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Regierungslosigkeit in Zeiten der Krise

Ministerpräsident Ivars Godmanis tritt nach nur vierzehn Monaten von seinem Amt zurück

Nach nur vierzehn Monaten im Amt hat Ministerpräsident Ivars Godmanis am Freitag seinen Rücktritt erklärt. Vorangegangen waren wochenlange Querelen über den Kurs der Regierung in der Wirtschafts- und Finanzkrise, die das Land an den Rand des Staatsbankrotts geführt hat. Nachdem die Regierung am 4. Februar noch knapp ein Misstrauensvotum im Parlament für sich entschied, sind die Koalitionspartner den jüngsten Reformplänen des Ministerpräsidenten nicht mehr gefolgt. Präsident Valdis Zatlers hat das Rücktrittsgesuch angenommen.

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Bereits in der vergangenen Woche ist es zum Eklat gekommen, als Präsident Zatlers in einer öffentlichen Stellungnahme erklärte, kein Vertrauen mehr in die Führungsfähigkeit seines Ministerpräsidenten zu haben. Das Misstrauensvotum entschied die Regierungskoalition aus Volkspartei (Tautas partija), Bauern und Grünen, Lettlands Weg/Erste Partei und „Vaterland und Freiheit“ Anfang des Monats zwar noch knapp mit 51 von 100 Stimmen für sich, in den letzten Tagen kippte allerdings auch die Stimmung unter den Regierungspartnern. Sowohl Volkspartei als auch Bauern und Grüne wandten sich von Regierungschef Godmanis ab.

Kopf- und führungslos taumelt Lettland durch die schlimmste Krise seit Wiedererlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1991. Die weltweite Auswirkung der Wirtschafts- und Finanzkrise trifft den einstigen „Baltischen Tiger“ besonders hart. Bereits im Dezember konnte der Staatsbankrott nur durch einen 7,5 Milliarden Euro schweren Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) abgewendet werden. Viel zu spät und dadurch umso drastischer fielen die Maßnahmen der Regierung aus, um die schlimmste Not des Staates abzuwenden. Die Mehrwertsteuer wurde um 3 bis 11 Prozent auf einheitliche 21 Prozent erhöht. Die Gehälter der Staatsbediensteten um rund 15 Prozent gekürzt. Die Budgets der Ministerien, Hochschulen und aller öffentlichen Einrichtungen um bis 40 Prozent reduziert. Die Arbeitslosigkeit stieg allein in den letzten sechs Monaten von 5 auf 9,4 Prozent (Februar 2009). Vielen kleinen Geschäften und Restaurants geht die Luft aus.

„Nothing special“

Die Politik findet bislang keine Antworten auf die Krise. Noch am 9. Dezember beschrieb Finanzminister Atis Slakteris in einem Interview für Bloomberg TV die Situation in Lettland als „nothing special“. Dass es allerdings in der Bevölkerung gärt, wurde spätestens angesichts der Demonstration von 10.000 Menschen am 13. Januar auf Rigas Domplatz deutlich.

Einen Tag nach der größten Demonstration in Lettland seit den friedlichen Protesten gegen die sowjetischen Besatzungsmacht zu Beginn der 1990er Jahre hat Präsident Zatlers Regierung und Parlament ein Ultimatum bis zum 31. März gestellt. Darin fordert er die Volksvertreter u.a. auf, die überfällige Reform des Wahlgesetzes zu beschleunigen, sowie einen schlüssigen Entwicklungsplan zu verabschieden, wie Lettland durch die Krise geführt werden soll. Darüber hinaus sollen Kontrollorgane die verantwortungsvolle Verwendung des IWF-Kredits gewährleisten. An die Regierung des scheidenden Ministerpräsidenten Godmanis richtete er den Appell, schnell Handlungsfähigkeit herzustellen und gegebenenfalls auch vor einer Kabinettsumbildung nicht zurückzuschrecken. Falls diese Punkte nicht erfüllt werden, wird Zatlers Anfang April ein Referendum zur Auflösung des Parlaments anstrengen.

Nun hat der öffentliche Druck auf Ivars Godmanis und seine Regierungsmannschaft noch vor Ablauf des Ultimatums für die Ablösung des Regierungschefs gesorgt. Damit verabschiedet sich auch der 13. Ministerpräsident Lettlands seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 vorzeitig aus seinem Amt. Seit dem Wochenende laufen die Spekulationen über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts und den zukünftigen Regierungschef auf Hochtouren. Die größte Fraktion in der Saeimas, die Lettische Volkspartei, nominierte bereits Regionalminister Edgars Zalans als ihren Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Allerdings wird dieser aufgrund seiner umstrittenen Regionalreform voraussichtlich keine Mehrheit im Parlament finden. Die Opposition, allen voran das EVP-Mitglied „Neue Zeit“ (Jaunais Laiks), bevorzugt hingegen einen parteilosen Kandidaten. Unter anderem wurde ebenso der lettische EU-Kommissar Andris Piebalgs von der Partei „Lettlands Weg/Erste Partei“ ins Gespräch gebracht. Auch ist eine völlige Neugestaltung der Regierung gegenwärtig nicht ausgeschlossen.

In den kommenden Tagen wird Staatspräsident Valdis Zatlers mit allen im Parlament vertretenen Parteien Gespräche über die Zusammensetzung der Regierung und den zukünftigen Ministerpräsidenten führen. Bereits jetzt ließ er dabei durchblicken, dass er keinen parteilosen Regierungschef haben möchte, da dies seiner Meinung nach, die Unfähigkeit der Parteien und ihres politischen Personals zusätzlich dokumentieren würde.

Viel Zeit haben weder Präsident noch Parlament, sich auf eine Regierungsmannschaft zu verständigen. Lettland und seine Menschen warten dringend auf Lösungsansätze in einer für das Land wahrhaft dramatischen, für viele existenzbedrohenden Situation.

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Elisabeth Bauer

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15. Januar 2009
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