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Die globale Krise der Rentensysteme

Zusammen mit der Fundación de Apoyo al Parlamento y a la Participación Ciudadana (FUNDAPPAC) und in Kooperation mit dem Max-Planck Institut organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) am Donnerstag, den 4. Oktober 2012 die “Noche Parlamentaria“ über die globale Krise der Rentensysteme.

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An dem Gespräch nahmen die Präsidentin der Abgeordnetenkammer der plurinationalen Versammlung, Dra. Rebeca Delgado, der leitende Direktor des Institutes für Sozialrecht und Sozialpolitik des Max- Planck Institutes, Prof. Dr. Ulrich Becker sowie die Lateinamerika- Referentin am Max-Planck Institut für ausländisches und internationales Recht, Dr. Lorena Ossio, teil. Das Expertengespräch fand in den Räumen des Radisson Hotel in La Paz statt.

Eröffnet wurde das Event durch den Direktor der Stiftung FUNDAPPAC, Ing. Armando de la Parra, der zunächst alle Anwesenden begrüßte und den Gästen für ihre Teilnahme dankte. Er schilderte, dass das an diesem Abend zu behandelnde Thema “Krise der Rentensysteme“ bei denen am Diskurs Teilenhmenden häufig ein Gefühl des Unbehagens auslöst. Aktuell zeichnet sich ein Trend ab, bei dem die Weltbevölkerung stets steigende Lebensumstände erwartet, gleichzeitig aber keine fundierten Ideen bestehen wie mit der Krise umgegangen werden soll, zeigte Parra auf. Anschließend erläuterte er die Idee der Veranstaltung: Da die wissenschaftliche Forschung mögliche Problemlösungen für diese und andere Probleme entwickelt, bedeutet die Fortführung eines akademischen Austausches in Verbindung mit politischen Vertretern eine wichtige Aktivität im Umgang mit politischen und sozialen Herausforderungen.

Darauffolgend sprach Susanne Käss, Repräsentantin der KAS in Bolivien begrüßende Worte. Sie schilderte in ihrer Rede vor dem Hintergrund der zu behandelnden Thematik einige Aspekte zum Sozialversicherungssystem in Deutschland. Dabei ging sie auf die soziale Marktwirtschaft ein, welche als Ausgleich zwischen neoliberalen und sozialistisch orientierten Wirtschaftssystemen etabliert wurde. Die Idee, dass der Markt Wohlstand hervorbringt und diesen verteilt führte zu grundlegenden Weichenstellungen des Rentensystems Ende der 1950-iger Jahre in Deutschland. Frau Käss wies abschließend auf aktuelle Herausforderungen, wie demographischen Wandel und die Euro- Krise hin und machte vor diesem Hintergrund die Relevanz des an diesem Abend zu diskutierenden Themas deutlich.

Dra. Rebeca Delgado stellte in ihrem daran anschließenden Beitrag einen Zusammenhang zwischen realpolitischen Herausforderungen und Möglichkeiten der Etablierung von verfassungsrechtlichen Regeln her. Sie hob hervor, dass besonders die soziale Sicherung ein relevantes Thema ist. Hinsichtlich dessen darf es nicht zu einer Privatisierung des Systems kommen. Bisher existieren dazu sowohl in Bolivien als auch in der verfassungsbenden Versammlung viele offene Fragen. Aus diesem Grund ist die Diskussion und Auseinandersetzung bedeutsam, gab die Rednerin an und beendete ihren Beitrag mit den Worten, dass sie sich auf einen inhaltlich spannenden Abend freut.

Als nächster Redner erläuterte der aus Deutschland angereiste Gast, Prof. Dr. Ulrich Becker, die grundsätzlichen Probleme der Rentenversicherungsysteme sowie deren Reformen und Auswirkungen. Becker hob zunächst hervor, dass im Kontext der Etablierung von Rentensystemen die Grundüberzeugung besteht, dass alte Menschen versorgt werden müssen. In Europa wirken bei der Realisierung dieses Prinzips zwei Systeme zusammen: 1.) das öffentlich- rechtliche System, welches auch als Basissystem verstanden werden kann und 2.) das private System, welches die Alterssicherung durch betriebliche und private Abmachungen regelt. Ihre Differenz liegt in der Art der Finanzierung: Während das Erste durch staatliche Mittel finanziert wird und auf dem Gleichgewicht der gleichmäßigen Zuführung und Auszahlung basiert, funktioniert das Zweite nach dem individuellen Leistungsprinzip. Grundsätzliche Probleme in der Alterssicherung treten hauptsächlich im Zuge des demographischen Wandels auf. Dieser steht in Wechselwirkung zu dem auf Umlagefinanzierung beruhenden, öffentlich- rechtlichen Rentensystem. Darin ist schon seit einigen Jahren ein Ungleichgewicht vorhanden, welches dann zustande kommt, wenn Rentner länger leben und gleichzeitig weniger Personen arbeiten bzw. die Lohnkosten und folglich auch die daran angepassten Beitragszahlungen sinken. In Europa werden bezüglich dieser Schwierigkeiten seit einigen Jahren Reformen erlassen. Dabei lassen sich Trends der Anhebung der Altersgrenze für das Renteneinstiegsalter, Verringerung der staatlichen Versicherung sowie eine verstärkte Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistung, erkennen. Die jüngste Reform fand im Jahr 2000 in Deutschland statt. Diese beinhaltete ein langsames aber stetiges Absenken der gesetzlichen und staatlichen Rentenversicherung. Demgegenüber soll die verstärkte Etablierung steuerlich subventionierter, privater Versicherungen stattfinden. Die Umlagefinanzierung wird demzufolge von einer verstärkten Kapitalabdeckung abgelöst. Zudem wurde die sukzessive Anhebung des Renteneinstiegsalters auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 von der Regierung beschlossen. Becker fasste die aus den Reformen hervorgehenden Auswirkungen und deren Konsequenzen im dritten Teil seiner Präsentation zusammen. Zunächst benannte er eine generelle Problematik der Garantie eines ausreichenden Sicherungssystems, welche in der Systemstruktur verankert ist. Durch die Absenkung der staatlichen Versorgung können Probleme für diejenigen entstehen, die kürzere Erwerbskarrieren haben oder nicht in vollem Umfang arbeiten können. Dabei lässt sich sogar eine systematische Benachteiligung von Personen erkennen, die Kinder erziehen, Teilezeitstellen ausfüllen oder in die Pflege von Familienmitgliedern eingebunden sind. Vor dem Hintergrund dieser Benachteiligungen darf die Sicherung nicht unter ein bestimmtes Niveau sinken. Auch hinsichtlich der beitragsfinanzierten Rentensicherung bestehen Schwierigkeiten, welche durch die Abhängigkeit der Beiträge von den Lohnkosten bedingt werden. Becker merkte abschließend an, dass stets ein Bedarf an Reformen besteht. Für Europa bzw. in Deutschland sieht er keine Notwendigkeit für Re-Reformen. Er regte demgegenüber zur Ausarbeitung von flankierenden Maßnahmen, welche die Reformen begleiten und zur Verbesserung der Durchführung beitragen sollen, an.

In Anlehnung an den vorhergegangenen Beitrag stellte Dra. Lorena Ossio die Rentenreformen und deren Konsequenzen in Lateinamerika vor. Dabei bezog sie sich vor allem auf die Länder Chile und Argentinien, in denen hauptsächlich privat finanzierte Rentensysteme bestehen und Venezuela als Gegensatz dazu. Die Reformen der sozialen Sicherungssysteme in Lateinamerika wurden anfänglich von intensiven Transformationsprozessen bezüglich der Wirtschaft, der Verfassung und des Normenverständnisses begleitet. Dabei verwies Ossio auf zwei Ausgangspunkte der Reformen: Quellen internen Ursprungs: dem Staat, und externen Ursprungs: internationale Akteure, wie beispielsweise die Weltbank. In diesem Zusammenhang bemerkte sie auch die neuerliche Ausrichtung der Wirtschaft durch den Washingtoner Konsens. In der Etablierung dieses Staats- und Wirtschaftsmodells fehlt es allerdings an Kontrolle gegenüber der sozialen Sicherheit. Im Fall von Chile wird dies besonders deutlich, da die Alterssicherung hier ausschließlich auf private Sicherung beruht. Damit einhergehend hat Chile beispielsweise nicht den Art. 102 der ILO- Konvention zur Einhaltung weltweiter Standards der sozialen Sicherung ratifiziert. Vor diesem Hintergrund und der aktuellen Situation in Chile bedarf es der dringenden Etablierung einer sozialen Mindestsicherung. In Argentinien besteht derweil auch eine unzureichende Versorgung der älteren Bevölkerungsmitglieder. Hinzukommend werden in Lateinamerika nur formell Beschäftigte durch das soziale Sicherungssystem erfasst. Die große Anzahl informell Beschäftigter bleibt ohne Absicherung. Das von Becker genannte Grundprinzip der Sicherung von älteren Bevölkerungsmitgliedern, wird also nicht eingehalten. In Venezuela besteht demgegenüber ein System, welches universelle Züge aufweist und hochinklusiv ist. Allerdings wird in der Alterssicherung nach der spezifischen Berufstätigkeit unterschieden, was ein unübersichtliches und nicht umfassend deckendes Sicherungssystem entstehen lässt. Abschließend stellte die Wissenschaftlerin Vorschläge für die Entwicklung von Reformen für Bolivien vor. Als einziges Land in Lateinamerika existiert in Bolivien ein universeller Pensionsanspruch. Allerdings bedarf es einer Re-Reform und der Etablierung neuer Rentensysteme, zeigte Ossio auf. Außerdem müssen auch Prinzipien zur Erweiterung der Fälle festgelegt werden, welche sich im günstigsten Fall in einem sozialen Dialog bestimmen lassen. Die Festlegung von Grundprinzipien ist ebenfalls ein wichtiger Schritt: diese sollten z.B. die soziale Kostendeckung, die Gleichbehandlung aller Einwohner und Einwohnerinnen und die Partizipation in der Administrative beinhalten.

Der „parlamentarische Abend“ wurde von Dr. Luis Ossio Sanjinés geschlossen, der nocheinmal allen Anwesenden für ihre Teilnahme und den Vortragenden für ihre aufschlussreichen und spannenden Beiträge dankte.

Im Anschluss fand die Möglichkeit zu informellen Austausch und Diskussionen im Rahmen eines Empfangs statt.

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