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Veranstaltungsberichte

Müssen wir die Umwelt vor den Umweltschützern retten?

von Tim Kempers
„Ökofimmel: Wie wir versuchen die Welt zu retten – und was wir damit anrichten“ heißt das Buch des SPIEGEL-Redakteurs Alexander Neubacher, mit dem er im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgte. Nachdem die Konrad-Adenauer-Stiftung ihn bereits im Oktober 2012 wegen des Buches eingeladen hatte, folgte Alexander Neubacher auch der zweiten Einladung und präsentierte den Film zum Buch vor über 190 Zuschauern.

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Zunächst begrüßte Dr. Ralf Altenhof, Leiter des Bildungswerkes der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen, den seit 1999 für den SPIEGEL schreibenden Alexander Neubacher und die Gäste im mehr als gut besuchten Auswandererhaus Bremerhaven. Neubacher zeigte hier zum ersten Mal vor Publikum seinen Film.

Dieser beginnt mit einem Satz, welcher den deutschen Ökofimmel auf den Punkt bringt: „Ich bin Vater von vier Kindern und Besitzer von fünf Mülltonnen.“ (Alexander Neubacher). Da Neubacher nach eigener Angabe oft nicht weiß, in welche der Tonnen denn nun der anfallende Müll zu werfen ist, sucht er bei der Berliner Stadtreinigung nach Hilfe. Doch auch der (scheinbare) Experte kann Neubacher nicht erklären, wie Toilettenreiniger, Sekundenkleber oder ein Stoffball zu entsorgen sind. Sind die verschiedenen Mülltonnen vielleicht des Guten zu viel?

Neben vielen weiteren alltäglichen „Ökomythen“ stellt der Film auch die Entwicklung von Biogas und Biosprit dar. Wurden diese Anfang der 2000er Jahre noch als Goldgrube für Landwirte eingeschätzt (Renate Künast: „Die Landwirte sind die Ölscheichs der Zukunft!“), regt sich mittlerweile in vielen ländlichen Regionen aufgrund der Verschmutzung und des Gestankes Widerstand gegenüber den riesigen Maisflächen und Verarbeitungsanlagen.

Auch der selbstauferlegte Drang, Wasser zu sparen, hat keineswegs solch umweltfreundliche Auswirkungen, wie anzunehmen wäre. Denn dadurch, dass zu wenig Wasser in die Kanalisation fließt, kann der Dreck nicht richtig weggespült werden. Dies führt zu Gestank und Schwefelwasserstoff, welcher nicht nur die Kanäle beschädigt, sondern bei starker Dosierung sogar gesundheitsgefährdend sein kann. Um diesen Problemen vorzubeugen, wird jeden Tag Trinkwasser durch die Kanäle gepumpt. Ist das etwa ökologisch sinnvoll?

Der Film bietet also genügend Stoff zur Diskussion, in welche die Zuschauer auch direkt einstiegen und weitere umweltpolitische Widersprüche ansprachen. So wurde unter anderem der alternative Solarstrom thematisiert. Das Unverständnis eines Gastes gegenüber der hohen staatlichen Unterstützung für Solarenergie teilte Neubacher. Er stellte klar, dass von allen alternativen Energien die Solarenergie am ineffektivsten sei. Diese würde nämlich zu 50% subventioniert, erziele jedoch nur einen Ertrag von 20%. Damit gibt Deutschland nach Neubacher „extra viel Geld für extra wenig Strom“ aus.

Wie ist das möglich? Hieran ist laut Neubacher eine Art „Ökokonsens“ in der Berliner Politik schuld. Führende Umweltpolitiker aller Parteien haben sowohl untereinander als auch zu führenden Umweltverbänden sehr gute Beziehungen. Man kann hier also von einer Art „Ökolobby“ sprechen.

Doch wer glaubte, dass Neubacher aufgrund seiner Thesen ein strikter Gegner alles ökologischen und biologischen sei, sah sich getäuscht.

Eine der mehreren kritischen Anmerkungen, dass man nicht das Ökologische an sich, sondern die finanziellen Strukturen dahinter für die Probleme verantwortlich machen sollte, stimmte Neubacher in Teilen zu. Er bemängelte jedoch, dass die Begriffe „Öko“ und „Bio“ oft verkehrt oder falsch gebraucht würden und bestätigte, dass das Ökologische an sich nicht schlecht sei. Dieses würde jedoch zu selten kritisch beäugt und sei von Symbolik geprägt. So wird im Allgemeinen der Gedanke vertreten, dass jeder, der etwas für die Umwelt tut, im Recht ist. Der Film macht jedoch klar, dass dies nicht immer der Fall ist. Ist der Ökofimmel noch zu stoppen? Müssen wir die Umwelt vor den Umweltschützern retten?

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Kontakt

Dr. Ralf Altenhof

Dr

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

ralf.altenhof@kas.de +49 421 163009-0 +49 421 163009-9

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