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Veranstaltungsberichte

Junge, wilde, alte CDU

70 Jahre Volkspartei – Weichenstellungen für Deutschland

Um die historische Bedeutung der Volkspartei CDU zu diskutieren und die Perspektive der Christdemokratie zu beleuchten, hatte das Politische Bildungsforum Rheinland-Pfalz Vertreter von Politik und Journalismus eingeladen. Im Gespräch mit den zahlreichen Gästen im vollbesetzten Ketteler-Saal des Erbacher Hofs in Mainz zeigte sich, wie lebendig und wichtig der Diskurs innerhalb der Partei ist.

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Der Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung für Rheinland-Pfalz, Karl-Heinz B. van Lier, verdeutlichte die Zielsetzung des Abends: „Wir wollen der CDU zuerst einmal gratulieren aber auch auf den Zahn fühlen und herausfinden, ob sie - wie es der Titel der Veranstaltung vermuten lässt - auch jung und wild ist“.

Der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Dr. Peter Tauber, MdB äußerte fünf Kerngedanken zum derzeitigen Zustand der Volkspartei. Erstens: Selbstverständlich sei heute die Partei eine andere als noch zur Gründung vor 70 Jahren, denn „Deutschland ist heute auch ein anderes Land als 1945“. Im Idealfall aber, so Tauber, ändere nicht das Land die Partei, sondern die Partei das Land. Zweitens: Ein Markenkern sei nur dann festzustellen, wenn es Grundlagen gäbe, die immer bleiben. In der CDU sei dies das „C“, also die Prinzipien Glaube, Liebe und Hoffnung, die Soziale Marktwirtschaft mit dem damit verbundenen Leitungsgedanken und Solidaritätsprinzip sowie der Einfluss der Konservativen. Letztere seien, so die Einschätzung der Generalsekretärs, früher immer mit dem „C“ gleichgesetzt worden, heute aber seien mit ihnen Begriffe wie „Familie, Arbeit und Vaterland“ verbunden. Weder die Wehrpflicht, noch die Kernkraft gehörten demnach zum Markenkern der CDU.

Drittens: In der Geschichte der Partei habe es sich immer wieder um die Persönlichkeiten an ihrer Spitze gedreht, Adenauer, Kohl und auch Merkel hätten und haben immer wieder ihre Überzeugungen auch gegen den Willen der Partei durchgesetzt. Viertens: Auch nach außen habe, so die Auffassung Taubers, die CDU immer wieder ihre Auffassungen und Ideen gegen teils starke Widerstände durchgesetzt „in der Hoffnung, dass es zu einem guten Ergebnis führen wird“. Fünftens: Ein Zitat Helmut Kohls zur Wiedervereinigung sei dem Generalsekretär der CDU Deutschlands für alle politisch Gestaltenden auch heute noch Verpflichtung und Orientierung: „Wo ständen wir eigentlich heute in Deutschland, wenn in historischen Situationen unserer Geschichte die Zauderer und die Kleinmütigen die Geschicke unseres Vaterlandes bestimmt hätten?“.

Der stellvertretende Fraktions- und Landesvorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz, Christian Baldauf, MdL erinnerte daran, dass die Landes-CDU eine Reihe von Personen - allen voran Helmut Kohl, Bernhard Vogel und Heiner Geißler - hervorgebracht habe, die die Bundespartei und auch die Bundespolitik maßgeblich mitgeprägt hätten. Im Auftritt als Programmpartei sieht Baldauf die Stärke in der Positionierung der rheinland-pfälzischen Christdemokraten: „Die Landespartei folgt stark den Grundsätzen der Subsidiarität, Personalität, Solidarität und vor allem der Wahlfreiheit. Diese muss von Grund auf gewährleistet sein, um den Menschen die Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung zu geben“. Hierbei sieht der stellvertretende Landesvorsitzende die CDU Rheinland-Pfalz auch als Vorreiter auf Bundesebene, vor allem dort, wo es darum ging, Gerechtigkeit herzustellen. Zur Modernität der Volkspartei äußerte Baldauf die Überzeugung: „Wir sind nicht altmodisch - im Gegenteil! Wir erhalten mit unserer Politik viel Zuspruch bei jungen Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund“.

Der Journalist und Buchautor Volker Resing erklärte die Politik der CDU mit folgendem Prinzip: „In der CDU ist man stets vorbereitet. Die Partei praktiziert eine Politik der Leerrohre, in die hinein man nach Bedarf immer wieder etwas Neues verlegen kann“. Im Kern sei die CDU demnach keine Programmpartei, das Leiden daran, so Resing, sollte man aber zurückstellen. Die Christdemokraten als „Kanzlerwahlverein“ darzustellen, sei richtig: „In der CDU liebt man seine Kanzler, in der SPD hingegen eher weniger“. Mit Blick auf den Markenkern der Union dürfe nicht vergessen werden, meint der Buchautor, dass diese eine Sammlungsbewegung sei. Und Resing weiter: „Der Ausgleich ist der Kern der Partei. Das Bindemittel allerdings muss man neu finden. Das „C“ - soll es Bindemittel bleiben - muss dann neu gedacht werden“.

Die vom Journalisten Dr. Hugo Müller-Vogg moderierte anschließende Gesprächsrunde zeigte, wie kontrovers der Status quo der Partei vor allem im Innern diskutiert wird. Zur Frage, inwieweit die Politik der CDU bloß dem Machterhalt diene, äußerte sich der CDU-Generalsekretär: „Selbstverständlich ist Macht kein Selbstzweck. Trotzdem ist das Streben nach Macht ein Grundprinzip der Demokratie, denn nur wer Macht hat, kann sein Idealbild umsetzen. Aber es gilt auch: man muss die Ängste der Menschen beantworten können, wenn man Macht hat, sonst ist man fehl am Platz“. Resing betrachtete dies kritisch: „Hier sehe ich eine Gefahr der Beliebigkeit, wenn - trotz des Grundprinzips des Ausgleichs in der Union - alle Gehör finden“.

Auch aktuelle Fragestellungen wurden mit den Podiumsteilnehmern und den Gästen diskutiert, wie etwa die Frage nach der Haltung der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage und die damit verbundene Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Hierzu Christian Baldauf: „Ich sehe die Kanzlerin nicht beschädigt und habe hier Vertrauen, da es auch um die Kanzlerin selbst geht. Ich glaube, sie überlegt sehr gut, wie sie das Problem lösen kann“. Volker Resing hingegen gab zu bedenken, dass auch die Liebe der Partei zu ihrer Kanzlerin eine pragmatische sei: „Biografisch betrachtet wird ihr jetziges Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch als Standfestigkeit interpretiert werden“. Wenn Europa eine Wertegemeinschaft sei, ergänzte der Abgeordnete Tauber, „dann dürfen wir uns nicht zurücknehmen, wenn andere sich in die Büsche schlagen. Das „C“ muss dann immer Verpflichtung sein, Flüchtlinge aufzunehmen“.

Die kritische und kontroverse Diskussion des Abends zeigte, dass ein vielschichtiger und komplexer Diskurs innerhalb der CDU möglich und notwendig ist. „Wir sind als Union doch unsere eigene Opposition! Und wir müssen Gegenwind aushalten, um an etwas festzuhalten, von dem wir überzeugt sind!“, so der Generalsekretär der CDU Deutschlands abschließend.

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Karl-Heinz B. van Lier

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