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Sicherheit in einer multiethnischen Stadt

Nigeria ist ein multiethnischer Staat, der seit seiner Gründung mit interethnischen Konflikten zu kämpfen hat. Die Konflikte erstrecken sich über alle Regionen und meist sind es Streitigkeiten um Land- und Weiderechte, welche zu Gewaltakten führen.

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Die Konflikte erstrecken sich über alle Regionen und meist sind es Streitigkeiten um Land- und Weiderechte, welche zu Gewaltakten führen. Aber auch in den großen Städten des Landes bereitet das Zusammentreffen verschiedener Sprachen, Kulturen und Religionen beständig Probleme.

Im Hinblick auf die in 2014 schwieriger gewordene Sicherheitslage in Nigeria veranstaltete die KAS mit Professoren der Universität Ibadan einen Workshop zum Thema der Sicherheit in multiethnischen Städten am Beispiel Ibadans. Vertreter verschiedener Nichtregierungsorganisationen, religiöse Führer, Abgeordnete von Bürgerwehren sowie Konfliktforscher waren in der Hauptstadt des Bundesstaates Oyo am 5. November 2014 zusammengekommen. Gemeinsam wollten sie erörtern, wie Frieden und Sicherheit trotz aller negativen Erfahrungen der Vergangenheit in einer multiethnischen Stadt gewährleistet werden können.

Professor Tajudeen Akanji vom Center for Peace and Conflict Studies (Center für Friedens- und Konfliktstudien) der Universität Ibadan hielt das Einführungsreferat und beleuchtete die in Nigeria wichtigen Unterschiede zwischen einem rechtlichen Status als „Bürger“ versus „Einheimischer“, was zu wesentlichen Diskriminierungen nigerianischer Staatsangehöriger führt, sobald sie sich außerhalb ihrer Geburtsregion aufhalten. Oft mischen sich in interethnische Konflikte Streitigkeiten mit religiösem Hintergrund, was die Situation noch komplizierter macht. Die Formen der Diskriminierung können, ebenso wie deren Begründungen, variieren. Als Beispiele führte der Wissenschaftler die gewaltreichen Auseinandersetzungen in der Stadt Jos, im Bundesstaat Plateau (1994, 2001, 2004) sowie in Namu (2006), Tiv-Jukun (2000-2001), Zangon Kataf (1986, 1990, 1992) und Kaduna (2000) an. Dass diese Konflikte beendet seien, hieße nicht, dass sie kein Eskalationspotential mehr bergen würden. Explosiv sei die Lage weiterhin vor allem deswegen, weil nicht hinreichend für die während der Auseinandersetzungen Vertriebenen gesorgt wurde. Vor diesem Hintergrund zeichneten sich bereits neue Streitigkeiten ab.

Francis O. Egbokhare, ebenfalls Professor an der Universität von Ibadan, zeichnete in seinem Vortrag verschiedene Konfliktlinien nach, an denen es in der Vergangenheit immer wieder zum Ausbruch von Gewalt zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen gekommen war. So führten unterschiedliche Kulturtechniken in einer multiethnischen Gemeinschaft beinahe zwangsläufig zur Separierung einzelner Gruppen. Aus dieser Teilung könne schließlich eine Gefährdung der Sicherheit entstehen, wenn Streitigkeiten eskalierten. Auch die Trennung urbaner Ballungsräume in christliche und muslimische Viertel beziehungsweise in Stadtteile der größten ethnischen Gruppen Nigerias, der Yoruba, Hausa oder Igbo bergen Konfliktpotential. Bereiche wie Handel – bestimmte ethnische Gruppen haben sich auf spezifische Handelszweige konzentriert – oder politische Führerschaft – einigen Gruppen wird ihre Präsenz in hohen politischen Ämtern vorgeworfen – blieben von der Spaltung der Gesellschaft nicht ausgenommen. Der sich drohende Kollaps des staatlichen Schulsystems wäre vor diesem Hintergrund ebenfalls wenig hilfreich, da private Schulen allzu oft entlang ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeit operieren würden.

Als Auswege aus der Krise nannte wiederum Prof. Tajudeen Akanji Chancengleichheit für alle Nigerianer ungeachtet ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit. Bildung nehme in diesem Zusammenhang eine Sonderstellung ein. Das Recht der freien Wahl des Wohnorts sowie die Möglichkeit ungehindert an Wahlen teilzunehmen sieht Akanji ebenfalls als unerlässliche Voraussetzung für die Gewährleistung der Sicherheit in multiethnischen Gesellschaften an.

Prof. Akanjis Kollege Francis O. Egbokhare schlug darüber hinaus vor, ethnienspezifisches Wissen sowie unterschiedliche Kulturtechniken in Sicherheitskonzepte mit einzubeziehen. Die aufmerksame Analyse gegenwärtiger Lebenssituationen sowie die zeitgerechte Information über sich abzeichnende Konflikte können ebenfalls dazu beitragen, nachhaltig Sicherheit zu gewährleisten.

Prof. Egbokhare wies ebenfalls auf die Möglichkeit hin, die Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen für Sicherheitsthemen zu sensibilisieren. So könnten etwa traditionelle Erzählungen genutzt werden, um ein Bewusstsein für Zusammenhänge zu etablieren. Gemeinsame Kulturveranstaltungen wie Kunstfeste, Karnevals und Auszeichnungen wären ebenfalls hilfreich, um Gräben zwischen den Ethnien zu überbrücken und Schranken abzubauen. Aktivitäten wie diese würden sich schließlich auch nachhaltig in einer verbesserten Sicherheit niederschlagen.

Im Anschluss an die Vorträge diskutierten die Gäste auf dem Forum der Universität Ibadan und der Konrad-Adenauer-Stiftung über die verschiedenen Perspektiven in Bezug auf Ethnizität und Sicherheit in Nigeria. Darüber hinaus blieb Zeit für eine Gruppenarbeit, während verschiedene Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit in multiethnischen Städten vorbereitet, präsentiert und diskutiert wurden.

Die Leiterin der KAS Nigeria, Hildegard Behrendt-Kigozi, versicherte die Diskussion zu Sicherheit in multiethnischen Städten in 2015 weiterzuführen und zu vertiefen.

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Veranstaltungsort

Ibadan, Oyo State

Referenten

  • Dr. Tajudeen Akanji
    • Prof. Francis O. Egbokhare
      Kontakt

      Hildegard Behrendt-Kigozi

      Prof. Tajudeen Akanji, Hildegard Behrendt-Kigozi und Prof. Francis O. Egbokhare (v.l.n.r.) auf dem Podium der Roundtable-Diskussion "Security in a multiethnic city" am 5. November 2014 in Ibadan. KAS-Büro, Abuja.
      Teilnehmer der Roundtable-Diskussion "Security in a multiethnic city" am 5. November 2014 in Ibadan. KAS-Büro, Abuja.

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