüler mit arabischem und türkischem Migrationshintergrund, der sich allerdings nicht ausschließlich gegen Deutsche richte: „Es gibt manifeste Allmachtsphantasien und Überlegenheitsgedanken gegenüber dem westlichen Lebensstil – sodass zum Beispiel auch muslimische Frauen ohne Kopftuch betroffen sind.“

Für eine noch grundsätzlichere Diskussion plädierte Anja Stahmann, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Bremischen Bürgerschaft: „Wir haben ein großes Mobbingproblem an Bremer Schulen, das Gewalt, Sexismus, Schwulenfeindlichkeit und eben auch ethnische Schimpfwörter umfasst. Ob ‚Ali’ oder ‚Hans’ diskriminiert wird, spielt hierbei keine Rolle.“ Eine Umfrage im Jahr 2003 habe ergeben, dass viele Bremer Schülerinnen und Schüler bereits Gewalt- und Ausgrenzungserfahrungen gemacht hätten. Diesen Status quo zu ändern, daran müsse man arbeiten.

Thomas vom Bruch (CDU) indes, ehemaliger Staatsrat beim Senator für Inneres und Bildungsdeputierter der Bremischen Bürgerschaft, wünscht sich bei der Debatte über Rassismus, dass sie mit dem Aspekt der Deutschenfeindlichkeit ergänzt wird. „Wir brauchen diese Diskussion, die in der Vergangenheit nicht offensiv genug geführt wurde, am Tageslicht der Demokratie und dürfen sie nicht den Falschen überlassen“, begründete vom Bruch. Schließlich gebe es bestimmte Indizien, dass das Phänomen der Deutschenfeindlichkeit auch in Bremen vorhanden sei.

Diese Einschätzung bestätigte Christa Verhaeg (SPD), Lehrerin und Abteilungsleiterin an der Wilhelm-Kaisen-Oberschule, durch ihre persönlichen Erfahrungen. An ihrer Schule, deren Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund annähernd 75 Prozent betrage, gebe es Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und selbstredend auch Deutschenfeindlichkeit. „Es gab eine kleine Gruppe von Migranten aus dem orientalischen Herkunftsgebiet, die ohne erkennbaren Anlass eine kleine Gruppe deutscher Schüler drangsalierte, oft auch körperlich angriff und dabei deutschenfeindliche Parolen äußerte“, betonte Verhaeg. Als Gegenmaßnahme sei Respekt zum Leitbild erhoben und die Orientierung an den Menschenrechten ausgerufen worden. „In enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Soziale Dienste, dem Kontaktpolizisten und der Schulleitung wird Rassismus jeder Natur unverzüglich thematisiert und geahndet“, ergänzte Christa Verhaeg.

Vom Bruch erweiterte die Einforderung von Respekt um die Werte Toleranz und Benehmen. Einen anderen Vorschlag machte Lars Kiener, Ausbilder und Pressesprecher der Kampfkunstschule Bremen, der täglich mit Schülern und Jugendlichen in ihrer Freizeit zu tun hat: „Wir Deutschen brauchen eine neue Selbsteinschätzung. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war ein tolles Beispiel dafür, was ein positiver Patriotismus alles bewirken kann. Ohne ihn gestaltet es sich sehr schwierig, Themen wie Deutschenfeindlichkeit aufzugreifen, ohne dass sie sofort wieder tabuisiert werden.“ Man müsse erkennen, dass Rassismus keine Einbahnstraße und daher in jeder Form menschenverachtend sei.

Auf das Podiumsgespräch folgte ein kontroverser Austausch mit dem Publikum. Dabei reichte das Spektrum von der Einschätzung, dass es keinerlei Deutschenfeindlichkeit in Bremen oder in anderen Städten Deutschlands gebe, bis zu der Hoffnung, dass dieses Thema künftig regelmäßig und ohne vorgefasste Meinungen debattiert werde.

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