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Veranstaltungsberichte

„Nichts ist ungerechter als die Gleichbehandlung Ungleicher“

von Jane Reimers

Josef Kraus über die Probleme deutscher Bildungspolitik

Zum Thema „Wie man die Bildung an die Wand fährt“ veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) am 20. November 2017 in der Strandlust in Bremen-Vegesack eine Podiumsdiskussion mit Vortrag von Josef Kraus, Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes. Ebenfalls eingeladen waren die bildungspolitischen Sprecher Dr. Thomas vom Bruch, CDU-Fraktion, und Dr. Matthias Güldner, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der bremischen Bürgerschaft. Martin Spiewak, Redakteur der Wochenzeitung „Die ZEIT“ moderierte die Veranstaltung, an der 150 Gäste teilnahmen.

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Gerne hätte Ralf Altenhof Dr. Claudia Bogedan, Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen, auf dem Podium begrüßt, doch leider habe sie „terminunabhängig“ auf die Teilnahme verzichtet. Mit Blick auf den im Oktober 2017 veröffentlichten „Bildungstrend 2016“ des Institutes zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) identifizierte der Leiter des Politischen Bildungsforums der KAS in Bremen eklatante Defizite: „Bereits in der 4. Klasse hängen die Bremer Schüler ein ganzes Schuljahr hinterher.“ Das erklärte Ziel der Bildungssenatorin, bis 2035 den Anschluss an das Mittelfeld zu schaffen, lasse politische Gestaltungskraft vermissen und dauere viel zu lange, so Altenhof.

Anlässlich seines im März diesen Jahres veröffentlichten Buches „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt: Und was Eltern jetzt wissen müssen“, referierte Josef Kraus über die grundlegenden Problemen der deutschen Bildungspolitik. Diese würden allesamt auf dem „Scheitern pädagogischer Irrlehren“ beruhen. Hierzu zähle unter anderem der Egalitarismus. Die chronische „Gleichmacherei“ ungeachtet von Begabungen und Talenten sei das eigentlich Ungerechte. „Nichts ist ungerechter als die Gleichbehandlung Ungleicher“, erklärte der Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes, „nicht jeder kann zu allem begabt werden.“ Eine weitere Irrlehre sei die „Spaß- und Gefälligkeitspädagogik“. In Kombination mit einem „seichten Psychologismus“ würden Kinder in einer „Käseglocke“ aufwachsen. Weder Eltern noch Lehrer wollen ihnen aufgrund einer angeblich „permanenten Traumatisierbarkeit“ zu viel zutrauen. Das Fordern rücke in den Hintergrund und die Schule wandle sich in gewisser Weise zu einem „Ponyhof“. „Wer das Leistungsprinzip untergräbt, setzt eines der revolutionärsten demokratischen Prinzipien außer Kraft“, konstatierte Kraus. Ähnlich kritisch sei der Irrglaube, jeder müsse Abitur haben, zu beurteilen: „Wenn jeder Abitur hat, hat niemand mehr Abitur.“ Selbiges wäre unlängst von der „Studienbefähigung“ zur „Studienberechtigung“ degradiert worden. „An den Universitäten werden Einführungskurse eingerichtet, um die fachlichen Defizite der Abiturienten auszugleichen. Das ist grotesk angesichts immer besser werdender Noten“, sagte Kraus. Besonders die ausgeprägte „Testeritis“ mit PISA und Co beschreibe ein falsches Bild. PISA betrachte lediglich alles Messbare an Schulen. Bereiche wie das literarische Verständnis und Fremdsprachenkompetenz würden nicht erfasst werden. „Alles, was Konkurrenzfähigkeit auf dem globalen Markt erzeugt, wird von PISA nicht erfasst“, betonte der ehemalige Gymnasiallehrer.

Thomas vom Bruch und Matthias Güldner stimmten überein, dass Testergebnisse von PISA und der IQB zwar keine Allgemeingültigkeit besäßen, jedoch verwertbare Hinweise lieferten, die als Grundlage für Reformen genutzt werden sollten. „Diese Studien halten uns den Spiegel vor“, erklärte vom Bruch und betonte besonders für das ewige Schlusslicht Bremen die Chancen, die diese Vergleiche bieten. „Wir brauchen mehr und effektivere Elternarbeit“, forderte Güldner angesichts der Problematik der „Schulverweigerung“ besonders in den sozial schwächeren Stadtteilen Bremens.

„Vielen Dank, dass sie des Themas noch nicht überdrüssig sind“, bedankte sich Ralf Altenhof abschließend, um zugleich zu prognostizieren, dass Bremen noch lange mit dem Thema Bildung zu tun haben werde. Er lobte die teils kontrovers und differenziert geführte Debatte sowie die zahlreichen Fragen und Beiträge des Publikums.

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Kontakt

Dr. Ralf Altenhof

Dr

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

ralf.altenhof@kas.de +49 421 163009-0 +49 421 163009-9
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