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Veranstaltungsberichte

Studienfahrt "Laufend politische Bildung: Der Mauerweg – 50 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer”

Die jüngste Studienreise der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen führte anlässlich des 50. Jahrestages des Baus der Berliner Mauer am 13. August 2011 in die Bundeshauptstadt. Mit Besuchen des Stasimuseums Berlin oder der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen wurde nicht lediglich im übertragenen Sinne „laufend“ über die Schrecken der DDR-Diktatur aufgeklärt – durch tägliche Läufe am ehemaligen Berliner Mauerweg wurde auch im eigentlichen Sinne des Wortes „laufen“ laufend politische Bildung betrieben.

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Die Projektmanagerin Dörte Fritzsche von der Grün Berlin Park und Garten GmbH führte die Teilnehmer mit einem Impulsreferat über das Projekt „Berliner Mauerweg“ thematisch ein, dessen Hauptziel es ist, durch die Wiederaufbereitung des etwa 160 Kilometer langen Berliner Mauerweges an die einstige widernatürliche Trennung der Stadt zu erinnern und gleichzeitig als Begegnungsstätte zwischen Ost und West zu fungieren. Für dieses von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin koordinierte Projekt wurden zirka 4,4 Millionen Euro aufgewendet. Nach nützlichen Tipps und Tricks zum richtigen Laufen – die seitens des Lauftrainers Klaus Ogurreck sowohl theoretisch als auch praktisch vermittelt wurden – stand der erste Lauf auf dem Programm: der sieben Kilometer lange Mauerweg vom Potsdamer Platz zur Warschauer Straße.

Während die Laufteilnehmer die über elf Kilometer lange Strecke vom Griebnitzsee bis zum Wannsee bezwangen und dabei eine Reihe von restaurierten Villen in bester Lage betrachteten, besuchte das Gros der Gruppe das DDR Museum. Unter dem Motto „Geschichte zum Anfassen“ wird in diesem das Alltagsleben in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unter den Bedingungen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS, auch Stasi genannt) dargestellt – und mit dem ein oder anderen DDR-Mythos aufgeräumt.

Dass die dringende Notwenigkeit besteht, neben der menschenverachtenden nationalsozialistischen Diktatur des Dritten Reiches auch die kommunistische SED-Diktatur der DDR adäquat aufzuarbeiten, wurde sowohl beim Referat im Informations- und Dokumentationszentrum (IDZ) Berlin des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zum Thema „Ministerium für Staatssicherheit – Geschichte, Struktur und Wirkungsweise“ als auch beim Besuch der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße deutlich. In letzterem erschraken die Teilnehmer besonders, als die Bürgerrechtler Jörg Drieselmann und Barbara Timm ihnen einige Eindrücke vom strukturellen Aufbau und zur Organisation der Stasi vermittelten, die im Jahr 1989 ca. 91.000 hauptamtliche und 189.000 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) umfasste. Die von Herrn Jodock geleitete Themenstadtführung „Die Spur der Steine – Leben auf der ‚Stalinallee’“ spiegelte durch die Betrachtung der Architektur des sozialistischen Klassizismus – der abwertend und scherzhaft häufig auch Zuckerbäckerstil genannt wird – die stalinistische Ära auf imposante wie auch erschreckende Art und Weise wider und führte die Teilnehmer zum Ursprung der blutig niedergeschlagenen Demonstrationen vom 17. Juni 1953.

Für den dritten Lauf war ursprünglich der etwa zehn Kilometer lange Mauerweg von Hennigsdorf nach Hohen Neuendorf vorgesehen, der letzte Grenzübergang, der noch kurz vor dem Fall der Mauer am 09. November 1989 in Betrieb genommen worden war. Stattdessen machten die Laufteilnehmer jedoch eine Joggingtour durch den Ortsteil Tiergarten – um u. a. den Platz der Republik, das Schloss Bellevue sowie das Konrad-Adenauer-Haus in Augenschein zu nehmen. Die übrigen Gruppenmitglieder suchten indes das Deutsche Historische Museum (DHM) auf und waren dabei besonders von „Über Leben“ sehr angetan – einer Ausstellung mit etwa 300 Fotografien von Daniel Biskup und Thomas Hoepker, die den Alltag in der DDR und die gesellschaftspolitischen Veränderungen nach dem Ende der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) eindrucksvoll dokumentiert. Gestärkt durch einen Currywurstimbiss im „Dom Curry“, ging es in die ehemals zentrale Untersuchungsanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Die Ausführungen des Zeitzeugen und Besucherreferenten Hansjürg Deschner, der selbst u. a. in Saalfeld und Eisenach inhaftiert war, beeindruckten besonders.

Am letzten Tag galt es die zirka acht Kilometer lange Strecke von Hohen Neuendorf nach Hermsdorf zu bewältigen, einem ehemaligen Grenzstreifen, an dem viele DDR-Flüchtlinge ihr Leben ließen – so etwa der damals 19-jährige Ostberliner Joachim Mehr am 03. Dezember 1964, der von zwei Grenzsoldaten durch gezielte Schüsse getötet wurde. Abgerundet wurde die Studienreise durch ein gemeinsames Essen im „Zollpackhof“, in dessen Anschluss ein abschließendes Mittagsgespräch mit Rainer Eppelmann, dem Vorstandsvorsitzenden der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, zum Thema „Die Aufarbeitung der SED-Diktatur – Bilanz und Perspektiven“ stattfand. Eppelmann betonte, dass hierbei insbesondere zwei Fragen im Vordergrund stünden: Einerseits, wie Gerechtigkeit für die Opfer hergestellt werden könne und andererseits, wie mit den Tätern verfahren werden müsse. „Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist nicht nur Aufgabe von Politikern, Juristen und Lehrkräften, sondern eine gesellschaftspolitische Gesamtaufgabe“, konstatierte Eppelmann. Kurz zuvor hatte Gesine Lötzsch, Parteivorsitzende von "Die Linke" und stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, den Zollpackhof betreten.

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